Die NPD soll pleite gehen

Lasst die NPD untergehen!

Wenn die NPD pleite geht, würde das auch den so genannten Freien Kräften schaden, denn die profitieren von der Infrastruktur der Partei.

Nach der unendlichen Verbotsdiskussion folgt jetzt die Frage: Geht die NPD pleite? Und wenn: Wäre das gut? Stellen wir uns doch einfach einmal vor, was wäre, wenn die NPD wegen Bankrotts jeglichen operativen Betrieb einstellen müsste.
Als erstes verliert dank der Pleite eine ganze Reihe recht unangenehmer Zeitgenossen ihren Job. Spätestens mit Ende der Legislaturperioden in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern betrifft dies dort auch die bisher recht selbstzufriedenen Landtagsabgeordneten und deren Gefolge. Infolgedessen werden nicht wenige »offizielle« Nazis (also Nazis, die nicht nur welche sind, sondern sich auch als solche bezeichnen und zusammenschließen) nicht mehr dafür bezahlt, dass sie für Volk, Reich und im Namen des Partei­vorsitzen­den der Menschheit politischen Schaden zufügen. Stattdessen müssen sie wieder in ihren Berufsalltag zurückkehren, der sie jeden Tag schrecklich viele Stunden von ihren politischen Aktivitäten abhält.
Sofern übrigens ihre Gehälter vorher aus dem Staatshaushalt bezahlt wurden, haben die Finanzminister nun wieder einige Millionen mehr zur Verfügung, die sie zum Beispiel in Zivilisierungsprojekte für die NPD-wählende Bevölkerung stecken könnten. Falls aber die nun arbeitslosen Ex-NPD-Politiker zur nicht geringen Zahl derer ge­hören, die ihr Gehalt immer nur inoffiziell vom Staat erhalten haben, ändert sich zugegebenerma­ßen nicht viel an ihrer Situation. Die entsprechenden Dienste, auf deren Gehaltsliste sie stehen, finden garantiert genügend andere Nazi-Organisationen, die sie unterwandern – oder aber auch aufbauen – können.
Trotzdem werden sich die sogenannten Freien Kräfte sicher erstmal über die Pleite der NPD freuen. Partei- und Abgeordnetenschelte ist bekanntlich eines ihrer beliebten Mittel, sich als der wahre nationale Widerstand zu profilieren. Die Freude wird allerdings nur kurz währen. Ohne die Finanzen aus Landtagsbüros und anderen Par­teistrukturen wird auch den »Freien« einiges an Ressourcen wegbrechen. Politische Arbeit kostet nunmal Geld. Und wenn die Servergebühr für die Weltnetzseite nicht mehr vom Parteikumpel bezahlt wird, wenn »Freie Nationalisten« wie der Delitzscher Maik Scheffler kein Gehalt mehr als NPD-Wahlkampf-Organisationsleiter bekommen und wenn die Partei auch nicht mehr das ei­ne oder andere Flugblatt finanziert, wird es auch bei den angeblich »parteifreien« Kameraden enger. Wer zahlt dann die Busse nach Dresden zum jährlichen Aufmarsch?

Und nicht nur das: Auch die Parteibüros werden verschwinden. Ob Berlin, Zwickau oder Leipzig: wieder ein paar Treffpunkte weniger für Nazis vom JN-Kader bis zum rechten Hooligan. Schluss mit den gemütlichen Kameradschaftsabenden, den Schulungsveranstaltungen und Kampfsporttreffen. Besonders übel dürfte der Szene noch ein wei­terer parteigebundener Verlust aufstoßen: Kundgebungen, Rechtsrockkonzerte und Filmaben­de mit NS-Opas müssen ohne den juristischen Schutz durch die NPD auskommen. Wenn die Nationalisten Open-Airs wie das »Fest der Völker« nicht mehr als parteipolitische Veranstaltung de­klarieren können, haben unwillige Kommunen absehbar höhere Chancen, derartige Ereignisse zu behindern.
Am schönsten aber ist die Vorstellung, dass dem gemeinen NPD-Wahlvolk sein Sprachrohr ver­loren geht. Die zehn Prozent der sächsischen Bevölkerung müssten sich nun selbst etwas einfallen lassen, wenn sie ihre nazistischen Denk­rudimente in der Öffentlichkeit verbreiten wollen, da dies nun kein Landtagsabgeordneter mit Gewehrmunition in der Jackentasche mehr für sie erledigen kann. Da es bei autoritär strukturierten Geistern prinzipiell mit der Selbständig­keit etwas hapert, muss man nicht allzu viel Angst haben, dass die ehemaligen NPD-WählerInnen ihre Sache anschließend selbst in die Hand nehmen.

Schließlich wird auch die Art und Weise des Abgangs der Partei der nationalen Sache schaden. Langsam muss auch dem engstirnigsten deutschen Nationalisten auffallen, dass offenbar gerade ihre Bewegung Kader hervorbringt, die nicht nur primär für ihr eigenes Konto arbeiten, sondern sich dabei auch noch besonders dumm anstellen. Wenn das kein Grund ist, endlich Nationalstolz abzubauen, dann wäre noch immer ein weiterer anzubieten: Die meisten NPD-Kader haben es noch nicht einmal geschafft, sich von dem ganzen Geld auch nur annähernd optisch er­trägliche Anzüge zu kaufen.
Eine Pleite der NPD wäre also politisch, mensch­lich wie ästhetisch ein Schritt zum Guten. Und obendrein müsste man dazu nicht die autoritäre, obrigkeitsstaatliche und, ja, undemokratische Kröte des Parteienverbots schlucken. Nazistisches Denken ist damit freilich nicht aus allen Köpfen verschwunden. Aber man kann ja nicht alles auf einmal haben.