Nachrichten

Gefährliche Welt I

Attentat. Die Bundeswehr verteidigt in aller Welt die Sicherheit Deutschlands und will das zukünftig in noch größerem Maße tun, wie wir bereits wissen. Doch da draußen ist es gefährlich.

In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am vergangenen Samstag vier deutsche Soldaten der Isaf-Truppe vermutlich durch ein Selbstmordattentat ums Leben gekommen. 29 weitere Soldaten seien verletzt worden, sieben davon schwer, teilte der Bundesverteidigungsminister Peter Struck mit. Auch afghanische Passanten wurden verletzt. Ein mit Sprengstoff beladenes Taxi explodierte neben dem Bus, der die Soldaten zum Flughafen bringen sollte. Die meisten der Businsassen hatten ihren Auslandseinsatz bereits beendet.

Rund 2500 Bundeswehrsoldaten sind in Afghanistan stationiert. Deutschland und die Niederlande leiten derzeit die Isaf-Truppe. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, Bernhard Gertz, regte im Gespräch mit der Bild am Sonntag einen Abzug der Bundeswehr an, wenn sich »die Sicherheitslage dramatisch verschärfen« sollte. Alternativ solle die Isaf-Truppe erheblich verstärkt werden.

Gefährliche Welt II

Entführung. Auch im Kaukasus wird Deutschland verteidigt, im Rahmen der United Nations Observer Mission in Georgia (Unomig). Und auch da ist es gefährlich: Zwei deutsche Soldaten wurden zusammen mit zwei UN-Mitarbeitern aus Dänemark und Georgien am vergangenen Donnerstag im Kodori-Tal entführt.

Ähnliche Fälle hat es bereits dreimal in den vergangenen zehn Jahren gegeben, seitdem die Unomig den Waffenstillstand zwischen Georgien und der separatistischen Schwarzmeerprovinz Abchasien überwacht. Die Entführten waren auf georgisch kontrolliertem Territorium bei einer Patrouillenfahrt überfallen worden.

Terror, leicht gemacht

Islamismus. Das Attentat von Djerba hat in der deutschen Öffentlichkeit nicht zu der Empörung geführt, die man hätte erwarten können. 21 Menschen starben im April 2002 bei einem Selbstmordanschlag auf eine Synagoge in dem tunesischen Ort, darunter 14 Deutsche. Wie sich jetzt zeigt, interessierten sich auch die deutschen Strafverfolgungsbehörden nicht besonders für den Fall.

Früh stand zwar der Deutsche Christian Ganczarski unter dem Verdacht, etwas mit dem Attentat zu tun zu haben, denn der Attentäter von Djerba, Nizar Naouar, hatte ihn kurz vor der Tat telefonisch um seinen Segen gebeten. Doch der Bundesgerichtshof sah keinen dringenden Verdacht auf eine Tatbeteiligung, Ganczarski blieb auf freiem Fuß. Und setzte sich ab. Das Bundeskriminalamt hatte ihn so lückenhaft überwacht, dass sein Verschwinden erst zwei Wochen später auffiel.

Im April dieses Jahres nahmen dann die Behörden in Saudi-Arabien Ganczarski fest. Die Bundesanwaltschaft beantragte die Ausstellung eines Haftbefehls, der Bundesgerichtshof in Karlsruhe lehnte dies jedoch ab. Nachdem die saudi-arabischen Behörden ihn offenbar auswiesen, wurde Ganczarski nun am vergangenen Freitag in Paris festgenommmen. Die französischen Behörden vermuten, dass Ganczarski Verbindungen zur Führung der al-Qaida hatte und zudem Kontakte zu dem marrokanischen Terroristen Karim Mehdi, der ebenfalls in Paris verhaftet wurde. Mehdi soll bereits gestanden haben, Anschläge auf Einrichtungen des US-Militärs in Deutschland und auf ein Touristenzentrum in Madagaskar geplant zu haben.

Heimliche Lektüre

Sparkurs. Es bahnt sich was an: Ärger, Kurswechsel, rollende Köpfe – alles ist möglich. Die Bundesministerien ignorierten die Vorgabe von Finanzminister Hans Eichel, Vorschläge zum geplanten Subventionsabbau vorzulegen. Der Bundeskanzler sei angesichts der Konjunkturkrise vom Sparkurs nicht mehr völlig überzeugt, hieß es in der vergangenen Woche. Die Maastricht-Kriterien sollen auf einmal »flexibel« ausgelegt werden, der Stabilitätspakt nur noch »soweit es geht« eingehalten werden. Experten fürchten wahlweise die Demontage des Pakts oder des Finanzministers. Statt »prozyklischer« Wirtschaftspolitik setzt man plötzlich auf »Wachstumsimpulse«.

Was ist los? Hat Gerhard Schröder heimlich Keynes gelesen? Möglicherweise. Doch dessen Theorien legt er mindestens so flexibel aus wie die Maastricht-Kriterien. Die Agenda 2010 steht nicht zur Disposition, die Sozialleistungen werden weiter gekürzt, dafür bringt Eichel Steuersenkungen zum Jahr 2004 ins Gespräch. Weiterhin wird fröhlich von unten nach oben umverteilt.

Die »neue Linie« hat vermutlich mit Schröders zaghaftem Eingeständnis beim G 8-Gipfel in Evian zu tun, dass es nicht danach aussieht, als könnten die Maastricht-Kriterien im laufenden Jahr eingehalten werden, obwohl Eichel weiterhin fleißig die Millionen ins Sparschwein steckt. Dafür wird jetzt die passende Erklärung vorbereitet. Denn nicht zu wollen klingt besser als nicht zu können. Und Hans Eichel muss dabei die Funktion des Sündenbocks übernehmen.

Arbeitskämpfchen

35-Stunden-Woche. Wenn in Deutschland etwas passiert, das eine deutliche Mehrheit seiner BürgerInnen für nicht richtig hält, ist das in der Regel ein Grund zum Freuen. Wenn darüber hinaus für eine Forderung gestreikt wird, die einen kurzzeitig überlegen lässt, ob man nicht die Rubrik »Das geschah vor 20 Jahren« gelesen hat, ist das Glück schon fast garantiert.

In der ostdeutschen Stahlindustrie wurde tatsächlich für die 35-Stunden-Woche und damit für eine Angleichung an das Arbeitszeitniveau der westdeutschen KollegInnen gestreikt. Doch das schnelle Ende und das magere Ergebnis dieses Arbeitskämpfchens lassen keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Nachricht aus dem Jahr 2003 handelt: Die IG Metall einigte sich am vorigen Samstag mit den Unternehmern auf eine schrittweise Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden bis zum Jahr 2009.