LeserInnenworld

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Jungle World 2/08: Eins mit der Scholle

Ur-Heimat des germanischen Geistes

Dass die Romantik keine alleinig deutsche Affäre (Affäre im Sinne von Angelegenheit) ist, sondern eine gesamteuropäische Epoche war, ist sicherlich irreführend an Safranskis Buchtitel »Romantik. Eine deutsche Affäre«. Jedoch ist ihm zumindest insofern Recht zu geben, als dass die deutsche Romantik ein besonderer Auswuchs war und vielleicht schon in ihr das Problem der welt- und politikfernen deutschen Innerlichkeit liegt. Liest man das Wort Affäre als Liebesverhältnis, wird zwar einerseits die geheimnisvolle Verbindung der deutschen Seele mit dem Dämonischen angedeutet, andererseits findet damit eine überhistorische Anthropologisierung eines vermeintlich existierenden deutschen Wesens statt, der sich Safranski wahrscheinlich nicht bewusst war. Vergegenwärtigt man sich den Einfluss Fichtes auf die deutsche Romantik und trennt dabei die Person nicht von ihrem Werk, dann bleibt neben der von ihm geleisteten grenzenlosen Überhöhung des Subjekts, für das die objektive Wirklichkeit nach Fichte irrelevant ist, noch ein anderer bitterer Nachgeschmack. In Fichtes Idee der Judenemanzipation war schon die Idee der Judenvernichtung angelegt, wenn er kurz nach der Französischen Revolution schreibt, den Juden Bürgerrechte zu geben, dazu sehe er »wenigstens kein Mittel, als das, in einer Nacht ihnen allen die Köpfe abzuschneiden, und andere aufzusetzen, in denen auch nicht eine jüdische Idee sei«. Die deutsche Romantik war die große Sehnsucht, in die halluzinierte Ur-Heimat des germanischen Geistes heimzukehren. Schöne Grüße und macht weiter so!

marcel matthies

Jungle World 3/08: Drill für Dumpfbacken

Eine Verantwortung wird nicht übernommen

Da habt ihr euch aber was geleistet: »Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt. Das kann man derzeit leicht verändert übernehmen: Nicht der ausländische Jugendliche ist kriminell, sondern die Situation, in der er lebt – und dementsprechend verhält er sich.« Das schreibt Burkhard Schröder tatsächlich. Ob er’s so meint? Zumindest könnte er folgendermaßen verstanden werden: Dass erstens »der Homosexuelle« sich auch entsprechend der Situation verhält, in der er lebt, folglich in anderen gesellschaftlichen Verhältnissen nicht mehr homosexuell zu sein bräuchte. Der Glückliche. Und dass zweitens »Kriminelle« Opfer der Verhältnisse seien, sie keinerlei Verantwortung für ein wie auch immer bewertetes und zu bewertendes Handeln trügen – ob unter gegebenen oder anderen Umständen. Shit. Ob Homosexueller oder Gewalttäter: verfehltes und gänzlich unmündiges Produkt der Gesellschaft. Shit.

seb