Reformstau auf dem Mars

in die presse

Die Vorfreude war riesig bei der Bild-Zeitung. »Wird der Mars jetzt deutsch?« fragte sie sich kurz vor der Landung der Raumsonde Beagle II auf dem Mars. »Es ist die erste europäische Mars-Mission! Und Kernstücke des Landegeräts sind ›made in Germany‹«.

Ja, so schön hätte alles werden können. Ein deutsches Wesen im Weltraum! Das Land hätte endlich aufholen können gegenüber den vom Erfolg verwöhnten Amerikanern. Aber dass es mit dem berühmten Etikett »made in Germany« nicht mehr allzu weit her ist, zeigte ja zuletzt die gescheiterte Einführung der Lkw-Maut. Eigentlich klappt momentan ja gar nichts, was Deutschland anpackt. Die Fußballnationalmannschaft freut sich bereits, wenn sie gegen die Faröer Inseln gewinnt, Jan Ullrich, der personifizierte Zweite, wird Deutschlands Sportler des Jahres, die Schüler kommen in Mathematik nicht hinterher, die Wirtschaft stagniert, german disease, wohin man sieht.

Und so war es auch keine echte Überraschung, dass die Raumsonde sich nach ihrer Landung auf dem Mars in eisiges Schweigen hüllte. Ist da draußen wer? Hallo Mars, bitte kommen, das Vaterland ruft! Totenstille. Sollte gar die deutsche Technik mal wieder versagt haben? Konnte sein, was nicht sein durfte? Hatte man auf dem Mars noch nicht mitbekommen, dass sich Deutschland doch wieder bewegt, wie die Bundesregierung meint? Offenbar nicht, denn der rote Nachbarplanet verhielt sich wie das Silentium Universi. In einem Krater soll Beagle II verschwunden sein, hieß es. Vielleicht sei auch das Uhrwerk kaputt und Beagle habe einfach den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme verschlafen. Die Mission wurde dennoch flugs als »Teilerfolg« verkauft, während die Notizen über die Mars-Expedition in Bild wieder kleiner wurden.

Die endgültige Demütigung folgte dann am vorigen Sonntag. Der US-amerikanische Landeroboter Spirit landete erfolgreich auf dem Mars. Der Funkkontakt scheint zu stehen. Touché! Vielleicht sollte Deutschland erst mal die Maut einführen, bevor es sich an die Eroberung des Weltraums wagt. Der Rest ist Schweigen.

stefan wirner