Hallo Führung, wo geht’s lang?

in die presse

Jetzt werden alle rangenommen. Es gibt noch Gerechtigkeit in Deutschland. In der Diskussion um längere Arbeitszeiten in den Betrieben fordern immer mehr Politiker auch die deutschen Manager zum Verzicht auf. »Die Manager in den oberen Etagen sollten mit gutem Beispiel vorangehen und so wie bei der Lufthansa damals auf zehn Prozent ihres Gehalts verzichten. Da käme schon einiges zusammen. Es wäre ein Signal an die Arbeitnehmer«, sagte etwa der rheinlandpfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD). Auch der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sprach unseren »Führern« ins Gewissen: »Was man von Arbeitnehmern verlangt, müssen auch Wirtschaftsführer sich selbst zumuten.« Franz Müntefering, immerhin »Führer« einer Partei, die gerade den Langzeitarbeitslosen den Weg auf die Parkbank erleichtert, kann offenbar gar nicht mehr an sich halten. »Die Beträge, die sich manche Großverdiener bei uns in die Tasche stecken, sind jenseits aller Moral«, sagte er der Berliner Zeitung. Auch der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA), Dieter Hundt, mahnt. »Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir alle mehr leisten«, das gelte »selbstverständlich ganz besonders auch für Führungskräfte, die in jeder Hinsicht ein Vorbild sein müssen«.

Es kann also aufwärts gehen mit unserem Land. Der »Führer« der Arbeiterpartei, der »Führer« der Wirtschaftsliberalen und der »Führer« der Unternehmer sind sich einig. Unten wie oben muss verzichtet werden. Deutschland wird wieder eine erfolgreiche Gemeinschaft. Eine Schicksalgemeinschaft auf dem Weg zur Weltspitze. Wenn der Manager von Daimler-Chrysler auf eine seiner zehn Millionen Euro, die er im Jahr einstreicht, verzichtet, arbeiten die Lohnabhängigen freiwillig länger für weniger Geld, und die Langzeitarbeitslosen beschweren sich nicht mehr darüber, dass sie die Miete für ihre Wohnungen nicht mehr bezahlen können. Das ist fein ausgedacht. Gratulation, Deutschland-AG!

stefan wirner