Deutsches Haus

Am 2. April trat Oguzcan Demirtas als Präsident des Dessau-Rosslauer Handballvereins 2006 e.V., der in der 2. Bundesliga Nord spielt, zurück. »Ich bin es zwar mittlerweile gewohnt, dass persönliche Angriffe beim DRHV 2006 e.V. zur so genannten Normalität gehören«, sagte der in Dessau (Sachsen-Anhalt) lebende Türke der Berliner Zeitung. Doch der Gesang der Fans seines Vereins bei einem Auswärtsspiel in Potsdam vor Sponsoren und seiner Familie (»Ohne Türken haben wir eine Chance«) habe ihm klar gemacht, dass er sofort zurücktreten müsse. Es habe ihn besonders schockiert, dass niemand versucht habe, die Pöbeleien zu unterbinden. Am 31. März beschimpfte ein Mann einen 22jährigen Asylbewerber aus Kamerun vor einem Supermarkt in Prenzlau (Brandenburg) als »Neger«, ein anderer schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Die Polizei teilte den Vorfall erst mehrere Tage später mit und ist auf der Suche nach Zeugen, die das Geschehen beobachtet haben. In der Nacht zum 31. März ist ein 56jähriger Mann aus Burundi in der S-Bahn zwischen Berlin und Hennigsdorf (Brandenburg) von mehreren Personen geschlagen und schwer verletzt worden. Das sagte der Mann, der erst einen Tag später vernehmungsfähig war, der Polizei. Er war am Samstagmorgen schlafend in einer Bäckerei in Hennigsdorf aufgefunden und wegen seiner Desorientiertheit zunächst für betrunken gehalten worden. Erst im Krankenhaus wurden schwere Kopfverletzungen festgestellt. Nach Angaben der Strafverfolgungsbehörden habe der in Berlin lebende Mann keine äußeren Verletzungen aufgewiesen. Ein Polizeisprecher gab bekannt, dass der Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen habe, ein »fremdenfeindlicher Hintergrund« des Angriffs aber noch nicht erwiesen sei. Die ostdeutschen Beratungsstellen für Opfer rechtsextremer Gewalt haben insgesamt 819 Gewalttaten im Jahr 2006 gemeldet. Das sind 18 Prozent mehr als im Jahr 2005 und wiederum mehr als je zuvor. »Einen Anstieg in dieser Dimension hätte ich nicht erwartet«, sagte der Koordinator der Beratungsstellen, Dominique John, der taz. Besonders stark stieg die Zahl der registrierten Gewalttaten in Mecklenburg-Vorpommern (von 62 auf 103) und Sachsen (von 168 auf 208), den Ländern, in denen die NPD im Landtag sitzt. Die Bundesbehörden zählten im gleichen Zeitraum 1 115 Gewalttaten im gesamten Bundesgebiet. Das entspricht einem Anstieg von fast acht Prozent. Die Zahl antisemitischer Straftaten »mit muslimischem Hintergrund« ist in Deutschland von 33 im Jahr 2005 auf 88 im Jahr 2006 gestiegen. Dies gab die ARD in der Sendung »Bericht aus Berlin« bekannt. Sie berief sich dabei auf eine unveröffentlichte Statistik der Polizei. Sieben Gewalttaten wurden gezählt, ansonsten handelte es sich bei den Fällen mehrheitlich um Volksverhetzung und Schmie­rereien. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Krämer, stellte eine »steigende Gewaltbereitschaft von muslimischen Jugendlichen gegenüber Juden« fest.

gs