Verrat im Bad

Mustafa Altıoklars Film »Banyo«

»Große Liebschaften, komplizierte Beziehungen, jäher Verrat, seelische Untreue, namenlose Egokriege, unsterbliches Misstrauen, erotische Schmerzen, lüsterne Trennungen, fleischliche Abgründe – all das und mehr kann in einem Badezimmer vorkommen«, so wird »Banyo« (»Das Bad«) beworben, der neue Film des türkischen Starregisseurs Mustafa Altıoklar. Es ist seine zweite Low-Budget-Produktion, die er in nur 13 Tagen mit sieben Schauspielern in drei Bädern drehte.

»Banyo« ist der Versuch, das intime Geschehen zwischen Männern und Frauen durch den Spalt einer geöffneten Badezimmertür zu betrachten. Im Mittelpunkt stehen drei Liebespaare, ihre Beziehungskämpfe und die Frage von Treue und Betrug. Doch so manche schwülstige Phrase und manch abgenutztes Klischee, mit denen der Pressetext aufwartet, finden sich auch im Film wieder. Etwa in der von Seray Sever gespielten Frauenfigur, die mit ihren knallroten High Heels und knallrot geschminkten Lippen, ihrem Glockenrock und ihrem tief ausgeschnittenen Dekolleté die weibliche Sexualität derart überzeichnet, dass man sich wohl fragen soll, wie ein Mann überhaupt auf die Idee kommen kann, eine solche Frau zu betrügen.

Am meisten stört aber die sterile Studioatmosphäre, die sich in der Beleuchtung und der Kulisse unangenehm bemerkbar macht, so dass es schwer fällt, sich in die Stimmung und die Szenerie eines Badezimmers hineinzuversetzen. Oder haben Sie jemals eine randvoll gefüllte Badewanne gesehen, ohne dass das Zimmer voller Wasserdampf gestanden hätte? Sodass man ungetrübt von der feuchten Luft alles glasklar im Spiegel sehen könnte? Wäre dieses Szenario im Theater inszeniert worden, hätte jeder Regisseur sich wohl überlegt, wie er die dampfende, feuchte Atmosphäre eines Badezimmers auf die Bühne bringen würde. Im Film fehlt dies völlig, stattdessen schleicht sich der Verdacht ein, dass man die Kulissen allein Herstellern von Kosmetikartikeln und Badezimmerzubehör überließ. Den Ruf, mit möglichst oberflächlichen Produktionen auf große Publikumserfolge bedacht zu sein, wird Altıoklar auch mit diesem Film sicher nicht loswerden.

Gelungen ist hingegen Gül Abus Semercis Drehbuch. Ihre Dialoge voller Esprit, ihre präzise gegliederten Handlungsstränge und ihr Gespür dafür, das Tragische und das Komische auf gleichermaßen subtile Art zu erzählen, sind sicher das Beste am Film. Auch der Regisseur würdigt ihren Anteil: »Ihre humorvolle Sprache hat mich sehr angezogen. Sie erzählt in einer sehr klaren Sprache und schafft es, die Art einzufangen, in der junge Leute heute untereinander sprechen.«

Die größte schauspielerische Entdeckung ist Demet Evgar, die zuvor nur in Fernsehserien zu sehen war. Aber damit sie ihr Talent ganz entfalten kann, wäre es wünschenswert, dass sie mit etwas feinsinnigeren Regisseuren zusammenarbeitet. Vielleicht beim übernächsten Mal. Denn ihr nächstes Engagement hat sie erneut bei Altıoklar, in seinem Film »Beyza’nın Kadınları« (»Beyzas Frauen«), dessen Dreharbeiten jüngst begonnen haben und der Ende des Jahres auch in Europa ins Kino kommen soll. Angesichts des Hypes, der bereits jetzt um den »ersten türkischen Psychothriller« begonnen hat, ist nicht unbedingt zu erwarten, dass Altıoklar ausgerechnet bei dieser Gelegenheit etwas anderes liefern wird als leichtes Mainstreamkino.

ayse durukan

Ayse Durukan ist Redakteurin des linken Internetportals Bianet.