Im Denunziantenstadl

Das Medium von elke wittich und boris mayer

Jahrzehntelang hatte das Gruseln seinen festen Sendeplatz: Einmal im Monat, freitags, bat Eduard Zimmermann das Publikum zur Verbrecherjagd. Unter den Zuschauern waren erstaunlich viele Kinder, denn »Aktenzeichen XY ungelöst« zu gucken, galt als Mutprobe, mit der man montags auf dem Schulhof angeben konnte.

Einige der für die damalige Zeit sehr eindrücklich gefilmten Fälle haben die Kinder von einst offensichtlich immer noch nicht losgelassen. Und so rätselt man noch heute, was die Buchstaben YOGTZE wohl bedeuten könnten, die ein sich offenkundig verfolgt fühlender Mann zu Hause auf einen Zettel gekritzelt hatte, bevor er, viele Stunden später, nackt in einem verunglückten Wagen neben einer Autobahn starb.

Viele dieser alten, ungelösten Fälle kann man mittlerweile bei Youtube anschauen. Sich freitags bei »XY« zu gruseln, ist dagegen nicht mehr möglich, denn die Sendung wurde verschoben und lief nun zum ersten Mal im neuen, auf 90 Minuten verlängerten Format am Mittwoch­abend.

Die Eröffnungsszene ließ Schlimmes erwarten: Moderator Rudi Cerne zerschlug mit einem Stahlhammer eine vor der Kamera angebrachte Glasscheibe – aber dann gab es statt eines frenetisch klatschenden Studiopublikums und SMS-Votings doch nur wieder den guten alten Denunziantenstadl, mit aufgeregten Kommissaren, traditionell immer gleich aussehenden Fahndungsfotos und verwackelten Bildern von Überwachungskameras. Und alte Fälle werden anscheinend nun auch häufiger wieder aufgerollt – gute Chancen, vielleicht doch noch herauszubekommen, wofür die Buchstabenkombination YOGTZE nun eigentlich gestanden hat.