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Regieren lernen

Elitehochschule. Wer meint, an den Hochschulen werde ausschließlich gespart, liegt falsch. Nachdem schon eine Elitehochschule für die deutsche Wirtschaft in Berlin eingerichtet wurde, die European School of Management and Technology (ESMT), folgt nun ein vergleichbares Projekt. In der Humboldt Viadrina School of Governance sollen junge AkademikerInnen für Aufgaben im Bereich Management und »öffentliche Gestaltung« vorbereitet werden. Dahinter stecken die Humboldt-Universität zu Berlin und die Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder.

Offiziell soll die neue Hochschule, die ihren Hauptsitz ebenfalls in Berlin haben wird, die öffentliche Hand keinen Cent kosten, sondern ausschließlich von privaten Geldgebern finanziert werden. Eine Möglichkeit, das Prestigeobjekt dennoch zu unterstützen, wird sich gewiss auch für staatliche Stellen finden lassen. Der ESMT wurde schon mal das ehemalige Staatsratsgebäude der DDR am Berliner Schlossplatz kostenfrei überlassen.

Müller robbt weiter

Bundeswehr. Immer in Bewegung bleiben, das ist das Motto der heutigen Zeit. Wer hat schon seinen Arbeitsplatz auf ewig? Man muss immer wieder umdenken, was Neues wagen. Werner Müller, der parteilose ehemalige Wirtschaftsminister, exerziert es uns vor.

Nachdem er im Oktober vor einem Jahr in seinem Amt von Wolfgang Clement (SPD) abgelöst worden war, ging er im Frühjahr erstmal zur Ruhrkohle AG (RAG) und wurde ihr Vorstandsvorsitzender. Weil Müller aber weiß, dass nichts im Leben bleibt, wie es ist, schon gar nicht im Geschäft mit der Kohle, zieht es ihn weiter, zur Gesellschaft für Entwicklung, Beschaffung und Betrieb (Gebb). Diese soll durch Privatisierungen die Kosten im Etat des Verteidigungsministeriums reduzieren helfen. Ihr neuer Aufsichtsratsvorsitzender wird Müller. Denn das Militärische hat Zukunft und das Privatisieren auch.

Er bringe beste Voraussetzungen für das Aufsichtsratsmandat mit, zitiert die Süddeutsche Zeitung das Ministerium. Er kenne das politische Geschäft, verfüge über betriebswirtschaftliches Know-how und unterhalte nicht zuletzt ein gutes persönliches Verhältnis zu Verteidigungsminister Peter Struck. Und deshalb singen wir alle: »Alte Kameraden auf dem Marsch durchs Land / Schließen Freundschaft felsenfest und treu./Ob in Not oder in Gefahr, stets zusammen/ Halten sie aufs neu’.« Und weggetreten!

Gießener Pisse und Gülle

Prozess gegen Projektwerkstatt. Die goldene Regel, dass man BrillenträgerInnen nicht ins Gesicht schlagen soll, ist der ehemaligen grünen Oberbürgermeisterkandidatin in Gießen, Angela Gülle, offensichtlich nicht bekannt. Sie tat genau das und zerbrach dabei die Brille eines jungen Mannes aus dem Umfeld der Projektwerkstatt Saasen (bei Gießen). Der soll zuvor in der Gießener Fußgängerzone Gülles Rock und Schuhe mit einer Flüssigkeit begossen und die Aktion mit den Worten kommentiert haben: »Hiermit pisse ich dich an.« Das geschah am 23. August dieses Jahres. Vor wenigen Tagen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Brillenträger wegen Beleidigung, Sachbeschädigung und Misshandlung.

Der Anfang der Geschichte liegt jedoch noch weiter zurück. Die Saasener Projektwerkstatt sieht sich schon lange einem »Filz« aus »Regierung, Polizei und Medien« gegenüber, dem ihr Laden ein Dorn im Auge sei. Aktionen gegen die Gießener Gefahrenabwehrverordnung, »kreativer Widerstand« und »Organisierung von unten« sind in der Tat nichts, womit man sich bei den Behörden beliebt machen könnte. Im Januar dieses Jahres wurde die Projektwerkstatt durchsucht, die Computer wurden beschlagnahmt und zwei Aktivisten vorübergehend festgenommen.

Das Strafverfahren gegen sie beginnt am 15. Dezember vor dem Gießener Amtsgericht. Wegen der Anklage in Folge des Vorfalls in der Fußgängerzone halten die Projektwerkstättler den Prozess für »zusätzlich politisch aufgeladen«.

Flammen in Hildesheim

Brandanschlag. »Was unter einer CDU-Regierung nicht möglich war, da es auch am ›Widerstand‹ von Rot-Grün gescheitert wäre, wird jetzt im beispiellosen, rasanten Kahlschlag von SPD und Grünen durchgesetzt.« In einem Schreiben, das der Jungle World vorliegt, bekennt sich die Gruppe »Autonom bestimmte Maßnahmen« (ABM) dazu, vergangene Woche einen Brandanschlag auf das Hildesheimer Arbeitsamt verübt zu haben.

Nach Meinung der Verfasser werde im Zuge des »sozialen Kahlschlags« auch die »innere Sicherheit« ausgebaut, um der Menschen, die »sich organisieren und Widerstand leisten, Herr zu werden«. Die Gruppe kritisiert das Hartz-Konzept und den »Terror der Arbeit«. Das Ziel der radikalen Linken müsse es sein, die Lohnarbeit an sich und die damit verbundene Verwertungslogik zu thematisieren und anzugreifen. Bei dem nächtlichen Brand entstand ein Schaden von etwa 500 000 Euro. Es gab keine Verletzten.

Hobby und Beruf

Waffenschmuggel. Wo der Beruf aufhört und das Hobby anfängt, ist manchmal nicht so leicht zu entscheiden. Das Landgericht Darmstadt sprach am Montag vergangener Woche drei ehemalige Kfor-Soldaten vom Vorwurf des Waffenschmuggels frei. Die beiden Offiziere und der Hauptfeldwebel der Bundeswehr hatten im Juli 1999 sieben Paletten Munition, Waffen und Sprengstoff, die bei den Kriegsparteien im Kosovo eingesammelt worden waren, mit einer privaten Spedition nach Deutschland geschickt. Nur zum Üben, versteht sich. Dabei war ein Granatzünder explodiert.

Im März 2002 noch hatte das Landesgericht Darmstadt den Waffenversand in eine Darmstädter Kaserne als privates Handeln eingestuft und die Angeklagten zu Bewährungsstrafen verurteilt. Nun hob der Bundesgerichtshof das Urteil auf. Die Soldaten hätten dienstlich gehandelt und würden deshalb nicht nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz bestraft.