Rechts auf’m Schirm

Im polnischen Fernsehen übernehmen Rechtsextremisten die Kontrolle. von kamil majchrzak

Es war ein symbolischer Akt, als im Frühjahr dieses Jahres zur Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zwischen den drei neuen Regierungspartnern nur Journalisten des antisemitischen Radiosenders Radio Maryja, des Fernsehsenders Trwam (Bleibe treu) und Korrespondenten der rechtsextremen Zeitung Nasz Dziennik eingeladen wurden. Die Arroganz, mit der die neuen Machthaber ihr kulturelles und politisches Programm verwirklichen, ist erstaunlich.

Das Fundament für die neue Medienpolitik wurde Anfang des Jahres mit dem neuen Mediengesetz gelegt. Dieses wurde zwar in einigen Teilen vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, dennoch sichert es der regierenden Partei »Recht und Gerechtigkeit« (PiS) einen enormen Einfluss auf den Fernsehrat. Dieser entscheidet u.a. über die Vergabe von Sendefrequenzen und Fernsehrechten und das Programm in öffentlich-rechtlichen Anstalten.

Das Gesetz schützt auch die so genannten sozialen Sendeanstalten, wovon es insgesamt elf gibt. Die meisten werden als Diözesesender betrieben, müssen keine Steuern zahlen und dafür auf Werbung verzichten. Davon profitiert auch Tadeusz Rydzyk, der neben einer eigenen Journalisten-Universität seit dem Jahr 1991 auch Radio Maryja mit seinen 1,2 Millionen Zuhörern führt.

Neuer Geschäftsführer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, bestehend aus dem Ersten und Zweiten Programm, Themensendern und mehreren Regionalsendern, wurde Bronislaw Wildstein. Zu seinem Stellvertreter wurde der Rechtsextremist Piotr Farfal ernannt. Als treuer Anhänger der rechtsextremen Partei Narodowe Odrodzenie Pol­ski (Nationale Wiedergeburt Polens) schrieb er bis vor kurzem Artikel für das Parteiblatt Szczerbiec. Die NOP ist die polnische Sektion der militanten rechtsextremen International Third Position und verfügt über Verbindungen zur Bewegung Blood & Honour. In den neunziger Jahren gab Farfal die rechtsextreme Zeitschrift Front heraus. Darin schrieb er: »Wir tolerieren keine Angsthasen, Verräter und Juden. Wir sind die Zukunft – in einer Reihe, stark, erbarmungslos, kompromisslos und jederzeit zum Kampf bereit. Wir sind einfach die Besten.« In der Zeitschrift findet man auch ein Foto von Farfal, den Arm zum Hitlergruß ausgestreckt. Er habe nur jemanden rufen wollen, sagte er, als der Skandal vor kurzem aufgedeckt wurde.

Es ist noch nicht allzu lange her, dass sein Gesinnungsgenosse von der rechtsextremen Mlodziez Wszechpolska (Allpolnische Jugend), der heutige Parlamentsabgeordnete Boguslaw Sobczak, es mit einer ähnlichen Geste auf die Titelseite der Boulevardzeitung Fakt schaffte, die zum Axel-Springer-Verlag gehört. Sobczak beteuerte, er habe nur ein Bier bestellen wollen. Auf der Liste der Anhänger Adolf Hitlers findet sich auch der neue Minister für Meereswirtschaft, Rafal Wiechecki. Alle drei Rechtsextremisten kennen sich aus der Jugendorganisation der Liga der Polnischen Familien (LPR).

Der Geschäftsführer des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, Wildstein, begeisterte sich in den siebziger Jahren noch für die Baader-Meinhof-Gruppe. »An echte Klassiker konnten wir nur schwer rankommen, also lasen wir Blödsinn«, sagte er der Gazeta Wyborcza. »Wir verstanden die Welt nicht, und die Propaganda servierte uns ein falsches Bild von Deutschland.« Spätestens seit seinem im Jahre 2000 veröffentlichten Buch »Entkommunisierung, die nicht stattfand« gilt er als unerbittlicher Verfolger ehemaliger Geheimpolizisten. Die ausgebliebene Abrechnung mit der kommunistischen Volksrepublik ist für ihn die Hauptursache für die Probleme Polens. Die Schuld an der ihm zufolge unzureichenden Verfolgung ehemaliger Kommunisten tragen seines Erachtens die liberale Solidarnosc-Strömung, die Postkommunisten der SLD, vergleichbar mit der PDS in Deutschland, die liberale Gazeta Wyborcza und die katholische Wochenzeitung Tygodnik Powszechny.

Der Kompromiss zwischen der Opposition und den Kommunisten, der 1988/89 zur Einrichtung eines Runden Tisches führte, war für Wildstein die Niederlage der damals begonnenen antikommunistischen »Revolution«. Die Einigung mit den Kommunisten habe einen starken »moralischen Verfall« mit sich gebracht. Unmittelbare Folgen davon seien die Rehabilitierung der Volksrepublik und die Etablierung einer »amorphen, formlosen Welt der Gleichberechtigung von Meinungen« und der Negation der »natürlichen Wertehierarchie. Die Eliten der Dritten Republik entstanden somit als Fortsetzung der Eliten der Volksrepublik.«

Nachdem er am 11. Mai Geschäftsführer des Polnischen Fernsehens geworden war, wurden im Juli alle acht Leiter der regionalen öffentlich-rechtlichen Radiosender ausgetauscht. Aus dem polnischen Jugendradiosender Bis verschwand die beliebte Sendung »Masala«. »Das war die letzte Bastion der Unabhängigkeit in den polnischen Medien, sowohl was die Musik als auch was die besprochenen Themen angeht«, erzählt Przemek Wielgosz von der Redaktion der polnischen Ausgabe der Le Monde Diplomatique, der einmal im Monat bei »Masala« politische Ereignisse kommentieren durfte. Die Sendung »Masala« wurde aus dem Programm genommen, nachdem ihr Leiter Maks Cegielski davon gesprochen hatte, dass »in Polen Faschisten Verbindungen mit der LPR und der Mlodziez Wszechpolska (Allpolnische Jugend) unterhalten«.

Neuer Direktor des Fernsehsenders TVP Kultura wurde Krzysztof Koehler. Er ist Mitarbeiter verschiedener rechtsextremer Zeitschriften, etwa der fundamentalistisch-katholischen Fronda und der Arcana. Jacek Weklser, der vorherige Leiter von TVP Kultura, sagte der Zeitung Rzeczpospolita, der Vorstandsvorsitzende Wildstein habe keine besondere Begründung für die Entlassung angegeben. »Das Gespräch dauerte zwei Minuten.«

Auch im Ersten Programm findet der Kulturkampf statt. Drei neue Sendungen wurden angesetzt. Jeden Freitag wird der rechtsextreme Schriftsteller und Publizist der Gazeta Polska, Rafal Ziemkiewicz, eine »Kultur-Show« unter dem Namen »Ring« leiten. »Wir haben vor, Tabus zu brechen, solche Strömungen in der Kultur zu zeigen, die bislang in polnischen Medien nicht vorhanden waren.« Die Leiterin der Kulturredaktion, Marta Sawicka, sagt: »Wir werden den politisch korrekten Stil der Sprache durchbrechen und neue Formen des Ausdrucks zu Wort kommen lassen.«