Wimpel im Weltraum

in die presse

Was würden Sie in den Weltraum mitnehmen? Ein gutes Buch? Einen Joint? Oder ein Sixpack? Yang Liwei hatte nichts dergleichen an Bord. Für den Sixpack ist nicht genug Platz im »Himmelsschiff« Shenzou 5, den Einbau eines Aschenbechers hatten die Konstrukteure vergessen, und für das Lesen reichte die Zeit nicht, denn der Taikonaut musste zahlreiche patriotische Grußbotschaften senden und empfangen.

Stattdessen führte Yang Liwei, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua nach der Landung enthüllte, unter anderem eine chinesische Fahne, Samen von der »chinesischen Insel Taiwan« und sogar Briefmarken mit, obwohl es dort oben gar keine Briefkästen gibt.

Der »Ruhm des Großen Mutterlandes«, wie die Tageszeitung People’s Daily den Ausflug in den Orbit betitelte, musste schließlich angemessen inszeniert werden. »Erster bemannter Raumflug hebt Moral des chinesischen Volkes« wusste Xinhua schon am Tag der Landung. Warum das trotz der unermesslichen Erfolge, die das Land unter der unfehlbaren Führung der KP ständig feiern kann, überhaupt nötig ist, verrät die Agentur nicht. Aber wir erfahren, dass der Student Chao Yang seinen Mitbürgern empfiehlt, vom »Patriotismus und Heroismus« des Taikonauten zu lernen, während sein Kommilitone Lu Xiaodong die »wachsende Wettbewerbsstärke« Chinas preist.

Das Echo von der anderen Seite des Pazifiks ließ nicht lange auf sich warten. Angesichts der Fortschritte der chinesischen Technologie sei es unerlässlich, die »Entwicklung eines einsatzfähigen Raketenabwehrsystems« voranzutreiben, fordert die New York Post.

So klappt es nie mit den Nachbarn im All. Denn natürlich hält jeder Außerirdische Distanz zu Astro-, Kosmo- und Taikonauten, die ihre kleinlichen Zänkereien in den Weltraum tragen. Wir müssen noch an unserem kosmischen Image arbeiten. Ein erster Schritt wäre, statt Winkelementen eine Peking-Ente, kühles Pils und ein bisschen was zu rauchen für einen gemütlichen Abend mit andockenden Aliens bereitzuhalten.

maxim kammerer