Happy X-Mas, Steuerzahler!

in die presse

Es ist Vorweihnachtszeit, und viele Firmen lassen den Tageszeitungen aufwändig gestaltete, bunte Prospekte beilegen, die vom Goldschmuck über Dessous bis zu Elektrogeräten alles bewerben, was der Mensch so braucht. Die Bundesregierung will da nicht zurückstehen, schließlich hat sie in diesem Jahr den Bürgern etwas Besonderes unter den Weihnachtsbaum gelegt: die Agenda 2010.

»Agenda 2010 – Deutschland bewegt sich«, ist die kleine, rote Broschüre überschrieben, die das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in einer Auflage von 3,8 Millionen Exemplaren in diesen Tagen kostenlos auf den deutschen Bahnhöfen verteilen lässt. Das Heftchen soll die Bürger noch einmal davon überzeugen, dass mit der Agenda 2010 alles gut wird. »Sie sichert den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft«, erklärt Bundeskanzler Gerhard Schröder im Vorwort.

Dass es sich bei der Kampagne vor allem um Desinformation handelt, wird spätestens im Kapitel zur Steuerreform augenscheinlich. Eine Grafik stellt dar, wen die Reform entlasten soll. Am höchsten ist die Säule aus Euro-Münzen beim Alleinverdiener mit zwei Kindern, der im Jahr 40 000 Euro verdient: 83 Prozent Steuern spare er mit der Reform. Kleiner ist die Säule dann schon bei demjenigen, der 70 000 Euro im Jahr verdient: Er spart nur 28,5 Prozent. Derjenige, der 150 000 Euro verdient, spart gar nur 18,5 Prozent! Die Lohnabhängigen mit kleinen Einkommen würden »überdurchschnittlich entlastet«, suggeriert die Broschüre.

Wenn man allerdings die realen Beträge zugrunde legt, sieht die Sache schon ganz anderes aus. Denn derjenige mit einem Einkommen von 40 000 Euro im Jahr spart tatsächlich nur 730 Euro, der mit 70 000 Euro Einkommen schon 1 439 und der mit 150 000 Euro spart sich demnächst 5 813 Euro.

Der Kleinverdiener kann also mit seiner Steuerersparnis nur einen Teil des Verlusts ausgleichen, den ihm der ganze Reformterror sonst beschert, indes der Großverdiener seiner 18jährigen Tochter einen Kleinwagen unter den Weihnachtsbaum stellen kann. Und so war es wohl auch gedacht. Rot-grüne Weihnachten!

stefan wirner