Deutsches Haus

In der Nacht zum 14. Mai griffen drei Unbekannte an einer Straßenbahnhaltestelle in Dresden (Sachsen) einen 26 Jahre alten Türken an. Sie beschimpften ihn zunächst wegen seines Aussehens und schlugen ihn dann nieder. Er erlitt einen Knochenbruch im Gesicht und mehrere Prellungen und musste im Krankenhaus operiert werden. Die Polizei untersucht inzwischen Videoaufnahmen aus der Straßenbahn, auf denen der Türke und die drei Angreifer zu sehen sind. Die Kleidung der Unbekannten lasse keine Rückschlüsse auf ihre Zugehörigkeit zur rechts­extremen Szene zu, hieß es von Seiten der Ermittler. In der vorigen Woche kündigte der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), disziplinarrechtliche Voruntersuchungen in der so genannten Dessauer Polizeiaffäre an. Der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Dessau, Hans-Christoph Glombitza, steht unter dem Verdacht, die polizeiliche Bekämpfung rechtsextremer Straftaten behindert zu haben. Er soll im Februar drei Staatsschützern nahe gelegt haben, bei solchen Taten nicht so genau hinzusehen. Man »müsse nicht alles sehen«, soll er gesagt haben, das Image des Landes könne andernfalls Schaden nehmen. Außerdem soll er sich abfällig über die Programme gegen rechts geäußert haben. Der Staatsschützer Sven Gratzik sagte, er könne nicht dementieren, dass diese Worte so gefallen seien. Die Äußerungen hätten ihn nächtelang nicht schla­fen lassen, schließlich habe er um seine Versetzung gebeten. Als Gratzik im August 2004 Leiter des Dessauer Kommissariats des Staatsschutzes geworden war, kümmerte er sich intensiv um rechtsextreme Delikte und deckte Straftaten auf, die zuvor unbekannt geblieben waren. In der Polizeidirektion stieg daraufhin die Zahl bekannt gewordener rechtsextremer Straftaten von 141 im Jahr 2004 auf 238 in 2005 und 392 in 2006. Der schwarze Integrationsbeauftragte von Schwedt (Brandenburg) wurde in den Monaten März und April mehrfach zum Ziel rassistischer Angriffe. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichtete in der vorigen Woche, dass Ibraimo Alberto mehrmals körperlich und verbal attackiert worden sei. Er sei auf offener Straße bedroht und geschlagen worden. Die Gedenkstätte für Zwangs­arbeiter in einem ehemaligen Rüstungswerk in Kahla (Thüringen) ist seit Mitte März immer wieder verwüstet worden. Mehrfach wurden Gedenktafeln entwendet, zuletzt Anfang Mai. In der vorletzten Woche wurden schließlich sämtliche noch vorhandenen Gedenktafeln zerstört. Dies teilte Patrik Brion vom Förderverein der Gedenkstätte mit. In der ehemaligen unterirdischen Flugzeugfabrik waren während des Zweiten Weltkriegs 12 000 bis 15 000 Zwangsarbeiter beschäftigt. Das Werk hatte eine große Bedeutung für die deutsche Rüstungsproduktion in der Endphase des Krieges. Das ausgeprägte Tunnelsystem eignete sich gut für die unterirdische Produktion. Die Zwangsarbeiter wurden in zehn Lagern und 18 Unterlagern gefangen gehal­ten.

sw