Salam! Shalom!

Während im Krieg in Nahost die Waffen sprechen, wird in Blogs über die Grenzen hinweg weiterhin miteinander kommuniziert. von stefan kindler

Ich möchte nicht darüber streiten, wer Recht hat und wer Unrecht hat, alles, was ich sagen möchte, ist, dass es definitiv falsch ist, dass Zivilisten in diesem Prozess auf beiden Seiten zu Opfern werden. Ich sende euch meine besten Wünsche von hier und hoffe, dass ihr und eure Familie stark und in Ordnung sein werdet, bis diese furchtbare Situation vorbei ist.« Dieser Kommentar eines israelischen Sol­daten in einem libanesischen Blog hat eine erstaunliche Geschichte hinter sich. Er ist anderen Bloggern aufgefallen, sie griffen ihn auf, israelische Medien zitierten ihn und bald fand man ihn in der New York Times, in Le Monde und dem ­Online-Angebot der Tageschau.

Bei all den schlechten Nachrichten und den grausamen Bildern des Konflikts sind die Medien wenigstens auf eine positive Nuance in der Auseinandersetzung gestoßen. Trotz der Gewalt sprechen Israelis und Libanesen im Internet miteinander. »Wird sich dies als das erste Mal erweisen, dass Bewohner ›verfeindeter‹ Länder in eine fortlaufende Konversation verwickelt sind, während die Raketen fliegen?« fragt daher Bloggerin Lisa Goldman in ihrem Blog »On the face«.

Seit im Irak-Krieg ein iranischer Blogger mit dem Namen »Salam Pax« aus Bagdad die Angriffe auf seine Stadt aus seiner Sicht beschrieb und so eine Leserschaft in der ganzen Welt erreichte, haben sich Blogs als zusätzliche Informationsquelle gerade auch aus Krisengebieten etabliert. Blogger haben einen Zugang zu Orten, den Journalisten manchmal nur schwer finden, können blitzschnell auf aktuelle Entwicklungen reagieren und haben oft ein Verständnis vom Alltagsleben in der Region, die ortsfremden Beobachtern fehlt. Selbst die starke Subjektivität, wegen der die Blogs als Nachrichtenquelle kritisiert werden, garantiert so etwas wie Authentizität: Ein Blogger, der erwähnt, dass es ihm die Bomben nicht gerade erleichtern, mit dem Rauchen aufzuhören, wird als Person sichtbar.

Sowohl im Libanon als auch in Israel gibt es eine aufgeklärte und weltoffene Szene, die die Möglichkeiten des Internets nicht erst seit Ausbruch des Konflikts für sich nutzt. Das führt dazu, dass neben der allgegenwärtigen Propaganda und den Hassseiten zahlreiche differen­ziertere Betrachtungen des Konflikts im Internet publiziert werden. Allein die Masse der Internetangebote macht es wahrscheinlich, dass jeder eine Meinung findet, mit der er sich identifizieren kann. Das gilt auch für diejenigen, die sich trotz großer Meinungsverschiedenheiten wün­schen, die Konflikte in der Region ohne Waffengewalt zu lösen.

Wenn Lisa Goldman beschreibt, wie sie mit einem Libanesen chattet, der ihr schil­dert, wie gerade die Raketen auf Beirut niedergehen, erkennt man die Möglichkeiten zur Selbstbestimmung, die das Internet bieten kann. Nicht Regierungen, Militär und Milizen bestimmen, mit wem man wann und wo kommuniziert.

In den ersten Tagen des Konflikts zeigte sich, dass diese Möglichkeit vielfältig genutzt wurde. Und groß war die Verwunderung darüber, dass ein vernünftiger Dis­kurs auch noch möglich ist, wenn andere sich längst für Raketen entschieden haben. Dass dies eventuell nicht lange anhält, vermuten auch einige Blogger. Je länger der Konflikt dauert, desto schwie­riger wird es, aufeinander zuzugehen. Denn der allmorgendliche Blick in den Bodycount der traditionellen Medien zeigt, dass die Raketen weiter fliegen: »And yet none of us can end the fighting.«

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