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Fan der Folter

Bundeswehr. Es ist schon erstaunlich, welchen Gedankenspielen sich ein Professor an der Universität der Bundeswehr in München so hingibt. Dem Nachrichtensender NTV sagte Michael Wolffsohn kürzlich: »Als eines der Mittel gegen Terroristen halte ich Folter oder die Androhung von Folter für legitim, weil der Terror im Grunde genommen mit den normativen Grundlagen – also mit der Bewertungsgrundlage unserer zivilisierten Ordnung – überhaupt nichts zu tun hat.« Foltern für die Zivilisation: Mut zur Meinung hat Wolffsohn in jedem Fall.

Für seine Äußerung wurde der konservative Professor für Geschichte heftig kritisiert. Die Vorsitzende der Grünen, Angelika Beer, sagte der Frankfurter Rundschau, Wolffsohn habe »das Recht auf Lehre verwirkt«. Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) nannte Wolffsohns Ansichten »unglaublich und in keiner Weise tolerabel«. Er versuchte, jegliche Spekulationen, deutsche Soldaten könnten etwa in Afghanistan ähnlich hart mit Gefangenen umgehen wie die Amerikaner und Briten im Irak, zurückzuweisen. »Ein deutscher Soldat foltert niemand, achtet auf die Gesundheit der Gefangenen und befolgt internationale Gesetze«, sagte Struck. Als hätte jemals ein Mensch etwas anderes behauptet.

Wolffsohn sagte später, er bedauere es, wenn er sich »missverständlich« ausgedrückt haben sollte. Sein Anwalt, Trutz Graf Kerssenbrock, indes ging in die Offensive. Er verwies auf eine Äußerung des Bundesinnenministers Otto Schily (SPD), der an islamistische Terroristen gewandt gesagt hatte: »Wenn ihr den Tod so liebt, dann könnt ihr ihn haben.« Wenn ein Minister so etwas sagen dürfe, sei die Äußerung seines Mandanten erst recht zulässig. Der so genannte Krieg gegen den Terror scheint zu seiner Sprache zu finden.

SPD! Jetzt neu!

Parteigründung. Spaltungen tun manchmal gut. Gelegentlich führen sie zu einer willkommenen Abwechslung im politischen Angebot. Doch nicht mal das ist zu erwarten, wenn es tatsächlich zu der Gründung einer neuen Linkspartei, einer zweiten Sozialdemokratie, kommen sollte.

In der vorigen Woche scheiterten in Nürnberg Verhandlungen zwischen abtrünnigen SPD-Mitgliedern und der Schiedskommission der bayerischen SPD. Die Abweichler, die u.a. in der Initiative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit engagiert sind, weigerten sich, einzeln vor der Kommission zu erscheinen. Zugleich erneuerten sie ihre Kritik an der Politik der SPD und kündigten an, spätestens im Jahr 2005 eine neue Partei zu gründen. Ein Parteiausschluss der deutschen Robin Hoods wird immer wahrscheinlicher.

Von sich aus wollen sie die Partei aber nicht verlassen. »Wir halten uns ans Parteiprogramm. Die Abweichler sitzen doch in Berlin«, sagte Gerd Lobodda, das Vorstandmitglied der IG Metall Bayern, der Süddeutschen Zeitung. Ob er sich auch in einer neuen Partei an das Parteiprogramm der SPD halten wird, sagte er nicht.

Verschissene Hirne

Bekennerschreiben. Eine »militante gruppe (mg)« hat sich in einem Schreiben, das der Jungle World vorliegt, zu einem Brandanschlag auf Fahrzeuge der Deutschen Telekom in Berlin bekannt. Die Gruppe habe »in der Nacht zum 7. Mai 2004 den Fuhrpark der Deutschen Telekom in der Gerichtstraße in Berlin-Wedding mit zeitverzögerten Brandsätzen aufgesucht«. Die Telekom wurde als Ziel auserkoren, weil sie »rund 1,7 Millionen Arbeitslosenhilfe-EmpfängerInnen erfassen und in die Datenbanken der Bundesagentur für Arbeit eingeben« soll.

Tatsächlich sollen von Juli an 2500 Beschäftigte der Auffanggesellschaft der Telekom zur Datenerfassung herangezogen werden. Denn im kommenden Jahr soll nach der Zusammenlegung der Arbeitslosen- mit der Sozialhilfe an drei Millionen Langzeitarbeitslose das so genannte Arbeitslosengeld II ausgezahlt werden. Die Antragsteller müssen hierfür ihre finanziellen Verhältnisse offen legen und Angaben über Erspartes, über Lebensversicherungen oder ihre private Altersvorsorge machen, damit auch niemand einen Cent zu viel bekommt. Diese Menge von Daten will bewältigt sein, und hier will die Telekom helfen.

Die »militante gruppe« spricht von einem »sozialtechnokratischen Projekt«, das bisher nur »in den verschissenen Hirnen seiner ProtagonistInnen existiert«. Die Gruppe will zudem den linken Diskurs anregen: »Wir wollen mit diesem Aufruf auch insbesondere alle militanten und klandestinen Zusammenhänge dazu animieren, sich mit unseren Überlegungen zu befassen.« Aber wer befasst sich gerne mit Überlegungen, die mit Ausdrücken aus der Skatologie angereichert sind?

Keine frischen Scheine

Wirtschaft. Was ist jetzt eigentlich mit dem Aufschwung? Kommt er nun endlich oder nicht? Wurde er uns nicht von all den schlauen Wirtschaftsweisen und Reformpolitikern der Bundesregierung für dieses Frühjahr versprochen? Wir brauchen nämlich endlich mal wieder fresh money, wie es so schön heißt. Aber wir ahnen bereits, dass es wieder nichts wird und der Aufschwung, selbst wenn er käme, den niederen Chargen der Bevölkerung nichts brächte.

Aber immerhin: Um stolze 0,4 Prozent wuchs das Bruttoinlandsprodukt in den ersten drei Monaten des Jahres im Vergleich zum Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt in der vergangene Woche mit. Der Hauptanteil der Steigerung sei bedingt durch die Zunahme des Exporthandels, welcher um sensationelle 16,6 Prozent gestiegen sei. Das sei die höchste Steigungsrate seit 1950, als mit der Erfassung begonnen wurde. In Euro ausgedrückt bedeutet dies, dass deutsche Unternehmen 65 Milliarden mit verkauften Waren im Ausland verdienten.

Nur der deutsche Binnenmarkt belebe sich nach wie vor nicht. Da ist es wieder, das Problem mit dem fresh money.