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Wir trauern. Wir lassen die Jalousien herunter und die Köpfe hängen. Wer es wagt, ein Radio einzuschalten, erhält böse Blicke.

Es ist bitter, aber wahr: Reboot FM sendet nicht mehr. Ein Vierteljahr lang füllten wir auf dem unabhängigen Radiosender in Berlin den Sendeplatz am Dienstag von 19 bis 20 Uhr. Zeitversetzt wurde die Sendung vom Hamburger FSK und von Radio Unerhört in Marburg übertragen. Wir gestalteten eine Sendung zum Thema Sozialabbau, befassten uns mit dem italienischen Schriftsteller Nanni Balestrini und seinem Roman »Die Wütenden«, stellten das »Neuköllnbuch« vor, forschten nach dem Verhältnis der Linken zum Krieg und diskutierten die Folgen der Anschläge von Madrid. Am 27. April war damit Schluss.

Die letzte Sendung des Dschungelfunks wird uns allerdings ewig in Erinnerung bleiben. Alle anwesenden Dschungelfunker hatten ihre Musik mitgebracht, das reichte von Shakin’ Stevens über Raz Ohara, Cat Power, dem Elektromusiker Gerhard Potutznik bis zum neuesten Sound aus New York, den eine Kollegin von einer Recherche mitgebracht hatte. Als ein Kollege eine unbekannte linksradikale Combo aus den achtziger Jahren spielte, geschah ein kleines Radiowunder. Mitten in der Sendung klingelte das Telefon.

Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein gewisser »DJ Officer, Officer«, der uns erzählte, dass der linksradikale Song eine Coverversion eines Liedes von Siouxsie and the Banshees sein könnte. Das wollten wir nicht glauben. Und leider gelang es uns auch nicht, das Telefonat live zu übertragen. Es kam zum Radiogau. Sekundenlange Stille.

»Hey DJ, das wird jetzt zu langatmig, wir schaffen es nicht, dich in die Sendung zu stellen«, sagte unser Moderator. Das aber gefiel »DJ Officer, Officer« gar nicht. Von ein paar Radioamateuren wollte er sich nicht vorwerfen lassen, langatmig zu sein. »Ihr seid eine Schande fürs Radio«, warf er uns vor. »Ihr seid das Amt für Desinformation.«

Da war es wieder, das alte Jungle-World-Syndrom. Wen die Götter lieben, den züchtigen sie. Und wen die Hörer und Leser lieben, den züchtigen sie auch.

Uns ist das letztlich nur noch mehr Ansporn. Die nächste Radiosendung kommt bestimmt. Vielleicht wieder mit »DJ Officer, Officer«. Wie singen die Shakespeare Sisters so treffend: »Turn your radio on. Is there anybody out there, just to hear my song? Life is a strange thing. When you think you know how to use it, it’s gone.«