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Mut zur Halbwahrheit

Neues zu 68. Kai Diekmann mag die so genannten Achtundsechziger bekanntlich nicht sonderlich. In seinem Buch mit dem Titel »Der große Selbst-Betrug – Wie wir um unsere Zukunft gebracht werden« hat der Chefredakteur der Bild-Zeitung sich an einer großen Abrechnung mit ihnen versucht.

In der Januarausgabe des Magazins Cicero wartet Diekmann mit weiteren Erkenntnissen auf: Die Achtundsechziger seien antisemitisch gewesen! Linke Studenten hätten 1969 den israelischen Botschafter mit der Parole »Zionisten raus aus Deutschland!« niedergeschrieen. Linke Terrorgruppen hätten mit antisemitischen Palästinensern zusammengearbeitet. Da hat Diekmann Recht. So mancher Achtundsechziger hielt es in irgendwelchen Politzirkeln mit den Juden letztlich wie seine Eltern in der Hitlerjugend, der NSDAP und der Wehrmacht. Aber welch Zufall: Über die Eltern, die es sich 1968 in allen Ecken des NS-Nachfolgestaats recht gemütlich gemacht hatten, spricht Diekmann nicht. mst

Die totale Kontrolle

Downloads. Weihnachten ist zwar längst vorbei. Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI) geht aber immer noch mit ihrem Wunschzettel hausieren. Doch nicht der Weihnachtsmann soll etwas bringen, sondern das EU-Parlament.

Der Verband der Tonträgerindustrie will 2008 den illegalen Tausch von Musikdateien im Internet wirkungsvoller bekämpfen. Die Parlamentarier sollen der IFPI helfen. Sie sollen die Provider unter Druck setzen, denn diese haben nach Ansicht der IFPI die »totale technische und kommerzielle Kontrolle über den Internet-Verkehr der Kunden«. In Zukunft sollten Provider den Datenverkehr ihrer Kunden kontrollieren und Tauschbörsen ihre Dienste verweigern und sie aus den Suchmaschinen verbannen. Ende Januar entscheidet der Kulturausschuss des Parlaments, ob er die Vorschläge des Verbands übernimmt. mst

Raus aus dem Bunker!

Ende eines Labels. Jugendschützer und Sozialpädagogen mögen die Nachricht mit Erleichterung aufgenommen haben: 2008 wird sich das Berliner HipHop-Label Royal Bunker auflösen. Das hat der Betreiber des nicht überall beliebten Labels, Marcus Staiger, in der vergangenen Woche auf der Internetseite der Firma verkündet.

»Einfach so. Einfach gehen. Gehen, wenn’s am schönsten ist«, begründet Staiger den Entschluss, nach zehn Jahren die Arbeit zu beenden. Natürlich geht niemand, wenn es am schönsten ist. Man geht, bevor das Schlimmste kommt. Unter Umständen ist das Ende von Royal Bunker also nur Ausdruck der allgemeinen Entwicklung des Genres in Deutschland: Die Möglichkeiten sind ausgereizt, die Reviere verteilt. Nach lustigem Mittelklasse-HipHop, ernstem Polit-, bösem Gangsta-, peinlichem Porno-Rap und all dem anderen Kram kann nichts sonderlich Neues kommen. Staiger hat die Lage erkannt: Der deutsche HipHop wird erwachsen. Und am besten löst er sich einfach auf. mst

Was guckst du?

Fernsehen. Es geht ein Ruck durchs Land: Die Deutschen haben 2007 tatsächlich weniger Zeit vor dem Fernseher verbracht als in den Vorjahren. Erwachsene saßen im Durchschnitt täglich 212 Minuten vor ihren Geräten, Minderjährige 178 Minuten. Das sind beachtliche fünf Minuten weniger als 2006. Nun stellt sich beim Fernsehen natürlich nicht nur die Frage der Quantität, sondern auch der Qualität. Da wird es ernüchternd: Die meistgesehene Sendung 2007 war das Handball-WM-­Finale zwischen Deutschland und Polen. Die erfolgreichste Show war »Wetten, dass...?«. Der Film mit der höchsten Zuschauerzahl war die Vertriebenenschmonzette »Die Flucht«. Da fallen fünf Minuten Pinkelpause nicht ins Gewicht. mst