Anmut & Langnese

Wenn es einen alternativen Rockstar-Olymp gäbe, gehörte der Kreuzberger Liedermacher Funny van Dannen hinein, und zu seiner Linken säße der ein paar Jahre jüngere Rainald Grebe aus dem Prenzlauer Berg. Von beiden gibt es gerade neue Alben, van Dannens heißt »Saharasand«, Grebes »Das Hongkongkonzert«. Zwei äußerst bodenständige Typen mit anarchistischem Berlin-Humor singen mit einer Mischung aus Spott, Heimtücke und Hingabe über Finanzkrise, Erderwärmung, Globalkultur, und auch die Liebe in all ihren Schattierungen und niederschmetternden Erscheinungsformen kommt vor. Für Funny van Dannen ist es das mittlerweile 21. Album, und leider merkt man seinen »Katzenpissepistole«, »Simpsons-Plakat«, »Samenstau«, »Sozialismus« und »Anmut« betitelten Songs die Ironie-Routine auch an. Das klingt ganz lässig aus dem Ärmel geschüttelt. Reingeschmissen in die Stücke, wie das zu »Clubsongs«-Zeiten passierte, wird sich nicht mehr. Rainald Grebe dagegen wirft sich voll hinein, triggert das ganze Repertoire des Herzensbrecher-Liedermachers an und träufelt anschließend seinen Spott über die angerührte Klangsauce. Dem bei einem Konzert in Berlin aufgenommenen Album wurde der fiktive Rahmen eines Konzertabends in Hongkong verpasst, den Grebe als globaler Dienstleister und Alleinunterhalter in einem Hotel in der südchinesischen Metropole mit Coverversionen von James Blunt und Chris de Burgh bestreitet. Ein witziges Album mit vielen sehr, sehr hübschen Stücken. Langnese fürs Mittelohr, ja, aber immer auf Augenhöhe mit der Kritischen Theorie.

Funny van Dannen: Saharasand. JKP/Warner MusicRainald Grebe: Das Hongkongkonzert. Versöhnungsrecords