Der rechte Mann als Verteidiger

Der ehemalige österreichische Justizminister vertritt einen mutmaßlichen SS-Massenmörder vor einem italienischen Militärgericht. von heribert schiedel, wien

Vor einem italienischen Militärgericht in La Spezia begann am Dienstag dieser Woche die Verhandlung gegen Klaus Konrad und Herbert Handschke. Den ehemaligen SS-Recken wird eine führende Beteiligung an den Massakern unter der Zivilbevölkerung in Marzabotto und den benachbarten Ortschaften Grizzana und Monzuno im Herbst 1944 zur Last gelegt. Damals wurden als »Vergeltung« für Angriffe von Partisanen 955 Menschen ermordet.

Während der ehemalige SPD-Abgeordnete und Berater Willy Brandts, Klaus Konrad, auf einen Rechtsbeistand verzichtet, hat sich Handschke einen prominenten Anwalt genommen: den ehema­ligen FPÖ-Justizminister Harald Ofner. Es kann ­davon ausgegangen werden, dass nicht nur dessen juristische Kenntnisse für Handschkes Wahl ausschlaggebend waren, sondern auch seine Verankerung in jenem Milieu, in dem derartige Kriegsverbrechen geleugnet oder relativiert werden.

Tatsächlich kann Ofner auf eine lange Zeit der Betätigung im organisierten Rechts­extremismus zurückblicken: Begonnen hat er im Bund Heimattreuer Jugend, der im Jahr 1954 im rechtsterroristischen Mi­lieu gegründet und fünf Jahre später verboten wurde. In den siebziger Jahren stieg er zum FPÖ-Vorsitzenden in Niederösterreich auf. Zu einem Zeitpunkt, als die FPÖ-Führung gerade versuchte, den Liberalismus zulasten des deutschnationalen Elements zu stärken, grenzte sich Ofner explizit im Interview mit der rechtsextremen Zeitschrift Mut von diesem Kurs und der FDP ab. Als einer der Wortführer des »nationalen« Flügels in der FPÖ kann er als bedeutender Wegbereiter von Jörg Haider gesehen werden.

Im Jahr 1977 beehrte er die »Politische Akademie« der rechtsextremen Arbeits­gemeinschaft für demokratische Politik, die bis heute alljährlich zahlreiche prominente Neonazis aus dem In- und Ausland anzieht. In einem Leserbrief an Die Kameradschaft, das Organ ehemaliger SS-Männer, nannte Ofner den Admiral Wilhelm Franz Canaris, der am Attentat auf Hitler am 20. Juni 1944 beteiligt war, den »größ­te(n) Verräter Deutschlands«. 1978 wurde bei Haus­durchsuchungen im neonazistischen Milieu eine Liste von Personen, die im Falle von Verhaftungen verständigt werden sollten, beschlagnahmt. Auf ihr fand sich auch der Name Ofners. Zwei Jahre später unterlag er in einer Kampfabstimmung um den FPÖ-Vorsitz dem Kandidaten des liberalen Flü­gels, Norbert Steger. Die Machtübernahme des rechtsextremen Flügels sollte erst sechs Jahre später gelingen.

Davor ging die FPÖ noch durch die Koalition mit der SPÖ, in der Ofner zur Befriedung der »Nationa­len« als Justizminister tätig war. Haiders »Putsch« von 1986 sprengte diese Koalition, Ofner blieb jedoch als Abgeordneter im Nationalrat. Vor vier Jah­ren zog er sich endgültig aus der Parteipolitik zurück. Als Anwalt sorgte er zuletzt im Jahr 2001 für Aufsehen. Damals verteidigte er Peter Paul Rainer, einen Südtiroler Politiker der Freiheitlichen Partei, der nach dem Mord an einem prominenten Parteifreund nach Österreich geflohen war. Es gelang ihm jedoch nicht, die Auslieferung Rainers nach Italien zu verhindern.

Einer der Hauptverantwortlichen für die Mas­saker in Marzabotto und den benachbarten Ortschaften, Walter Reder, wurde bereits im Jahr 1951 in Bologna zu lebenslanger Haft verurteilt. Nach einer Jahrzehnte langen, über alle Parteigrenzen hinweg laufenden und auch von der katholischen Kirche mitgetragenen Kampagne für den als »letzten österreichischen Kriegs­gefangenen« bezeichneten Reder wurde dieser 1985 freigelassen. Dass er am Grazer Flughafen vom damaligen Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager (FPÖ) mit Hand­schlag begrüßt wurde, ließ die Koalition mit der SPÖ in eine veritable Krise schlittern.