LeserInnenworld

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Jungle World, 09/04: Die Elite wird neu sortiert

Zu pauschal

Studis als »proletarische Eliten« zu bezeichnen, ist zweischneidig. Proletariat ist längst gesellschaftlich total geworden und schon Nietschze wusste: »Die moderne Form von Herrschaft ist die von Gesinde über Gesinde.« Der von Felix Klopotek fein analysierten proletarischen Totalität zuwider gibt es »die« Studis nicht, denn nur bestimmte Studenten werden von Clement, dem Hl. Bernhard der Lohnarbeit, inbrünstig gehasst und verfolgt. Das sind die, die sich der verblödeten Zurichtung zum dressierten Arbeitsaffen trickreich – insbesondere als Studentenstatusmissbraucher, also Sozialschmarotzer – entziehen. Verblödungsunwilligkeit aber charakterisiert Multituden, für deren studentische Ausgabe »proletarische Eliten« vielmehr eine der schlimmsten Beleidigungen überhaupt ist. Knappe Kassen? Ja ach! Clements Eliteunigewäsch ist Vorwand für die Verfolgung der Multitude durch das Proletariat.

werner braeuner

Jungle World, 10/04: Die Hizbollah ist eine Kraft unter vielen«

Kein kritischer Journalismus

Unkritisch, zahnlos, gutgläubig und naiv - so ist das Interview mit Christoph Zöpel über die Konferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung in Beirut mit antisemitischen Hizbollah-, Hamas- u. ä. Terror- Unterstützern ausgefallen. Unwidersprochen darf Zöpel seine platten Lügen verbreiten, es ginge den Deutschen um »Verständigung in der Weltpolitik«, »Alternativen zur Gewalt« usf. In Wirklichkeit geht es den Deutschen um eine Parteinahme für die antisemitischen Terroristen und um ein Bündnis mit diesen Terrorbanden gegen den jüdischen Staat. Die deutsche Außenpolitik hat sich von ihrem Bündnis mit den USA weitgehend gelöst und betreibt, teils allein, teils mit ähnlich orientierten EU- Partnern wie Frankreich, eine eigenständige Großmachtpolitik – den »deutschen Weg«, der nur als antiamerikanisch und antiisraelisch- antisemitisch charakterisiert werden kann. Das war gelegentlich selbst in der Jungle World so zu lesen. Von Markus Bickel ist jedoch kein kritisches Wort gegen Zöpel zu hören. Den eliminatorischen Antisemitismus der Hamas, Hizbollah usf., den die deutsche Ebert- Stiftung de facto salonfähig macht, erwähnt er nicht einmal. Naiv schluckt er Zöpels Behauptung, die Deutschen wollten angeblich mäßigend auf die antisemitischen Terroristen einwirken, er zweifelt lediglich vorsichtig an, ob diese sich wirklich »von Argumenten beeinflussen lassen«. Über die antisemitische Hasspropaganda der Islamisten, über die grauenvolle Rolle deutscher Orientalisten/Islamwissenschaftler wie des an der Konferenz teilnehmenden Michael Lüders, der Saddam Hussein verteidigte, über Gudrun Krämer, die die Morde der Killer des Großmufti von Jerusalem el- Husseini an nicht konformen Palästinensern, die den Schleier- und Kefiyah- Zwang nicht mitmachten, bejubelte, über Udo Steinbach, der palästinensische Selbstmordattentäter verherrlichte, über die Förderung dieser Schreibtischtäter durch die deutsche Regierung – kein Wort. Unter kritischem Journalismus stelle ich mir etwas anderes vor.

stefan biber