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Flohmarkttips

Plattenliste. Man kennt diese Spezies von Plattenbörsen: ältere Männer mit schütteren Haaren in speckigen Lederjacken, die nach raren Erst- oder Fehlpressungen irgendwelcher Platten fahnden, am besten von den Stones, vergessenen Rockern aus den Sechzigern oder irgendeiner Combo, von der sie im »Record Price Guide« gelesen haben.

Das Zentralorgan dieser Sammler ist die englischsprachige Zeitschrift Record Collector, die Musik weniger danach beurteilt, ob sie etwas taugt, sondern ob sie auf Platte bares Geld bei E-Bay bringt, ob sie eine Art Rentenversicherung sein könnte. Dieses Magazin hat in seiner Dezemberausgabe nun die »250 wertvollsten Platten aller Zeiten aufgelistet«. Dank dieser publizistischen Großtat kann man sich nun auch als Laie auf den nächsten Flohmarkt aufmachen, um die Single »King of Fuh« von Brute Force aus dem Jahr 1968 (600 Pfund) zu suchen, die offiziell nie erschienen ist.

Doch was halten wir uns mit Peanuts auf. Kommen wir lieber gleich zu den echten Ferraris der Popmusik, zu den nach Record Collector wertvollsten und teuersten Platten aller Zeiten. Platz fünf etwa geht an die etwas längere Version von »Anarchy In The UK« von den Sex Pistols (4.01 Minuten), von der es weltweit nur drei Kopien gibt und die 6 000 Pfund wert sein soll. An der Spitze dann: zwei Singles von The Quarry Men. Eine der beiden, »That’ll Be the Day«, soll 100 000 Pfund wert sein. The Quarry Men, werden Sie sich nun vielleicht fragen, wer ist das denn? Das war die Band, die John Lennon, Paul McCartney und George Harrison kurz vor den Beatles hatten. Ihre Singles stammen aus dem Jahr 1958. (aha)

Neues aus Kasachstan

Boratmania. Der Film »Borat – Kulturelle Lernung von Amerika um Benefiz für glorreiche Nation von Kasachstan zu machen« steht auf dem ersten Platz der US-amerikanischen Kinocharts. In Deutschland hat er den zweiten Platz erreicht. Das ist alles recht erstaunlich.

In Russland wird »Borat« dagegen gar nicht im Kino zu sehen sein. Auf eine Empfehlung der staatlichen Kinobehörde nehmen die russischen Verleiher die Satire nicht ins Programm. Der Film könne die Gefühle gewisser Teile der Bevölkerung verletzen, gab der Leiter der Kinobehörde an.

Für seinen Erfolg im Rest der Welt kann sich der britische Komiker Sacha Baron Cohen, der die Figur erfunden hat und spielt, bei den vielen unfreiwilligen Helfern bedanken, die seinen Bekanntheitsgrad erhöht haben. Das Europäische Zentrum für Ziganismusforschung hat eine Klage gegen den Filmverleih eingereicht. Nun wollen zwei amerikanische Studenten, denen Cohen in seinem Film sexistische und antisemitische Aussagen entlockt hat, den Komiker ebenfalls verklagen. Sie hätten der Veröffentlichung der Szenen nur unter dem Vorbehalt zugestimmt, dass sie lediglich in Europa erschienen. Nun leiden sie ihren Angaben zufolge unter »Erniedrigung, seelischen Schmerzen, emotionalen und körperlichen Qualen«.

Neue Töne kommen indes von kasachischer Seite, nachdem sich die Regierung des Landes ja schon lange vor der Veröffentlichung des Films über die vermeintliche Verunglimpfung Kasachstans empört hatte. Ganz anders sieht das nun der kasachische Botschafter in London, Erlan Idrissow. Er schrieb in einem Beitrag für die Times: »Wir Kasachen stehen in der Schuld von Sacha Baron Cohen.« Millionen Menschen im Westen wüssten eigentlich erst dank »Borat«, dass es Kasachstan überhaupt gebe. Die Sätze überraschen umso mehr, da Fans von Borat noch in der vergangen Woche den Eintrag zu Kasachstan im Internetlexikon Wikipedia verändert hatten. Sie hatten Borat zum Präsidenten der Republik gemacht und die Nationalhymne umgeschrieben. (ms)

Der etwas andere Burger

Have it your way.™ Schmecken Hamburger wirklich überall auf der Welt gleich? Bei Burger King™ in New Mexico scheint es etwas Besonderes zu geben: den Pot Burger. Das behaupten zumindest zwei Polizisten. Nachdem sie ihren Whopper™ zur Hälfte verzehrt hatten, entdeckten sie eine verdächtige Substanz auf dem Hackfleisch. Ein Test bestätigte ihnen, dass es sich um Marihuana handelte. Die undankbaren Cops verklagten die Firma.

Wenn Sie Appetit bekommen haben und demnächst in die USA reisen: Das Restaurant befindet sich in Las Lunas. (js)

Der Beste im Osten

Markus Wolf. Wenn die ganze DDR so gewesen wäre wie er, so perfekt organisiert, seinem Gegenüber so überlegen, so einfallsreich und so cool – der Ost-West-Konflikt hätte wohl einen anderen Sieger gefunden. Während die meisten seiner Kollegen im Ministerium für Staatssicherheit ihre Zeit damit verplemperten, Aktenberge mit nutzlosem Mist über sinistre Liedermacher, unbegabte Literaten und rührende Provinzpunks zu füllen, hatten Markus »Mischa« Wolf und die von ihm geleitete Hauptverwaltung Aufklärung stets den eigentlichen Gegner im Blick. Und während die westlichen Geheimdienste bis Ende der siebziger Jahre nicht einmal ein Foto von Wolf besaßen, befehligte er 4 000 Spione, darunter Rainer Rupp, der im Hauptquartier der Nato saß, Klaus Kuron, der im Bundesamt für Verfassungsschutz für Operationen gegen die DDR zuständig war, und natürlich Günter Guillaume, der als persönlicher Referent von Willy Brandt im Bundeskanzleramt arbeitete.

Markus Wolf war der Sohn des jüdischen Dramatikers und Kommunisten Friedrich Wolf. 1934 floh er mit seiner Familie in die Sowjetunion, wo er die Schule der Komintern besuchte und als Radiojournalist arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Mai 1945 arbeitete er für den Berliner Rundfunk, für den er bei den Nürnberger Prozessen akkreditiert war. 1951 begann er seine Agentenkarriere. Doch anders als die spießigen Apparatschiks der DDR, die an die von ihnen selbst geschaffene Propagandawelt glaubten, wusste Wolf, der Aristokrat, wie es um den Zustand der Republik bestellt war. 1986 quittierte er den Dienst, am 4. November 1989 sprach er auf der Großdemonstration auf dem Alexanderplatz und forderte Reformen. Doch dafür war es zu spät. In der Bun­des­re­pu­blik wurde er wegen Landesverrats zu sechs Jahren und wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt; das erste Urteil wurde einkassiert, das zweite nicht. In der vorigen Woche starb Wolf im Alter von 83 Jahren in seiner Wohnung in Berlin. (dy)