Ende des Geldsegens

Die Bundeskoordination Internationalismus hat Finanzprobleme. Mit dem Evangelischen Entwicklungsdienst fällt ihr wichtigster Unterstützer aus. von martin kröger

Komplett unerwartet.« Steffen Jörg, Mitarbeiter in der Geschäftsstelle der Bundeskoordination Internationalismus (Buko), hatte sich das Jahr 2005 eigentlich anders ausgemalt: Rund 30 000 Euro muss der Dachverband einsparen, in dem insgesamt 150 entwicklungspolitisch aktive Gruppen zusammengefasst sind. Das ist exakt die Summe, die die Buko in den vergangenen 25 Jahren regelmäßig vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) bekam. In zwei Teilbeträgen finanzierte der EED sowohl den jährlich stattfindenden Kongress der Buko als auch die Lohn-, Miet- und Verwaltungskosten für die Bundesgeschäftsstelle in Hamburg.

Ohne die finanzielle Unterstützung der Evangelischen Kirche steht nun eines der etabliertesten und ältesten linken Netzwerke der Bundesrepublik vor dem Aus.

»Dass der Strukturförderantrag und die Förderung des Kongresses abgelehnt wurden, hängt mit den Vorfällen bei H&M zusammen«, erklärt Barbara Riek, Referatsleiterin Bildung und Förderung beim EED. Im Verlauf des 27. Buko-Kongresses unter dem Titel »Das Ende der Bescheidenheit« war es im vergangenen Jahr zur Erstürmung einer Filiale des Textildiscounters H&M in Kassel gekommen, bei der AktivistInnen »spontan große Mengen Kleidungsstücke in der Fußgängerzone der Kasseler Bevölkerung zur Verfügung stellten«, wie es in der damaligen Erklärung von »Kassel umsonst« hieß.

»Mit solchen Aktionen darf der Evangelische Entwicklungsdienst nicht in Verbindung gebracht werden«, sagt Riek. Das Argument, die Aneignungsaktion habe in keinem direkten Bezug zum Kongress gestanden und ihre Organisation nicht in den Händen der Buko gelegen, lässt sie nicht gelten. »Die Umsonst-Gruppen waren mit einem Workshop auf dem Kongress vertreten, und deswegen waren die auch angeschlossen.« Ausschlaggebend für die Kürzungen sei jedoch gewesen, dass für die Zukunft solche Vorfälle nicht gänzlich ausgeschlossen werden könnten. Zudem bemängelt Riek den »mangelnden und späten Willen« des SprecherInnenrates der Buko, sich von der Aktion zu distanzieren.

Dieser Forderung des EED waren die Gremien der Buko – trotz großen internen Widerspruchs – nach mehrmonatiger Diskussion nachgekommen. »Es gab im Anschluss an den Kongress einen Diskussionsprozess mit dem Entwicklungsdienst, der nach unserer Sicht gut verlief«, erklärt Steffen Jörg.

Dass nun dennoch keine finanziellen Mittel mehr aus dem evangelischen kirchlichen Spektrum an die Buko fließen, hat seiner Ansicht nach andere Gründe. »Wir haben uns mit der Kritik an den Nichtregierungsorganisationen und deren Lobbyismus nicht nur Freunde gemacht«, vermutet Jörg im Hinblick auf eine vor drei Jahren geschaltete Anzeige der Buko. Darin und in einem anderen Papier wurde die Politik der NGO nach der Wende als »zu kurz« greifend und »keine grundlegende Veränderung gesellschaftlicher Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse« bringend charakterisiert. Nicht nur an diesem Punkt seien die unterschiedlichen Ansichten über »Entwicklungspolitik« der Buko und des EED deutlich geworden, sagt Jörg. Auch habe die Buko etwa die Proteste gegen die Hartz-Gesetze ausdrücklich als »inländische Kämpfe« in ihre Politik einbezogen, während der EED dies ablehnte.

Damit es mit der Buko dennoch weitergeht, wurde jüngst die Initiative »300 mal 100 Euro« ins Leben gerufen, bei der 300 Einzelpersonen den fehlenden Betrag ausgleichen sollen. Für Ende März ist ein Buko-Ratschlag vorgesehen, bei dem die zukünftige Ausrichtung diskutiert werden soll – ausdrücklich sind auch Nicht-Mitglieder eingeladen. »Der für Mai in Hamburg geplante Kongress wird auf jeden Fall stattfinden«, betont Steffen Jörg. Vielleicht etwas bescheidener als gewohnt.