Nachrichten

Nie wieder Mozart

Idomeneo. Es ist ausgestanden. Es gab keine Bombenattentate oder Attacken auf die Schauspieler oder die Gäste. Vor dem Eingang der Deutschen Oper in Berlin versammelten sich lediglich 20 Demons­tranten, um gegen die Aufführung der Mozart-Oper »Idomeneo« zu protestieren. 150 Polizisten sicherten das Gebäude. In der vergangenen Woche wurde das Stück zum zweiten und letzten Mal in dieser Spielzeit aufgeführt. Die Inszenierung, in der der abgeschlagene Kopf Mohammeds über die Bühne kullert, war im Spätsommer vor der Premiere aus dem Programm genommen worden. Die Intendantin Kirsten Harms und der Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hatten die Oper abgesetzt, um mögliche gewaltsame Reaktionen von Islamisten zu vermeiden, mussten »Idomeneo« aber auf öffentlichen Druck hin doch aufführen lassen. Darüber ist man in Körtings Behörde anscheinend immer noch sauer. Das Berliner Landeskriminalamt ermittelt gegen einen unbekannten Beamten wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses. Und wirklich: Hätte niemand die Angelegenheit an die Presse ausgeplaudert, wäre »Idomeneo« ohne großes Aufsehen abgesetzt worden. Und der Innensenator, die Polizei und die Islamisten hätten ihren Frieden gehabt. (mst)

Sturmfest und erdverwachsen

Althistorikerstreit. Wo fand die Schlacht im Teutoburger Wald statt? Sicher? Nein. Denn der Teutoburger Wald heißt erst seit dem 19. Jahr­hundert so, und welche Gegend der römische Geschichtsschreiber Tacitus tatsächlich mit »Saltus Teutoburgiensis« meinte, ist keineswegs klar. Ende der achtziger Jahre führten archäologische Funde dazu, den Ort der Schlacht im Jahre 9 u. Z., bei der sich der römische Statthalter Varus und der germanische Fürst Arminius gegenüberstanden, durch die die römische Expansion nach Norden beendet wurde und die später zu einem der bedeutendsten deutschen Gründungsmythen avancierte, anderswo zu lokalisieren, nämlich bei Kalkriese im Landkreis Osnabrück. Nun bestreitet ein Hamburger Historiker, der auf den Vornamen Siegfried und den Nachnamen Schoppe hört, dass sich Kalkriese zu Recht als »Ort der Varusschlacht« bezeichnen kann. Alle Argumente sprächen dafür, dass die Schlacht im Landkreis Lippe stattgefunden habe. Ende Januar werde er in seinem Buch seine Beweise offen legen. Sollte er Recht haben, müsste zwar nicht die ganze Geschichte umgeschrieben werden, aber vielleicht doch das »Niedersachsenlied«, das noch heute auf Landesparteitagen der CDU, in der Fankurve von Hannover 96 oder bei Schützenfesten gesungen wird. Und um Zeilen wie diese wäre es schade: »Wo fielen die römischen Schergen? Wo versank die welsche Brut? / In Niedersachsens Bergen, an Niedersachsens Wut / Wer warf den röm’schen Adler nieder in den Sand? / Wer hielt die Freiheit hoch im Deutschen Vaterland? / Das war’n die Nieder­sachsen, sturmfest und erdverwachsen.« (dy)

Ring frei!

Rocky. Manchmal hat er gewonnen, manchmal hat er verloren. Doch egal, ob er gegen Apollo Creed, Clubber Lang oder Ivan Drago antrat, dem Kinopublikum gefiel es. Man muss es zugeben: Die Geschichte des Boxers Rocky Balboa, der sich von ganz unten nach ganz oben kämpft, hat zumindest im ersten Film Charme. Der Soundtrack war großartig. Und niemand konnte verschwitzt und mit geschwollenen Augen so inbrünstig wie Sylvester Stallone schreien: »Adrian, Adrian!« Doch dieser Ruf wird im sechsten Teil der Reihe ausbleiben. Rockys Frau Adrian ist nämlich verstorben. Der ehemalige Weltmeister führt ein Restaurant, entdeckt aber seine alte Leidenschaft wieder und tritt noch einmal gegen den amtierenden an. Einen schmutzigen Film über einen Boxer aus dem White-Trash-Milieu darf man wohl keinesfalls erwarten. Schließlich gehört Rocky schon seit dem zweiten Teil nicht mehr zur Unterschicht. Dass Sylvester Stallone das Drehbuch geschrieben, Regie geführt und die Hauptrolle gespielt hat, steigert nicht unbedingt die Hoffnung auf einen gelungenen Streifen. Das Publikum scheint sich daran jedoch nicht zu stören. In den USA besetzte »Rocky Balboa« in seiner ersten Aufführungswoche den dritten Platz der Kinocharts. In Deutschland läuft der Film erst im Februar an. (mst)

Theo, wir fahr’n nach Piräus

Vicky Leandros. Melina Mercouri machte zweimal für die Sozialisten die Kulturministerin, Mikis Theodorakis war parteiloser Staatsminister ohne besonderen Geschäftsbereich, Nana Mouskouri verbrachte eine Zeit als christdemokratische Abgeordnete im Europa-Parlament. Im Vergleich dazu mutet die Meldung, dass Vicky Leandros in der vorigen Woche für die Sozialistische Partei als Stadträtin für Kultur und internationale Beziehungen von Piräus vereidigt wurde, recht bescheiden an. Doch Vasiliki Papathanassiou, wie Leandros mit bürgerlichem Namen heißt, freut sich auf ihr neues Amt. Sie wolle ihre Amtszeit dazu nutzen, um Piräus zum »kulturellen Zentrum der europäischen Häfen« zu machen. Im vergangenen Jahr hatte Friedbert Pflüger, der Spitzenkandidat der Berliner CDU, ihr angeboten, seinem Schattenkabinett als Kultursenatorin beizutreten, was Leandros aber ebenso ablehnte wie zuvor das Angebot, unter Ole van Beust Kultursenatorin in Hamburg zu werden. (dy)

Sendeschluss

Chávez. Wer wird denn gleich davon reden, dass die Regierung einen Fernsehsender schließen lässt? Venezuelas Staatspräsident Hugo Chávez verlängert lediglich die Sendegenehmigung von Radio Caracas Television (RCTV) nicht. »Die Lizenz läuft ab. Also sollen sie die Koffer packen und sich überlegen, was sie ab März tun wollen«, sagte Chávez in der vergangenen Woche. Über den Zeitpunkt, an dem die Lizenz tatsächlich endet, herrschen unterschiedliche Meinungen. Der Leiter des Senders behauptet, sie laufe erst in 20 Jahren aus. Chá­vez wirft RCTV und anderen privaten Stationen vor, zu seinem kurzzeitigen Sturz im Jahr 2002 beigetragen zu haben. Diese »putschistischen Aktivitäten« dürften für die Entscheidung ausschlaggebend sein. Sollte RCTV den Betrieb einstellen, müssen die Venezolaner aber keinesfalls ohne Fernsehen darben. Es gibt ja auf jeden Fall noch den Regierungssender Telesur und den Antiregierungssender CNN. (mst)