Nachrichten

Die Kunst des Mitmachens

Protest gegen Nokia. Bild, Peter Struck (SPD) und Horst Seehofer (CSU) haben kürzlich die Parole ausgegeben: »Nokia-Mobiltelefone wegwerfen!« Einer Umfrage von NTV zufolge würden 80 Prozent der Deutschen dem Aufruf folgen und das von Jürgen Rüttgers (CDU) als »Subventionsheuschrecke« bezeichnete Unternehmen so dafür bestrafen wollen, dass es ein Werk in Bochum schließen wird. Der Kunstbetrieb der Stadt steht dieser Volksfront nun ebenfalls zur Seite.

So ließ der Intendant des Bochumer Schauspielhauses, Elmar Goerden, im Foyer eine »Nokia-Tonne« aufstellen. Innerhalb einer Woche hätten schon 20 Besucher ihre Geräte weggeworfen. Die Bochumer Symphoniker leisten zwar auch ihren Beitrag im Kampf gegen die »Subventionsheuschrecke«, rufen aber nicht dazu auf, Elektronikschrott zu erzeugen. Das Orchester gab am Wochenende ein Konzert zugunsten der Belegschaft von Nokia. mst

Dauerbeleidigt

Karikaturenausstellung. Wenn Kunst im Museum landet, hat sie für gewöhnlich ihre beste Zeit hinter sich. Sie soll nur noch bewundert werden, aber nicht mehr provozieren. Bei den zwölf Zeichnungen, die demnächst im dänischen Medienmuseum dauerhaft ausgestellt werden, könnte es sich jedoch anders verhalten.

Wie Ervin Nielsen, der Direktor des Museums in Odense, in der vergangenen Woche der Presse mitteilte, sollen die so genannten Mohammed-Karikaturen in einer Dauerausstellung präsentiert werden. Sie waren im September 2005 in der Tageszeitung Jyllands-Posten veröffentlicht worden, was wegen der vermeintlichen Beleidigung des Propheten zu gewaltsamen Massenprotesten in etlichen, islamisch geprägten Ländern und Morddrohungen gegen den Karikaturisten und die Verantwortlichen der Zeitung führte. Nach Nielsens Angaben soll die Schau auf Probleme bei der Ausübung der Presse- und Meinungsfreiheit aufmerksam machen. mst

Graffito is a crime

UN-Sprayer. Seit 19 Jahren stehen sich UN-Soldaten in der Westsahara die Beine in den Bauch. Langweilig kann einem in dem dürren und öden Landstrich, der seit 30 Jahren von Marokko besetzt ist, sicherlich werden. Mehrere Mitglieder der Truppe haben sich ihre Zeit damit vertrieben, die so genannten Devil Mountains mit Graffiti zu verzieren. Übermalt haben sie dabei jedoch die in die Felsen eingeritzten und aus prähistorischer Zeit stammenden Bilder von Menschen und Tieren. Nach Angaben der UN erhalten die Soldaten Disziplinarstrafen. Mitarbeiter der Unesco werden die Graffiti entfernen. Und überhaupt weiß doch jeder Sprayer: Die Bilder anderer übersprüht man nicht. mst

Schweinerei!

Kinderbuch. »Rabbis, Muftis und auch Pfaffen / sind, wie wir, nur nackte Affen.« Kein Zweifel – phantasievoll ist der Vers nicht. Aber muss man ihn gleich verbieten?

Dieser Ansicht ist das Bundesfamilienministerium: Das Kinderbuch »Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel«, in dem die Zeilen zu finden sind, sei jugendgefährdend und hetze Kinder gegen die Weltreligionen auf. Außerdem werde das Judentum »als besonders Angst einflößend und grausam dargestellt«, das Buch weise »antisemitische Tendenzen« auf. Vor nicht allzu langer Zeit wurde der Autor des Ferkel-Buchs, Michael Schmidt-Salomon, in iranischen Medien noch als »zionistischer Agent Israels« bezeichnet, da er die PR-Kampagne »Wir haben abgeschworen!« des Zentralrats der Ex-Muslime geleitet hatte. Nun ist er also ein Antisemit. So schnell kann es gehen, wenn man im Ministerium der überaus christlichen Ursula von der Leyen (CDU) sein Herz fürs Judentum entdeckt. mst