Liebe Firma Organon!

Ein Offener Brief an die Firma Organon und viele offene Fragen. von Robert Jackopp

Du bist ein pharmazeutisches Unternehmen und vertreibst unter anderem diverse Verhütungsmittel. Neulich sind wir auf eine von dir herausgegebene Reklame­broschüre gestoßen, und in dieser berichtest du uns Bahnbrechendes: »Männer und Frauen sind verschieden, und zwar so sehr, dass die alltäglichen Probleme und die daraus resultierenden Missverständnisse manchmal gravierender erscheinen als der berühmte kleine Unterschied.« Da sind wir neugierig geworden. »Männer und Frauen sind verschieden … Probleme … Missverständnisse … der kleine Unterschied.« Davon haben wir schon gehört.

Was, so dachten wir uns, hat es genau auf sich mit der Verschiedenheit von Mann und Frau und diesem kleinen Unterschied? Also lasen wir erst mal weiter. Könnte das bei genauerer Betrachtung etwas mit dem ganzen Untenrum, mit der Mumu und dem Pillermann, diesem ganzen … . hmmm … . mysteriösen Sexding zu tun haben, von dem allerorten die Rede ist? Unser Verdacht war zunächst, dass genau hier der Hase im Pfeffer bzw. der Hund begraben liege. Davon aber schreibst du sonderbarerweise nichts.

Stattdessen berichtest du uns von einem höchst ominösen »Dreh- und Angelpunkt«, von dem wir noch nichts wussten: »Genau hier liegt der Dreh- und Angelpunkt für die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau. Dieser kleine Unterschied sorgt dafür, dass die Spezies Mensch nicht ausstirbt.« Ja, von welchem »Dreh- und Angelpunkt«, welchem »kleinen Unterschied« ist denn hier die Rede? Raus mit der Sprache! Ist hier nicht eventuell eine gewaltige Verschlei­erung von Tatsachen im Gange? Und ist es – ganz offen gesprochen! – nicht vielmehr sozusagen der Reinschieb- und Rausziehpunkt bzw. eben der Einführ- und Rausholpunkt, wie wir mittlerweile beinahe vermuten?

Nun gut, lesen wir weiter. Irgendwann muss ja wohl die Stelle kommen, wo der Dreh- und Angelpunkt bzw. der kleine Unterschied, der für die heftige Anziehungskraft zwischen Dings und Bums und auf offenbar äußerst geheimnis­volle Weise ebenso für das Weiterbestehen der gesamten Menschheit sorgt, beim Namen genannt wird. Und – dies nur nebenbei – was uns übrigens zwischenzeitlich, jetzt, wo wir schon eine halbe Seite Text gelesen haben, beim Lesen schon ganz wuschig und brummkreiselig und hypernervös macht: Hat das alles möglicherweise – ein Verdacht, der langsam in uns aufkeimt – gar irgendetwas mit dem Ficken zu tun?

Erst mal weiterlesen: »Schon das äußere Erscheinungsbild von Mann und Frau ist sehr unterschiedlich. Körperbau, Haut, Haare, Muskeln, alles ist bei Männern kräftiger, größer und stärker als bei Frauen, deren äußeres Bild … «

Moment! Moment!

Die Haut ist bei Männern größer und stärker als bei Frauen? Und die Haare sind … hm … größer? Stimmt das denn, so, wie du, Firma Organon, das hinschreibst?

Egal. Irgendwann muss ja wohl die Stelle kommen, auf die wir warten, die Stelle mit der Mumu und dem Dings, na ja, du weißt vermutlich schon.

Also weiter im Text: » … als bei Frauen, deren äußeres Bild eher von runden, weichen und kleineren Formen bestimmt wird – «

Stopp! Hmm. So können wir das nicht bestätigen. Irgendwie dunkel ahnen wir, die wir hie und da schon mit Frauen zu tun hatten, was un­ter Umständen gemeint sein könnte, und doch nimmt unsere Verwirrung fortwährend zu. Schließlich haben Männer letztlich auch ganz beträchtlich »runde, weiche und kleinere Formen« bzw. Dinge am Körper, und zwar solche, die für gewöhnlich unmittelbar am … Dings … na ja, du weißt schon, appliziert sind, wenn du verstehst, was wir meinen.

Aber wann kommt denn die Stelle mit dem noch nicht namentlich erwähnten Dings, das »bei Männern«, nach allem, was wir wissen, angeblich auch »kräftiger, größer und stärker als bei Frauen« sein soll, obwohl es ja – um die Verwirrung an dieser Stelle komplett zu machen – auch eine bisweilen »weichere und kleinere Form« annehmen kann, und das du, Firma Organon, ums Verrecken nicht erwähnst, obgleich wir doch vom Lesen über Dreh- und Angelpunkte, berühmte kleine Unterschiede und größere Häute und Haare bei Männern schon ganz rammdösig sind?

Und dann, unverhofft, am Ende der Seite angelangt, schreibst du endlich Klartext: »Auch die äußeren und inneren Geschlechtsorgane zeichnen sich bei Mann und Frau vor allem durch ihre beeindruckende Funktionalität aus.« Ha! Ahnten wir doch von Anfang an, dass es hier ums Ficken geht!