Neonazi gegen Bulle

Anfang April soll wieder ein Fight Club im sächsischen Plauen stattfinden. Ein bekannter Neonazi will gegen einen Polizisten antreten. von andre seitz

Schlagen, würgen, treten, »erlaubt ist, was nicht verboten ist«, so lautet die einfache Grundregel des so genannten Freefight. Veranstaltungen wie etwa die sächsische Fight-Club-Serie sind im Trend. Am 9. April wird in Plauen im Vogtland wieder ein solcher Kampf geboten. »Rico Malt 90 kg VS Ralf Koester 92kg«, so wird er auf Flyern angekündigt. Die Konstellation hat es in sich: Malt ist eine Schlüsselfigur der Chemnit­zer Neonaziszene, die Veranstaltungen der Fight-Club-Serie sind gerade wegen seiner Auftritte berüchtigt. Er gilt als Verfechter der Verknüpfung von Lifestyle und Naziideologie, nimmt an Neonaziaufmärschen teil, organisiert Konzerte und arbeitet im Security-Gewerbe.

Gegen die Anwesenheit von Neonazis auf Kampf­sportveranstaltungen versucht die Freefight Association (FFA) bereits seit längerem etwas zu unternehmen. Denn immer wieder tauchen Neonazis auf solchen Veranstaltungen auf. In Chemnitz etwa betraten im Dezember 2004 die Kämpfer untermalt mit Neonazirock den Ring. Das Publikum grölte »Juden raus«, »Sieg Heil«, »Ostdeutschland – Naziland« und »Hoonara«, die Abkürzung für »Hooligans, Nazis und Rassisten«, eine Gruppe aus dem Fanumfeld des Chemnitzer Fußballclubs.

»Schon die Flyer dieser Veranstaltung ließen erahnen, worum es dort geht«, erzählt Marie von der Kampagne »Schöner leben ohne Naziläden«. Der Chemnitzer Laden »Backstreetnoise«, gegen den die Kampagne im Herbst 2004 eine Demonstration veranstaltete, trat als Sponsor der Veranstaltung auf, einer der Kämpfer trug das Logo des Ladens auf seinem Rücken, und Malt wurde als Hauptkämpfer beworben. »Wir wandten uns mit Briefen an die Sponsoren des Fight Club und machten die Geschehnisse öffentlich«, erzählt Marie. »Daraufhin sprangen die Volksbank Chemnitz und ein Hotelbetreiber als Unterstützer ab.«

Der damalige sächsische Innenminister Thomas De Maiziere (CDU) antwortete einer Anfrage der PDS-Landtagsabgeordneten Freya-Maria Klinger, für weitere Fight Clubs hätten präventive Beratungs­gespräche mit dem Veranstalter, der Shuri-Karateschule in Reichenbach, stattgefunden. Eine »als Organisator rechtsextremistischer Skinheadkonzerte bekannt gewordene Person« solle nicht mehr auf der Werbung für den Fight Club erscheinen. Gemeint war offenbar Rico Malt. »Insbeson­dere wurden und werden auch weiterhin Präventionsgespräche mit dem Veranstalter und teilnehmenden Personen durchgeführt«, schrieb der heutige Leiter des Berliner Kanzleramts.

Auf den Flyern zum nächsten Fight Club am 9. April in Plauen jedoch ballt Malt wieder seine Fäuste. Ohne seine Beteiligung als Kämpfer wäre das Interesse an den Veranstaltungen wohl nicht so groß. Und auch sein Kontrahent kämpfte schon mehrfach beim Fight Club. Ralf Koester ist Polizist in Chemnitz, aber nicht nur das. Im Winter 2004/2005 wollten Gäste des Chemnitzer »Äther-Clubs«, einer Diskothek für Drum’n’Bass, ihn als Türsteher erkannt haben.

Die Betreiber des Clubs erkundigten sich bei der von ihnen beauftragten Chemnitzer Argus-Security, die abwiegelte. Alles sei rechtmäßig, und man lasse sich nicht vorschreiben, wen man an die Tür stelle. Diesmal fragte Klinger beim Leiter der Chemnit­zer Polizeidirektion, Uwe Reißmann, nach und erfuhr, dass gegen Koester wegen seiner Nebentätigkeiten im Security-Bereich Vorermittlungen liefen.

Sandro Gerth von der Argus-Security bestätigte der ­Jungle World, dass Koester in der Firma beschäftigt sei. »Ich sehe da keinen Konflikt, uns geht es ja nichts an, was die Leute sonst beruflich machen. Es waren Jobs als Servicepersonal oder Kartenabreißer«, sagte er. Auf den Flyern zum Fight Club ist die Firma als Unterstützerin genannt. »Wir stellen die Gitter, das Servicepersonal«, erläutert Gerth. Es könne schon sein, dass auch Rechtsextreme beim Fight Club anwesend seien, aber »so lange dort keine Fahnen gehisst werden, ist uns das egal. Wir machen das, weil wir die Organisatoren kennen und den Ralf.«

Für die Veranstalter des Fight Club »ist dieser Kampf das Ende der Diskussionen, ob oder ob nicht und wer der bessere ist. Die Entscheidung fällt am 9. April 2006.« Sie geben vor, nur am Sport interessiert zu sein. »Sportlich fair – gegen Hass & Gewalt« ist auf den Flyern zu lesen, aber gleichzeitig liest sich die Reihe der Unterstützer wie eine Liste rechter Szeneläden der Region: »Backstreetnoise«, »Last Resort Shop«, »Broken Dreams«, daneben ist der Ticketservice der Regio­nalzeitung Freie Presse genannt.

Mit Plauen findet der Fight Club an einem Ort statt, an dem Neonaziunternehmungen in der letzten Zeit erschreckend zunehmen. Aktive Altnazis wie der Fahrschullehrer Bernd Grett, ehemals Unterführer der »Wehrsportgruppe Hoff­mann«, bestimmen neben Jungnazis und rechten Hooligans die Szene in der Stadt mit 70 000 Einwohnern. Gewalttätige Übergriffe häufen sich, der Nazilifestyle wird Alltag. Die Marke »Thor Steinar« ist ohne Probleme in der innerstädtischen Shoppingmall zu haben. »Die Naziläden schossen hier im letzten Jahr wie Pilze aus dem Boden«, meint David vom Antifaschistischen Re­chercheteam Vogtland. Der Laden »Broken Dreams« ist einer von inzwischen drei solchen Geschäften. Einer der zwei Betreiber des Ladens, der 21jährige Sven Krüger, wurde im Januar zum wiederholten Mal wegen Körperverletzung verurteilt. Auch an einem Überfall der Gruppierung »Plauener Jungsturm« auf das soziokulturelle Zentrum »Alte Kafferösterei« in Plauen sollen die Betreiber des »Broken Dreams« beteiligt gewesen sein, behauptet die Opferbe­ratung Amal Sachsen. Bereits im November 2005 hatte der »Plauener Jungsturm« das autonome Zentrum »Schuldenberg« in Plauen überfallen, die Polizei wollte damals keine Anzeige aufnehmen.

Auch vom bevorstehenden »Fight Club« in Plauen will die Polizei noch nichts wissen. Der Pressesprecher der Polizei Südwestsachsen, Volker Kroh, sagte der Jungle World: »Da ist mein Kenntnisstand Null, 9. April ist ja auch noch eine Weile hin. Ich weiß nur von einem Fight Club in Zwickau, wo ein Polizist in Nebentätigkeit gekämpft hat. Dort verlief alles störungsfrei.«