Nachrichten

Immer diese Küblböcks

Familiensorgen. Es ist sicherlich kein Zuckerschlecken, als überzeugter Neonazi ein Schattendasein an der Seite eines lichtgestalthaften Bruders zu fristen, wenn dieser anstatt mit Heldentaten für Volk und Vaterland durch tuntenhaftes Geträller vor einem Millionenpublikum zu Ruhm und Ehre gelangt ist.

Trotz solch überdurchschnittlich erschwerter Lebensumstände darf man bei gelegentlich gewalttätigen Ausrastern nicht auf mildernde Umstände hoffen. Zu diesem Urteil kam jetzt ein Gericht im Fall von Michael, dem Bruder des letztjährigen Superstar-Drittplatzierten Daniel Küblböck. Der rechtsradikale Michael wurde nun wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Der 19-jährige war Anfang des Jahres unter Alkoholeinfluss (1,88 Promille) auf seinen Vermieter losgegangen, nachdem dieser aufgrund von Lärm und Randale die Polizei gerufen hatte. Bereits mit Handschellen gefesselt, versetzte er seinem Wohnungsgeber noch schnell eine Kopfnuss als Dankeschön für den ungewollten Ausflug in die Ausnüchterungszelle. Daniel Küblböck, der erst vor kurzem ohne Führerschein einen schweren Autounfall verursachte und auch sonst ziemlich gaga ist, sagte zu dem Urteil: »Das ist schlimm, ich dachte, mein Bruder sei vernünftig geworden.«

Im Fadenkreuz

Schon wieder: Buchskandal. Ein Journalist hat unter dem Pseudonym Reinhard Liebermann einen Krimi geschrieben. »Das Ende des Kanzlers – der finale Rettungsschuss« ist dessen Titel. In dem Reißer geht es um die Geschichte des kleinen Drogisten Hans Hansmann (Du meine Güte, was für ein Name!), der nichts zu melden hat. Natürlich ist der Drogist, der nichts zu melden hat, wütend auf die Politiker – wie alle Drogisten, die nichts zu melden haben –, doch anstatt sich die Kugel zu geben oder die NPD zu wählen, hat er eine andere Idee: »Er will denen da oben einmal zeigen, dass deren Machenschaften nur mit einer Sprache begegnet werden kann: der Sprache der Gewalt!« (aus dem Werbetext zum Buch).

Der Hans Hansmann pflegt also die Vorstellung, dass er der deutsche Lee Harvey Oswald sein könnte und legt deswegen auf den Kanzler an, der im Roman ganz arg lustigerweise »Winzling« genannt wird. Dass es sich bei Winzling um niemand anderen als den amtierenden Kanzler höchstselbst handelt, daraus macht der Autor des Krimis kein Geheimnis. Die Vita von Winzling ist an die Schröders angelehnt und auf dem Buchtitel ist dessen Gesicht zu erkennen. Pikanterweise befindet sich dieses auch noch im Fadenkreuz eines Gewehres.

Nun stellen sich natürlich folgende Fragen: Wird er den geplanten Anschlag überleben, der Winzling? Oder wird Hans Hansmann vor Ausübung seiner Tat von den Schergen des Winzlings überwältigt? Steckt am Ende gar der Verfassungsschutz hinter dem Komplott? Und hat sich Oliver Stone eigentlich schon die Rechte an dem Roman gesichert? Es bleibt spannend. Genauso spannend wie schließlich die Frage, wie der Betzel-Verlag, der Liebermanns Buch herausgeben will, mit der einstweiligen Verfügung verfahren wird, die der Kanzler (Schröder, nicht Winzling) gegen das Buch erwirkt hat. Das Buch darf vorerst nicht mehr mit seinem Gesicht auf dem Titelblatt vertrieben werden.

Nein, aber …

Love Parade. Zur Zeit der Drucklegung dieser Zeitung war der Stand der Dinge in Sachen Love Parade der: Die Parade wird dieses Jahr nicht in Berlin stattfinden, aber …

Wenn diese Zeitung nun erscheint, könnte es jedoch bereits so sein, dass der voranstehende Satz, der mit »aber …« endet, um eine der folgenden Erklärungen ergänzt werden müsste:

»… da Hamburg auch eine tolle Stadt ist und Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust ein verdienstvoller Raver, wird die Love Parade dieses Jahr in der Hansestadt stattfinden. Von Beust hatte vorher selbst die Verhandlungen mit den Love-Parade-Veranstaltern geführt, weil ihm die Parade eine ›Herzensangelegenheit‹ sei. Von Beust will nun auf einem der Umzugswagen mitfahren.«

»… die Grünen in München haben sich so vehement um die Love Parade bemüht, dass man nicht widerstehen konnte: Die Love Parade wird dieses Jahr in München stattfinden. In Berlin haben sich die Grünen wegen der Schäden im Tiergarten immer unmöglich angestellt, die Münchner Grünen jedoch haben den Ravern sogar gestattet, fröhlich den Marienplatz zu bepinkeln.«

»… Gotthilf Fischer hat die Love Parade gerettet. Der Mann, der bereits im Jahr 2000 auf der Love Parade ›Hoch auf dem gelben Wagen‹ schmetterte, nachdem er eine Ecstasy eingeschmissen hatte, konnte Stuttgarts Stadtrat davon überzeugen, dass eine Stadt wie Stuttgart unbedingt eine Veranstaltung wie die Love Parade braucht. Die Parade trage dazu bei, Stuttgart als ›weltoffene Stadt‹ erscheinen zu lassen, ließ sogar Baden Württembergs Ministerpräsident Teufel verlauten.«

»… da das Absagen der Love Parade ein paar Monate vor dem offiziellen Love-Parade-Tag inzwischen zum Ritual gehört, haben sich die Veranstalter der Parade einfach nur an das Protokoll gehalten. Nun jedoch haben sie verkündet: ›Falls die Stadt Berlin uns doch noch Unsummen an Geld rüberschiebt, und davon gehen wir aus, werden wir alles nochmals überdenken.‹ Berlin jedenfalls bleibt die von uns favorisierte Stadt. Wahrscheinlich wird also alles beim Alten bleiben, außer dem Love-Parade-Motto. Das ist neu und es lautet: »Ich sterbe für Techno.«

No Porno!

»Skandal«. Die Details um einen aktuellen Sachverständigen-Streit um die Echtheit der von Thor Kunkel in seinem Roman »Endstufe« erwähnten Nazipornos, der so genannten »Sachsenwaldfilme«, wollen wir an dieser Stelle nicht ausbreiten. Nur so viel: Für den »Skandal«-Roman von Kunkel an sich scheint sich niemand mehr zu interessieren, es geht nur noch darum, ob es bereits zur Nazizeit Nazipornos gab oder erst danach.