Auguste und August. Eine Erzählung

Auguste und August

Eine Erzählung.

Vom Schloss (Palac) in Milicz in der Woiwodschaft Niederschlesien (Wojewodztwo Dolnoslaskie) sind mir zwei Beschreibungen bekannt. Die eine stammt von einer gewissen Maria von Maltzan, die in dem Haus geboren wurde und nie über das Recht der Primogenitur hinwegkam, das nicht sie zur Erbin des hübschen Anwesens machte, sondern ihren Nazi-Bruder Carlos, der das Erbe 1928 antrat und 1940 verstarb, als er seinem Führer Adolf helfen wollte, die Maginot-Linie zu erstürmen.
Die andere Beschreibung stammt von Otto Paul Thomas Chotjewitz, meinem leiblichen Vater, der 1975 an Leberzyrrhose starb. Seine Erinnerungen, die er mir 1970 im Kinderzimmer unserer Mansardenwohnung in Kassel ins Uhergerät diktierte, kosteten mich pro Aufnahmetag eine Flasche Doppelkorn und einen Kasten Bier, fünf Flaschen also und fünf Kisten.
Er lebte im Schatten des Schlosses, vierzehn Jahre lang und danach noch sechs, während derer er seine Mutter Auguste zuweilen besuchte, doch nie beschrieb er mir das Schloss als solches, weder von außen, geschweige denn von innen. Er sah, wie es scheint, nie etwas anderes als die Mauer, die den Park umgab, in dem sich das Schloss befand, und es war diese Mauer, die er mir wieder und wieder beschrieb, als wäre sie für ihn und seinesgleichen ein Inkubus gewesen und zugleich ein Sukkubus.
Die Lebensdaten der beiden Erzähler: Sie war das Nesthäkchen der Sippe, kam 1909 zur Welt, er 1900 als Vorletzter einer elfköpfigen Brut, hätte also der polnische Flegel sein können, dem sie im Alter von elf Jahren in heller Wut die Reitpeitsche einmal quer übers Gesicht schlug. Da ich aber weiß, dass mein Väterchen das Städtchen Milicz mit vierzehn Jahren verließ, um beim Matzenbäcker in Kalicz zu lernen, wie man nicht nur Matzen, sondern auch zauberhafte Torten und anderes süßes Backwerk herstellt, und 1920 nach erledigtem Kriegsdienst in der Lausitz im Braunkohletagebau zu schuften, kann er nicht jener freche Polenjunge gewesen sein, der der wilden Komtess ein Steinchen hinterherwarf, als sie auf ihrem Pony über die elterlichen Stoppelfelder galoppierte und die Wasserpolacken in eine Staubwolke hüllte.
Mein Großvater August Wilhelm kann es auch nicht gewesen sein, denn der starb 1909, im selben Jahr also, in dem die Komtess zur Welt kam, deren Erzählungen zwar ein interessantes Dokument sind, vor allem in jenem Teil, der sie als mutige Antifaschistin zeigt, jedoch kundtun, dass es um ihre literarische Begabung nicht gut bestellt war.
Die Erzählungen meines Vaters Otto hingegen sind experimentelle Literatur, wie ich sie in den sechziger Jahren, als ich anfing, nicht besser hätte schreiben können.
Immer wieder verliert er sich in Details – das stundenlange sinnlose Abknallen von Fasanen durch allerlei adliges Gesocks auf einer Lichtung des Waldes zum Beispiel, oder das Defilee zu Kaisers Geburtstag, bei dem das in Milicz stationierte ersten Ulanen-Regiment Kaiser Alexander III. an der gräflichen Familie, den Magnaten der umliegenden Standesherrschaften und dem Adelspack, das früher in Milicz gedient hatte, vorbeizog und viel Staub des wie üblich rechteckigen Markplatzes (heute: Rynek) aufwirbelte.
Was für die kleine Komtess ein langweiliges Spektakel war, eignete sich für den neun Jahre älteren Otto und seine Freunde als Einnahmequelle. Sie standen vor den Türen des Offiziers­casinos, der Restaurants, Hotels und der drei Bordelle, die im zweiwöchentlichen Rhythmus neu bestückt wurden. Sie hielten Kleiderbürsten und Schuhputzzeug parat, öffneten den Verschlag der Kutschen, rissen Türen auf, buckelten, nahmen das Almosen in Empfang und rotzten dem Offizier, wenn das Entgelt allzu dürftig ausfiel, von hinten gezielt auf den Uniformrock.
Im übrigen waren auch die Jagden der Herrschaften, an denen manchmal auch ein kaiserlicher Prinz teilnahm, für meinen Otto nicht nur ein widerliches Treiben, sondern auch eine Quelle des Trinkgeldes, denn es waren die Barfüßigen, die die Fasane aus dem Unterholz aufscheuchen mussten, was nicht ungefährlich war, da die Herrschaften sofort losballerten, wenn ein Fasan losflatterte, sodass manchmal auch ein Halbwüchsiger aus dem Städtchen auf der Strecke lag.
Novellen von Proustscher Ausführlichkeit stehen in diesen ottonischen Erzählungen leeren Stellen gegenüber, und hinter manchen Lücken des mehrere hundert Seiten umfassenden Typoskripts vermute ich literarische Schätze.
Der Text bestand, vermute ich, an diesen nicht dechiffrierbaren Stellen aus einem alkoholisierten Gelalle, das den last words of Dutch Shultz in der Fassung von William Burroughs entsprechen könnte, vielleicht sogar völligem Verstummen, da nicht nur der Erzähler, sondern auch ich inzwischen eingeschlafen war, alles Lässlichkeiten, die einer am väterlichen und vaterländischen Pflichterfüllungsbewusstsein geschulten Tochter eines preußischen Offiziers und Grundherren nicht widerfahren wären.
Das gräfliche Schloss, das ich als Aufhänger für meine wirren Nachrichten gewählt habe, ist in den Memoiren der Gräfin, die 1986 erschienen, als die Lady siebenundsiebzig Jahre alt war, eine Ansammlung von Innenräumen, denen eine Außenwelt gegenübersteht, in denen kein standesgemäßes Leben stattfindet.
Der Stand der Magnaten ist außerhalb des Schlossparks stark ausgedünnt und besteht nur noch hier und da aus einem Adelsmann, der seine monadenhaften Kreise zieht und für ein warmes Bett und eine stärkende Suppe taugt, jedoch keinen Halt gibt.
Frau Maltzans Erzählungen zeigen uns, wie einsam und hilflos sich ein Mensch von Uradel nach der Revolution von 1918 fühlen musste, vor allem ab 1933, als der nationalsozialistische Pöbel das Standesbewusstsein dieser untergehenden Klasse mit Füßen trat.
In den Erzählungen meines Vaters Otto ist das Schloss eine Zitadelle, der die Stadt als Glacis und Kolonie, die es auszubeuten gilt, gegenübersteht, eine abweisende Anlage, in der wie ein Drache der Graf von Maltzan haust, Betreten auf eigene Gefahr. Als Otto zu Weihnachten 1918 im Schlosspark, der so groß ist wie der Tiergarten in Berlin, eine Weihnachtstanne klaut, da seine Mutter Auguste sich keinen Baum leisten kann, lässt ein entfernter Verwandter, der beim Grafen als Förster dient, auf ihn schießen.
Die Gräfin beginnt ihre Aufzeichnungen mit dem Hinweis, dass man im Schloss zum Dinner Abendtoilette getragen und die Tischsitten des kaiserlichen Hofes nachgeahmt habe, und fügt stolz wie ein Pudel hinzu, dass die Maltzans gelegentlich bei Kaisers zu Gast waren.
Penibel zählt sie auf, denn es ist ihre Herkunft, die es ihr ermöglicht, Hitler zu verachten: dreiundneunzig Zimmer, etliche Säle, ein Haushofmeister, eine französische Gouvernante, eine englische Gouvernante, Hauslehrer, Hofkünstler und vor allem viel Personal.
Zitat: Wir Kinder waren mit unseren Kinderfrauen und Gouvernanten im schönsten Teil des Schlosses untergebracht, in der ersten Etage des Altbaus zwischen der mittleren und der äußeren Kuppel, die kupfergedeckt und mit Patina überzogen war.
Wo mein Vater Otto und seine zehn Geschwister untergebracht waren – zwei starben im Alter von zwölf Jahren während einer Diphterie-Epidemie –, wo also die Auguste mit ihrem August lebte, bis sie in ein anderes Haus umzog, das ich immerhin entdeckt habe, weiß niemand. Der Otto spricht von einer Siedlung am Stadtrand, vier primitive kleine Wohnungen pro Haus, in denen Arbeiter hausen mussten, die in gräflichen Diensten standen.
Imponierend auch der Besitzstand der gräflichen Erzählerin, mit dem sie ihrer Leserschaft, die überwiegend aus Heimatvertriebenen bestehen dürfte, deren Vorfahren einst selber Plebejer oder Proleten waren, zu imponieren versucht: Achtundvierzigtausend Morgen Ackerland, Wiesen, Wald und Wasser in einer Landschaft, die mit zum Schönsten gehört, was Polen zu bieten hat, zwölf Güter, die von einem Landwirtschaftsdirektor verwaltet wurden, dem die ­Inspektoren unterstanden, Ackerbau und Viehzucht, Forst- und Fischwirtschaft, ein Gestüt, Sägewerk, Molkerei, Brennerei, Brauerei.
Mit fünf bekommt die Komtess ein eigenes Pferd.
Als der Otto fünf ist, wird er zum ersten Mal von seinem Vater August mitgenommen auf große Fahrt. Die Auguste ist krank, die älteren Geschwister sind aus dem Haus, die Mädchen in Stellung, in Breslau und Berlin, die Jungen in der Lehre oder schon im Beruf als Polsterer, Maurer, Kürschner. Der August ist Kutscher bei einem Lebensmittelgroßhändler. Von Montag bis Samstag ist er unterwegs, schläft im Stall bei den Pferden, wäscht sich am Brunnen vor dem Tore, lehrt den Sohn den Lauf der Gestirne und wie man sich niemals verirrt im dunklen Wald.
Ich habe der letzten Reise Augusts im Winter 1909 ein kleines Denkmal gesetzt in meiner Erzählung von Witwen und Waisen, die ich 1965 im Herbst der so genannten Gruppe 47 vortrug – Perlen vor die Säue.
In aller Herrgottsfrühe zieht der August mit dem Planwagen voller Lebensmittel und Haushaltswaren über die Dörfer bis an die russische Grenze, die bei Kalisz verläuft, einen großen Hund neben sich auf dem Kutschbock, der ihn vor Wegelagerern und Wölfen schützen soll. Der Sohn, mein Vater, liegt hinten im Wagen auf den Säcken, wo es nach Heringslake und Petroleum riecht.
Einmal, es ist Winter und schon dunkel, wacht August auf und stellt fest, dass der Köter eingeschlafen ist. Der Gedanke, in welcher Gefahr er sich befunden haben könnte, macht ihn rasend. Entsetzt schaut der Junge zu, wie der Vater, den er als milden Menschen kennt, den Hund vor Wut erschlägt.
Auguste Emilie Luise, eine geborene Hein, stammte aus Sulow (früher Sulau), wo ihr Vater mit seinem Sohn zwei Pachtmühlen bewirtschaftet, die einem Grafen gehörten, der nach Ottos Erinnerungen Seidlitz hieß. Endlose Rechtsstreitigkeiten mit dem Kerl um Wegerechte, die die Heins schließlich in den Ruin trieben.
Wie das?
Gegen einen Grafen konntest du damals nicht anstinken. Wir lebten wie die Sklaven.
Den Heins blieb unter den Lauben des Rynek von Sulau ein Verkaufsstand vor ihrem Haus, wo sie landwirtschaftliche Produkte aus ihrem kleinen Bauernhof verkauften, aber auch Spezereien.
Wie und wo die 1862 geborene Auguste ihren drei Jahre älteren August Wilhelm kennen lernte und warum wir die beiden schon bald in Milicz treffen, habe ich nicht herausgefunden.
Eine Heiratsurkunde der zwei besitze ich nicht. Auch keine Geburtsurkunden. In Augustes Totenschein steht, dass sie in Wirschkowitz, Kreis Milicz, in die Welt gekommen, mit dem Kutscher August Wilhelm Chotjewitz, zuletzt wohnhaft in Milicz in Schlesien, verheiratet gewesen und am 18. August 1944 verstorben sei.
Ein Gerücht besagt, ihr August und sein Bruder seien polnischer Abstammung und Gärtner beim Grafen gewesen.
Als sich der Windmüller Hein nun beim Herrn von Seidlitz über die Schwangerschaft seiner eben mal achtzehnjährigen Tochter beschwert habe, habe der Adelsmann die zwei Chotjewitze von seinem Anwesen getrieben, denn so sehr der deutschblütige Niederschlesier den gemeinen Polen als Arbeitskraft schätzte, für die Fortpflanzung brauchte er ihn nicht.
In den ersten Erzählungen meines Vaters Otto hat der August mit der Auguste bereits ein knappes Dutzend Kinder gezeugt, ist mit ihr verheiratet, ist Bierkutscher in der Brauerei der Maltzans. Jeden Vormittag schickt die Auguste den kleinen Otto mit einer großen Kanne in die Bierfabrik, das Deputat abzuholen, aus dem sie eine tadellose Suppe zu köcheln weiß. Dass mein Vater und mehrere seiner Brüder Alkoholiker waren, schiebe ich gerne auf diese Suppe, die, wie es scheint, täglich auf dem Mittagstisch stand.
Was weiß mein Väterlein über die Miliczer Gesellschaft, die in den Memoiren der Gräfin nur aus ihrer Familie zu bestehen scheint und den Schlosspark nicht einmal zur eigenen Beerdigung verlässt?
Ganz Milicz besteht nach Ansicht meines Vaters Otto damals aus zwei annähernd gleich großen Bevölkerungsgruppen – der Kavallerie und dem Proletariat nämlich –, und da man den Grafen zur Kavallerie zählen muss und das Proletariat ohne den Grafen und die Kavallerie kein Auskommen gehabt hätte, gab es im Grunde nur eine Klasse.
Natürlich gab es Handwerker, Kaufleute und Beamte, es gab die Gastwirte, und da waren auch noch die Huren der drei Bordells, die Beamten von Post und Bahn und Gendarmerie. Da aber auch sie von der Garnison, vom gräflichen Hof und den vielen Wirtschaftsbetrieben des Grafen lebten, dürfen wir sie jedenfalls nicht dem Proletariat zurechnen. Vor allem die Mützenmacher, Uniformschneider, Sattler, Schuhmacher, Stellmacher, Kutschenbauer, Lieferanten von Champagner und Gänseleberpastete.
Dann war der Kommandeur der Garnison der höchste gesellschaftliche Repräsentant in ­Milicz?
Nein, das war der Graf.
Wie groß die Gruppe der Polen war, habe ich nicht herausgefunden. Der Otto sprach nicht darüber, nur dass seine Vorfahren in alter Zeit, als das Großfürstentum Litauen und das Königreich Polen in einer Adelsrepublik einander verbunden waren, in der litauischen Hauptstadt Vilnius gelebt hätten. Ein Chotjewitz, der sich Chodkiewicz geschrieben habe, sei während der Kriege mit den Schweden und den Osmanen ein hoher Offizier gewesen, ein anderer habe in Warschau in einem richtigen Palast gelebt, und noch heute gebe es in polnischen Städten eine nach einem der beiden oder beiden benannte Straße, die ulica Chodkiewicza.
Warum aber sprach mein Vater Otto, der ein unreligiöser Anarchist war mit einer gehörigen Portion Klassenhass auf alles Militärische, Adlige, Preußische, so wenig über die Herkunft seines Vaters August Wilhelm, wenn dieser ein Pole war?
Es gab in Milicz eine polnische Minderheit. Woher sie kam, wissen wir nicht. Vielleicht seit Generationen in Niederschlesien ansässig. Vielleicht waren viele von ihnen Saisonarbeiter, die im Winter Löcher ins Eis der Teiche schlugen und Weihnachtskarpfen aus dem Wasser holten.
In den Erzählungen der Gräfin sind sie lustige Burschen, die gut tanzen konnten, was vor allem die Angestellten ihres Vaters ungern sahen, aber auch wilde Kerle, schwer beherrschbar, die zuweilen mit dem Messer aufeinander losgingen.
Während des Ersten Weltkriegs wird Jagd auf sie gemacht in den noch heute tiefen Wäldern von Milicz, wo sie gegen die Preußen für die Wiederherstellung Polens kämpfen, was ihnen 1918 auch gelang. Nach dem Ersten Weltkrieg liegt Milicz nur noch wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Die Provinz Niederschlesien fiel ihnen allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg in den Schoß.
Die Tatsache, dass auch dieser Landstrich ursprünglich polnisch war, Ende des fünfzehnten Jahrhunderts nach dem Tod des letzten Herzogs vom Stamm der Piasten an den König von Böhmen und Ungarn fiel, danach von deutschen Standesherren kolonisiert wurde und erst Mitte des achtzehnten Jahrhunderts von den Preußen usurpiert wurde, verschweigt die Gräfin.
Auch dass die Herrschaft Milicz erst um 1700 an die Maltzans kam, bemerkt sie nur am Rande.
Der Otto hingegen weiß es noch, und ich frage mich, woher er es wusste.
In den Erinnerungen der Gräfin ist die Ruine aus rotem Backstein im Park ihres Vaters der Rest einer Burg, die ihre Ahnen in alter Zeit aufgegeben haben.
Der Otto dagegen bezeichnet sie als eine Burg der Piasten. Tatsächlich scheint die Festung in polnischer Zeit eine Nebenstelle des Bistums Breslau gewesen zu sein.
Warum aber, wenn er das wusste, diktiert er mir ins Mikrophon, Proletarier polnischer Herkunft seien in Milicz quasi nicht präsent gewesen?
Eine vulgäre psychosoziale Erklärung: Wenn die Polen in Niederschlesien gering geschätzt wurden, lag es nahe, sich von ihnen zu distanzieren, noch dazu, wenn man selber polnische Vorfahren hatte. Und hatte der August nicht eine Deutsche geheiratet, wie nach ihm sein Sohn Otto? Wurde bei den Chotjewitzens zuhause nicht Deutsch gesprochen, und haben nicht alle Nachkommen die niederschlesische Heimat so schnell wie möglich verlassen – Jahrzehnte bevor das Land wieder polnisch wurde?
Nur Auguste blieb zurück, hoffte auf Besuch ihrer Kinder und Kindeskinder aus dem Westen, doch keiner kam, wie es scheint.
Meine Mutter, eine waschechte Berlinerin, aufgewachsen am Stralauer Platz und zeitweise auch am Damm der S-Bahn in Charlottenburg, hat ihre Schwiegermutter im fernen Schlesien nie gesehen.
Der Otto besuchte sie zweimal noch. Das erste Mal, als ich viereinhalb Jahre alt war. Das zweite Mal zu ihrer Beerdigung, fünf Monate vor dem Einmarsch der Roten Armee, die im August 1944 schon große Teile Polens von den Deutschen befreit hatte und an der Weichsel stand.
Die Geschichte meines ersten Besuchs bei Auguste gehört zur Familienchronik. Eines Tages kommt ein Telegramm, Absender eine Nachbarin, die Auguste liege im Sterben. Der Otto möge sich eilen, wenn er seine Mutter noch einmal umarmen wolle.
Er nahm mich mit, denn auch mich hatte die Großmutter bis dahin nicht erlebt.
Ich sehe mich im schlesischen Bahnhof stehen. Es dunkelt schon. Es ist saukalt und der Wind treibt Schnee in die Halle. Schnee, der zwischen den Gleisen liegt.
Es ist fast hell, als wir in Milicz vor dem Haus stehen, das ich an einem schwülen Augusttag des Jahres 2009 fotografieren sollte. Von drinnen hört man, wie jemand in der Küche mit den Herdringen hantiert.
Es ist die Auguste. Sie ist quietschfidel und kerngesund, trotz ihrer achtundsiebzig Jahre. Ich besitze ein Foto, das einzige, das ich von ihr habe. Sie sitzt in einem Sessel mit Armlehnen. Am Hals trägt sie ein zierliches Schmuckstück, eine Mondsichel, vermutlich Silber. Sie, die Sichel des Mondes, bildet einen Kreis, einen fast geschlossenen Kreis, der einen fünfzackigen Stern umschließt. In den Händen, die im Schoß liegen, hält sie ein Buch. Sie ist schwarz gekleidet. Die langärmlige, hochgeschlossene Bluse hat ein Krägelchen. Ihre Lippen sind geschlossen und schmal, das Gesicht hat keine Falten. Sie ist etwa achtundsiebzig Jahre alt. Das dünne, schwarze Haar liegt dicht am Kopf und ist mittig gescheitelt. Die Nasenflügel stehen breit auseinander, die Augen liegen in dunklen Höhlen, keine Augenbrauen, wie es scheint. Hell schaut sie mich an, wach, ernst, aus weiter Ferne. Meine Frau behauptet, sie sehe unserer jüngsten Tochter ähnlich.
Vom August besitze ich kein Foto, nichts erinnert mich an ihn, und auch meine Erinnerungen an die Auguste sind spärlich. Das Klappern der Herdringe, der kalte Winter und das Sofa, auf dem ich schlief, das Foto, das ist fast schon alles. Wie es scheint, schlief ich während des ganzen Besuchs, und auch die folgenden Monate sind in nachtschwarzes Dunkel gehüllt – bis auf einige Lichtblicke: der Vater in Uniform in einer Berliner Kaserne im Frühjahr 1939, der davon spricht, dass er nun bald in den Krieg ziehen werde, der Winzling, den meine Mutter im Juni auf die Welt bringt, das Heim, in dem ich den Sommer verbringe.
Dann beginnen die Trompeten aus dem Radio zu erschallen, mindestens alle Stunde.
Was ich über den August und die Auguste weiß, steht in den Erinnerungen Ottos. Da besitzt sie einen Mondstein, den sie in den Händen hält, wenn sie ihrem Zweitberuf als Wahrsagerin nachgeht. Zum Kartenlegen birgt sie ihn in ihrem Schoß. Wenn sie in Ohnmacht fällt und halluziniert, weil sie das zweite Gesicht hat, kullert er auf den Fußboden.
Sie kann hellsehen. Manchmal begegnet ihr ein Mensch auf der Straße, der einen Strick um den Hals hat, dann weiß sie, er wird sich erhängen. Oder er blutet aus einer Schädelwunde. Dann weiß sie, er wird von der Leiter fallen und tot sein.
Hat sie den Leuten etwas von ihrem zweiten Gesicht erzählt?
Das hätte sie nie getan. Höchstens mal eine Andeutung. Ein Rat zur Vorsicht.
Einmal, es ist schon dunkel, sieht sie das Gesicht eines ihrer Söhne im Fenster. Er ist Soldat in Frankreich, er sieht traurig aus, lächelt vage. Im Verschwinden winkt er.
Der Otto und seine kleine Schwester, die letzten, die noch im Haus sind, finden sie am anderen Morgen auf dem Küchenfußboden, betten sie im Wohnzimmer aufs Sofa, wischen ihr den Schweiß von der Stirn, legen ihr Wadenwickel an. Nach drei Tagen steht sie wieder am Herd und klappert mit den Ringen. Euer Bruder Adolf ist tot, sagt sie.
Im Einwohnerverzeichnis von 1925 steht sie als Stellenvermittlerin. Stellenvermittlerin, meint der Otto, das sei sie schon vor dem Ersten Weltkrieg nach dem Tod ihres Mannes gewesen. Arbeitskräfte, vor allem, habe sie vermittelt, Dienstboten, Mägde und Knechte, Arbeiter, Kellner, Lehrjungen, aber auch Hochzeiten arrangiert und Grundstücke gemakelt.
Mit dem Handwagen zieht sie über die Dörfer rund um Milicz. Einen Teil ihres Maklerlohns erhält sie in Naturalien. Die Kinder dürfen aufsitzen, wenn die Beine ermüden, wenn auf dem Wägelchen noch Platz ist. Einmal hält sie inne, fasst sich an die Stirn, taumelt, fällt in den Graben, bleibt liegen. Mühsam zerren die Kinder die ohnmächtige Mutter auf den Handwagen und bringen sie zurück in die Stadt. Wieder ist einer ihrer Söhne vor Verdun gestorben, wo der Vater der Komtess als Offizier seine Männer ins gegnerische Trommelfeuer hetzt.
Auch sie habe zuweilen den sechsten Sinn gehabt, behauptet die Gräfin in ihren Memoiren – seltsame Koinzidenz. War Milicz die Stadt der Hellseher?
Eine strenge, gradlinige, selbstbewusste, zielstrebige, tüchtige, aber auch sehr liebevolle und freundliche Frau sei die Auguste gewesen, meint der Otto, und das scheint die Gräfin auch gewesen zu sein. Eine passable Widerstandskämpferin, die Juden und anderen Verfolgten das Leben rettete, ihnen zur Flucht verhalf und nicht einmal verzagte, als die Soldaten der Roten Armee die Gräber ihrer Eltern schändeten.
Es sei immer noch besser, meinte sie, als sie davon erfuhr, die Knochen der Toten im Park zu verteilen, als Menschen umzubringen, wie die Nazis es getan hätten.
Kein revanchistisches Wort findet sich in ihren Erinnerungen, das muss man ihr zugute halten.
Dass er mich, ich war gerade mal zehn, zur Beerdigung seiner Mutter mitnahm, habe ich dem Otto stets hoch angerechnet. Wir stehen vor dem Loch, neben dem der Erdhügel liegt, er hält mich bei der Hand. Ein paar Nachbarn sind gekommen. Es ist heiß, die Sonne brennt, und er pustet mir über die Stirn. Er trägt Uniform. Das Haus ist dunkel und kühl. Ein Neffe, der bei den Maltzans arbeitet, verspricht, die kleine Wohnung leerzuräumen, persönliche Gegenstände zu verwahren.
Wie es scheint, haben wir nichts davon erhalten. Wie es scheint, kam uns der zuvor, von dem schon auf der Beerdigung alle sprachen. Der Russe. Kein Andenken an die Auguste besaß der Otto, besitze ich, nur dieses eine Foto. Und den Totenschein, den ich vorgelesen habe.
Bevor wir abfahren, gehen wir in den Park der Maltzans. Das Tor steht weit offen, niemand hindert uns. Vor dem Schloss steht ein Lastwagen. Möbel und andere Gegenstände werden verladen. Der Otto erzählt von seinem Vater, stellt sich vor, wie er den Graben reinigt, der mit Entengrütze bedeckt ist, Rabatten anlegt, Bäume pflanzt.
Auch die Gräfin berichtet, dass sie in diesem heißen langen Sommer 1944, als die Rote Armee schon die östlichen Stadtteile der polnischen Hauptstadt erreicht hatte und zusah, wie die Nazis im Westteil von Warschau die Zivilbevölkerung abschlachten und die Stadt zu neunzig Prozent zerstören, ein letztes Mal in Milicz gewesen sei, um ihre Schwägerin zu überreden, wenigstens einen Teil der Kunstschätze ihres Vaters in den Westen zu retten, die kostbare Uhrensammlung, die Bibliothek.
Vergeblich. Die Schwägerin glaubt an den Endsieg.
Nostalgisch gestimmt flaniert die Gräfin, die sich im Laufe ihrer Erzählung glaubhaft als das schwarze, weil antifaschistische Schaf des Clans legitimiert, noch einmal durch die endlosen Zimmerfluchten, die Boudoirs der verstorbenen Mutter, auch sie aus Uradel, vorbei an den nach Süden gehenden Empirefenstern, deren Licht sie ins Museum geleitet, in die Bibliothek mit der Kupferstichsammlung, den ovalen Saal mit seinen dreißig Metern Länge und zehn Metern Breite.
Er war lichtblau gehalten und mit Empiremöbeln eingerichtet. Ich liebte diesen Saal sehr, denn in ihm hatten wir immer Weihnachten gefeiert.
Den kleinen Salon betritt sie, in dem die Por­träts der Geschwister hingen, das Renaissancezimmer mit den kostbaren Gobelins, das so genannte Marmorhaus, das unter einer der Kuppeln gelegene Esszimmer, die schönen Gästezimmer, und in allen Räumen und auf den breiten Gängen hingen wunderbare Gemälde.
Schönheit und Kultur, wohin man blickte.
Bevor sie die Stallungen betritt, wo die silberbeschlagenen Prachtgeschirre der Pferde hängen, die einst an den Hochzeitstagen die Kutschen ihrer sechs Schwestern zur Kirche, einer der sechs Gnadenkirchen Niederschlesiens, gezogen hatten, kommt sie zum ersten und letzten Mal in ihren Erinnerungen auch auf den menschlichen Teil der dienstbaren Geister des Hauses zu sprechen – das Schlosspersonal mit dem Haushofmeister an der Spitze, das sich am Heiligen Abend im ovalen Saal zum Defilee einfindet, um beschert zu werden.
Sie stellt sich vor, wie die Familienfeier für diesen Akt unterbrochen wird, und dann betreten den Saal die Diener bis hinunter zu den Buttonboys, den Lehrlingen, danach die Beschließerin und die Kammerfrauen, die ihre Mutter und ihre älteren Geschwister bedienen, und die Hausmädchen.
Es folgen der Koch, der nach Auskunft Ottos ein Asiate war, und das Küchenpersonal. Hinter ihnen haben sich der Oberkutscher, die Kutscher und die Staller angestellt, und sie alle bekommen von ihrem Vater Kuverts mit Geld und persönliche Geschenke, und dazu beutelweise Pfefferkuchen und alles, was so zu Weihnachten dazugehört.
Das alles weiß sie sich vorzustellen, und dass dies alles für immer verloren gehen soll, ist unbegreiflich und schmerzlich für sie, aber mit ihrer Schwägerin noch einmal darüber zu reden, erscheint ihr absolut sinnlos, denn die hatte schon gemeint, zu behaupten, die russischen Panzer würden nicht aufhören zu rollen, bis sie in Berlin stehen, sei eine äußerst defaitistische Ansicht, sodass sie sich entschließt, möglichst schnell abzureisen, um sich nicht zu gefährden.
So war das mit dem letzten Besuch der Gräfin, die sich vorstellte, was ihre Familie zu verlieren hatte, während die Auguste und der August und der Otto und alle seine Geschwister nicht mehr zu verlieren hatten als ein Leben von Zeit zu Zeit. An materiellen Gütern, die mich überdauern könnten, habe auch ich nur unsere Phantasie, und mit deren Hilfe könnte ich mir zum Schluss dieser kleinen Novelle nun auch etwas vorstellen.
Ich stelle mir vor, ich schreibe eine Novelle über ein Alter Ego. Einen Mann in meinem Alter, ich nenne ihn der Einfachheit halber August II., der sich vorstellt, sein Großvater August Wilhelm sei ein Nachfahre jenes polnisch-litauischen Generals Chodkiewicz, der in den Erinnerungen meines Vaters Otto kurz auftaucht.
Wo beginnt man zu suchen, wenn man eine solche Spur verfolgt? In Krakau, polnische Hauptstadt von Kasimierz dem Erneuerer, 1038, bis zum Umzug der Regierung nach Warschau gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts.
In einem kleinen jüdischen Hotel im alten Stadtteil Kasimierz an der Weichselstraße mietet er sich ein, mein Alter Ego August II., durchstreift das benachbarte Ghetto, isst kosher am Hauptplatz von Kasimierz, besucht alle sieben Synagogen, besichtigt den alten jüdischen Friedhof hinter der kleinsten neben dem Cafè Sarah, wo er frühstückt, bevor er zu seinen Exkursionen aufbricht.
Im Wawel, da könnte er liegen, jener legendäre Jan Karol Chodkiewicz, wenn er tatsächlich ein bedeutender Heerführer war, mit geringer Mannschaft 1605 bei Kirchholm gegen die Schweden, dargestellt auf einer Radierung des Antonio Tempesta, des römischen Malers der Gegenreformation, 1621 Sieg über eine schier unüberwindliche Übermacht irgendeines Sultans bei Chocim irgendwo in der Ukraine, vermutlich an der Grenze zu Moldawien, sitzend auf einem weißen Schimmel, wie anzuschauen auf einem Gemälde aus dem Jahre 1867. Tod noch vor dem endgültigen Sieg über die Türken, Retter des Abendlands, in ganz Europa gefeiert, begraben wo?
Vorsichtig umkreist August II. an einem glühendheißen Spätvormittag die Akropolis von Krakau mit ihren antiken Anspielungen, griechisches Amphitheater, römisches Stadion. In seiner Erinnerung führt der in Nürnberg hingerichtete Generalgouverneur von Polen, ein gewisser Frank, im Winter 1941/42 nach einem Empfang für den Boxer Max Schmeling, seine Gäste auf einen Balkon des Wawel. Vor ihnen dehnt sich die schneeweiße Nacht. In einiger Entfernung erkennt man die von den Nazis erbaute Mauer, hinter der die Krakauer Juden vegetieren. Bei Todesstrafe ist es ihnen verboten, den ummauerten Teil der Stadt zu verlassen. Sie tun es trotzdem, graben Gänge unter der Mauer. Nachts kriechen die halbwüchsigen Jungen durch diese Gänge, um in anderen Stadtteilen bei den geheimen Verteilungsstellen der polnischen Heimatarmee Lebensmittel und Dokumente abzuholen und ins Ghetto zu schmuggeln.
Wie die Ratten, sagt der Generalgouverneur ironisch. Der Herren lachen und die Damen heben die Röcke, wie Frauen es tun, wenn eine Maus oder eine Ratte durch den Raum läuft.
August erinnert sich an die Szene mit aller Deutlichkeit. Er hat sie in einem der Romane des italienischen Journalisten Curzio Malaparte gelesen, der an jenem Abend zu Gast beim Massenmörder Frank war. Er glaubt, sich ganz deutlich an sie zu erinnern.
Dann lässt Frank Gewehre verteilen, die Damen kichern, die Herren legen an. Ein Wuschelkopf erscheint am Fuß der Mauer. Einer der Offiziere schießt. Daneben. Frank nimmt ihm das Gewehr weg und schießt. Schnee fällt leise auf den Platz, heißt es bei Malaparte am Schluss der Episode.
August II. hat die ausgedehnte Burganlage fast ganz umrundet, als er endlich hoch oben eine lange Laube sieht. Das könnte der von Malaparte beschriebene Balkon sein. Vor dem Schloss dehnt sich unterhalb der Laube ein Platz, der auf der anderen Seite von Wohnhäusern begrenzt wird.
Das grelle Licht der Sonne färbt den Platz fast weiß. Dort drüben zwischen den Häusern könnte die Mauer verlaufen sein. Nur eins irritiert August II. Laut Stadtführer hatten die Nazis die Juden aus Kasimierz deportiert und das Ghetto in einen anderen Stadtteil verlegt.
Langsam keucht er die Rampe hinauf zum Wawel, besichtigt den Innenhof, den wir aus einem Film von Wajda oder Polanski kennen, das Filigran der dreistöckigen Arkaden, Renaissance, betritt die düstere Kathedrale. Hier liegen fast alle polnischen Könige begraben. Hier könnte etwas auf Jan Karol hinweisen, ein Kenotaph, wenn schon kein Sarkophag.
Das Innere der Krönungskirche auf dem Wawel ist an Hässlichkeit kaum zu überbieten, schlimmer als die Petersburger Kathedralen. Sogar Dichter liegen hier. Nur kein Jan Karol.
Erst im Museum unten in der Stadt neben dem Florianstor, wo Leonardos Dame mit dem Hermelin hängt, wird er fündig. Gleich im Eingang an der Wand links. Eine große Bronzeplatte, dahinter ein Mordsschwert. Jana Karola Chodkiewicza, polnischer Heerführer, und noch eine Menge unlesbares Zeug steht auf der Tafel, und August II. fragt sich, ob man damals wirklich noch mit Schwert und Schild gekämpft hat, im Alter von einundsechzig Jahren und auf einem weißen Schimmel.
Im ersten Stock dann endlich in einem der Säle voller Militaria das Original des Porträts, das August II. von seinem Vater kennt. Er trug eine Kopie davon in der Brieftasche, als er starb, ein Ausschnitt aus einer polnischen Illustrierten, unbekannter Maler des siebzehnten Jahrhunderts, Porträt des großen Hetmans. Ein Spitzkopf mit eminent hoher Stirn, einer langen schmalen Nase, einer halbseitigen Glatze (rechts), einem großen rechten Ohr, Schnurrbart, Backenbart, Kinnbart.
Das Wams des Heroen ist nicht zu erkennen, das Bild ist nachgedunkelt, nur dass der Kerl eine Bauchschärpe trug, ist unverkennbar. Lange, noble Finger, die nicht nach Arbeit aussehen, liegen locker auf einem Dolch, von dem nur der Griff zu sehen ist, die rechte Hand umklammert einen Stock mit kugelkopfartigem Knauf, vermutlich ein Marschallsstab. Stab und Knauf und auch der Dolch sind mit Metall beschlagen, bestimmt Gold, denkt August II., und mit großen Juwelen in ovalen Fassungen verziert – kleiner Hinweis auf den ovalen Salon der Gräfin von Milicz.
Er blickt nicht ungütig, eher ein wenig gewitzt, der Held von Chocim. Die Augenhöhlen unter weit ausschwingenden Brauen, der Augapfel scheint mir etwas zu groß. Der Maler hat ihnen ein Blitzen aufgepinselt, wie es sich gehört. Das Portrait ist akademisch korrekt gemalt. Schmal ist das Gesicht, sehr lang im Verhältnis zur Breite und somit durchaus verschieden von den Schweinsköpfen der üblichen Magnaten des barocken Zeitalters, und dennoch dürfte auch er ein Lebemensch gewesen sein, so sieht er aus.
Im musealen Bookshop kleines Gespräch mit einem zufällig anwesenden polnischen Historiker.
Waren Sie schon im Zamoyski-Palais?
August II. weiß nicht, was soll es bedeuten, er verneint schüchtern und ihm wird Lehre zuteil.
Graf Konstanty Zamoyski, der den Sitz seiner Ahnen Ende des neunzehnten Jahrhunderts massiv umbaute im Stil der alten polnischen Magnaten und einen Salon des Schlosses mit den Bildnissen polnischer Könige und Hetmanen ausschmückte, um an die verflossene Größe Polens und das Missgeschick seiner Teilungen zu erinnern.
Hängt da auch ein Chodkiewicz?
Zweie sogar.
Beschwingt, fast beschwipst von der Vorstellung derart bedeutender Persönlichkeiten, lädt unser Detektiv den Herrn Historiker zum Essen ein, folgt ihm um zwei Ecken ins schönste Café Mitteleuropas, das Café Dunkle Höhle, wo er sich eine Jause leistet, erst einen Barsch nach Miliczer Art, dann ein Stück Sachertorte, und begibt noch selbigen Tages sich zum Überlandbus, der ihn nach Kozlowka bringt.
Muss man das Schloss gesehen haben?
Es erinnert an die ländlichen Prachtbauten Italiens und Frankreichs, wie ja auch das Palais der Maltzans in Milicz nicht größer noch prächtiger ist als die Datschen der Medici und anderer Florentiner Patrizier, die seit der Renaissance in der Toskana herumstehen. Nur im Winterhalbjahr soll es sibirisch sein im Palast der Zamoyskis.
Gerührt durchstreift der Sucher nach der verlorenen Zeit die Säle der Grafen Zamoyski. Das Bielinski-Kabinett. Das Schlafzimmer des Grafen. Den kleinen Salon, das Schlafzimmer der Gräfin, den weißen Salon, den exotischen Salon, die Bibliothek im englischen Stil. Tapeten brauchten die Zamoyskis nicht. Jeder Zentimeter Wand ist vollgehängt mit wahren Prachtschinken, die engen Zwischenräume verschnörkelt und vergoldet.
Nicht nur die niederschlesischen Magnaten, sagt August II. zu seiner Begleiterin, die derlei Liebe zum Pomp für übertrieben hält, auch die von ihnen vertriebenen polnischen Standesgenossen wussten sich trotz Fremdherrschaft angemessen einzurichten.
Ich könnte da drin nicht leben.
Denkste vielleicht, ich?
Dennoch: Andächtig verharrt August II. im roten Salon. Der Salon ist mehr ein Saal, hundertvierzehn Meter lang wie ein Fußballfeld, neun Meter hoch und vollgepfropft mit Gemälden in fetten vergoldeten Rahmen. Den Mittelpunkt der Horror-Picture-Schau bilden die riesigen Kompositionen »Hetman Chodkiewicz nimmt Abschied von seiner Frau vor dem ­Chcimer Feldzug«, 1808 gemalt von einem gewissen Oleszkiewicz, und »Tod des Hetmans Jan Karol Chodkiewicz bei Chocim« von Franz Schmugglewitz.
Muss ich mir vorstellen, was dem betroffenen Betrachter vom gerührten Herzen durch den stolzen Kopf direkt durch den Tränenkanal fließt und über die heiße Wange kullert?
Ich schicke ihn nach Warschau zur Fortsetzung seiner Erkundungen und bringe ihn in einem Touristenhotel am nördlichen Rand der penibel wiederaufgebauten Altstadt unter.
Hundert Meter hinter dem großen Hotelkomplex markiert eine Reihe in den Bürgersteig eingelassener Platten die Stelle, wo bis zur endgültigen Ermordung aller Warschauer Juden die Nordgrenze des Ghettos verlief.
Am Abend auf dem Weg zum Neumarkt überquert er eine zweite Markierung der gleichen Art, keinen Kilometer vom Hotel entfernt, die den Südrand des einstigen jüdischen Wohnbezirks kennzeichnet.
So klein war also das Ghetto, sagen wir uns, in das die Nazis an die dreihunderttausend hungernde, frierende, kranke, verzweifelte Menschen gepfercht hatten, die im April 1943 den Aufstand wagten, der mit ihrer Ermordung enden sollte.
Neubauten aus den fünfziger Jahren stehen auf dem Areal, breite Chausseen schneiden breite Schneisen zwischen den Häusern, ein endloser Strom Autos braust Tag und Nacht über den Boden, der nicht schreit, sich nicht aufbäumt.
Weiß einer der vielen hundert Gäste, die jeden Tag diesen Weg vom Hotel zur Altstadt zurücklegen, was sich vor sechsundsechzig Jahren auf diesem Quadratkilometer ereignet hat? Das neue Warschau, eine der schönsten Städte der Welt mit Boulevards und Alleen, Parks und Palästen, ist auf dem Schauplatz eines der größten Verbrechen der Geschichte errichtet.
Nach dem Essen flanieren August II. und seine Begleiterin vom Neumarkt zum Altmarkt, trinken im Restaurant des Schriftstellerhauses gegenüber dem Schloss Kaffee und Schnaps, umrunden die Mauer von Stare Miasto in westlicher Richtung zur Miodowa-Straße, so wie es in den Erinnerungen meines Vaters Otto steht, biegen rechts ab bis zum Palac Chotkiewiczow und betrachten die Bronzetafel neben der Haustür, neben einem Club, andächtig. Hetman Aleksander Franciszek Chodkiewicz habe bis 1816 in diesem Palast gelebt.
Aber warum nur bis 1816? Was war 1816? Vierte und letzte polnische Teilung, aber warum musste er ausziehen? Nahm er sich aus Kummer das Leben? Geriet er in Gefangenschaft, als der letzte Rest von Polen in die Binsen ging und ein Narr das schöne Lied schrieb: Noch ist Polen nicht verloren?
Rasch zurück ins Hotel an den Rechner, der unbeachtet in der Hotelhalle steht, weil er so teuer ist: zwanzig Euro für neunzig Minuten Internet.
Aleksander Franciszek war ein polnisch-litauischer Adliger, General, Politiker, Forscher (Chemie und Technik) und Dichter aus dem Adelsgeschlecht der Chodkiewicz.
Das Foto zeigt ihn mit einem großen, weißen Barett, das aussieht wie ein gedetschter Turban, Stehkragen, undefinierbarer Mantel mit einem gewaltigen Pelzkragen, eindeutig ein feiner, geistvoller Mensch. Die Cadiot-Chodkiewicz-Kupplung habe er erfunden. Einmal geschieden, zweimal verheiratet, vier Kinder (wie ich). Gestorben 1836. Ging es ihm wie mir, dass er seiner Frau das Haus überlassen musste, als er sich von ihr scheiden ließ?
Der zweite August weiß, dass er reif ist, in die Heimat meiner Vorfahren nach Milicz zu reisen. Wer Polen kennt, weiß, was das bedeutet. Enge Überlandstraßen, die sich Autobahn nennen, mit einspuriger Verkehrsführung, vollgestopft mit Lastwagen, Traktoren mit Anhängern voller Getreide, Radfahrern, Kreuzungen, tausend Baustellen, aber den schönsten Raststätten Europas.
Zehn Riesen und ich schreibe Ihnen ein Fotobuch über polnische Raststätten. Meine Lieblingsraststätte liegt am Südrand der Masuren an der Autobahn Warszawa/Gdansk. Ein Äußeres wie ein Motel an einem Highway in der Wüste von Arizona. Innen der Plüsch, die drapierten Vorhänge, die Dämmernis, der Reichtum an Zimmerpflanzen, wie im Bordell eines Bojaren.
Aufmerksam und gefühlvoll umkreisen wir den Rynek von Milicz, eine rechteckige Anlage, wie gesagt. Der Platz ist runtergekommen, wie das Städtchen überhaupt. Nichts ist übrig geblieben vom Stil, den mein Vater Otto erlebte, wenn Kaiserparade stattfand. Kein Restaurant, kein Hotel, kein Bordell, keine Leutnants von der Garde. Fast alle Gebäude, alles Vorkriegsware, könnten einen Maurer, einen Gipser, einen Maler, neue Fenster und Haustüren gebrauchen.
Ein paar Trinker und Penner bevölkern das Zentrum der Stadt. Zwei Abfüllstationen laden ein, polnische Kleinstädter zu bedauern und zu betrauern.
In welchem Haus lebte die Auguste im Jahr 1925 und vielleicht auch noch 1939, 1944?
Fünf Straßen gehen ab vom Rynek. Keine heißt Töpferstraße. Unaussprechliche Namen haben sie wie ulica Garncarska. Die Hausnummer eins müsste nach Adam Riese eines der Eckhäuser sein. Man ließ die Zählung der Häuser einst im Stadtzentrum beginnen.
Jetzt stelle dich nicht so an, ruft die Begleiterin. Ist doch egal, nimm das da. Stell dich endlich dahin, damit ich dich fotografieren kann.
Einerseits hat sie Recht. Wer würde das je überprüfen?
Andererseits, es geht ums Prinzip. Gerade der Sucher nach der verlorenen Zeit ist der Wahrheit verpflichtet.
Geduldig prüfen der alte Ego und ich die Eckhäuser, aber keins ist uns Recht.
Vor dem Eckhaus am Anfang der ulica Garnscarska bleiben wir stehen. Der Eingang liegt um die Ecke. Nummer eins. Im Parterre befindet sich die Schaufensterfront eines Ladens. Das Haus macht keinen guten Eindruck. Nicht schlecht für ein kleinbürgerliches Geschäftshaus am Hauptplatz einer niederschlesischen Kleinstadt, Parterre, erster Stock, der Dachboden offensichtlich nicht zum Wohnen ausgebaut, schließlich brauchte man Raum zum Trocknen der Pilze und für die Vorräte, aber der Renovierungsstau stimmt uns traurig. Das Dach ein Flickwerk, die Fassaden seit siebzig Jahren nicht gestrichen, die Fenster alt und morsch. Nur das Schaufenster ist neueren Datums, und drumherum hat man einen dreißig Zentimeter breiten Streifen weiß getüncht.
Das hier nehmen wir, ruft August II. fröhlich, ich stimme ihm zu und unsere Begleiterin drückt ab, dreimal. Einmal hochkantig, einmal quer und einmal mit Zoom, damit man das Auge des Entdeckers besser sieht.
Wir sind sicher, das Haus der Auguste entdeckt zu haben und vielleicht auch das Haus, in dem mein Vater Otto geboren wurde.
Aber dürfen wir wirklich sicher sein, und vor allem, grundsätzlicher: Sollte in diesem kleinbürgerlichen Haus, selbst wenn es frisch gestrichen wäre, die Familie eines Nachfahren eines edlen polnischen Geschlechts gelebt haben, wie der Chodkiewicze?
Im Hotel Libero am Rand der Altstadt von Milicz, einem ausgezeichneten, preiswerten Etablissement im Stil der zwanziger Jahre, das nebenbei bemerkt eine hervorragende Küche hat, begeben wir uns zunächst ins Restaurant. Am Nebentisch eine Gruppe Heimatvertriebener, die sich von den Leiden ihrer Vorfahren nach 1945 erzählen, als die Bewohner des Bartschtals nach Deutschland umgesiedelt wurden, um Heimatvereine zu gründen.
Ängstlich ducken wir uns über die klare Rote-Bete-Suppe mit kleinen fleischgefüllten Piroggen, der ein ausgezeichneter Barsch auf Miliczer Art folgt. Der Otto hasste diese Heimatvertriebenen. Er hat das Kaff freiwillig und gerne verlassen, lange vor der schlesischen Landsmannschaft. Nur die Liebe zum Mohnkuchen, zu den Klößen und den sauscharfen, steinharten Würsten nahm er mit nach Berlin, nach Kassel und ins Grab.
Anschließend einmal quer durch den Schlosspark und einmal ums Schloss. Die ganze Anlage ist angenehm verwildert, seit hier kein dummer August mehr als Gärtner schafft. Wie das Schloss, ein klassizistischer Bau, Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erbaut, im Jahr 2009 von innen aussieht, geht niemanden was an. Die Kosten der Renovierung der Außenflächen schätze ich mal auf eine Million Euro, die Verschönerung der Außenanlagen auf noch mal so viel, ohne den Abriss der Nutzgebäude aus der Zeit des sozialistischen Realismus. Irgendwie tröstlich, der Status quo.
In der Stadtbücherei an der Ausfallstraße nach Breslau, auf der man für fünfzig Kilometer etwa drei Stunden braucht, dichter Verkehr, hundert Ampeln, endlose Baustellen, manche Schlaglöcher, betreut uns eine freundliche Bibliothekarin, noch in Lemberg in der heutigen Ukraine geboren, wie viele ältere Bewohner der Stadt. Sie weiß, wie die Töpferstraße heute heißt, Garncarska, und besitzt einen Gotha des polnischen Uradels, der eine befriedigende Spekulation zulässt.
Also noch einmal zurück auf den Rynek. Das Haus mit der weißen Umrandung ist die Töpferstraße 1, aber woher und warum wussten wir das schon beim Fotoshooting? Gibt es so etwas wie einen siebten Sinn, der uns unfehlbar vor das Haus unserer längst verstorbenen Ahnen zieht?
Wäre diese Novelle ein Fotoalbum, könnte man uns sehen. Wir stehen vor dem Haus unserer Großmutter, mit links auf den Stockschirm gestützt, den ich mir vor Jahren in der Oxford Street kaufte, in der rechten Hand die Hundeleine mit dem Cocker Spaniel meiner Tochter, die der Auguste angeblich so ähnlich sieht. Ein Blauschimmel übrigens.
Das Hemd ist uns wie üblich halb aus dem Hosenbund gerutscht und der helle Staubmantel sieht unordentlich aus.
Ein Lächeln ziert unsere Lippen. Es ist Ausdruck der Freude über die Spekulation, die wir dem polnischen Gotha der netten Bibliothekarin verdanken.
Es dämmert schon, leichter Nieselregen, auf dem schmalen Damm zwischen zwei Fischteichen, in denen die Barsche und Karpfen aufs Weihnachtsfest warten, obwohl es im Schloss längst keine Dienstboten mehr gibt. Die Teiche schieben sich kilometerweit ins Tal der Bartsch, die sie speist. Ein Nebenfluss der Oder. Das flache, weite Tal war sumpfig einst, bevor Mönche es im ausgehenden Mittelalter trockenlegten, und noch heute ähnelt es einer Seenplatte. Ein riesiges Naturschutzgebiet. Die Seen sind flach, Schilfinseln, lange Schilfreihen gliedern die Wasserflächen, hier und da Waldstücke, gegen deren Ufer schmallippige Wellen schlagen. Wald auch drumherum, Vogelschwärme, Schwimmvögel vieler Art.
Über diesen Damm sind Otto und August geschlichen als Fischwilderer. In den Wäldern, die den Fluss begleiten, legten sie ihre Fallen aus.
Uns fröstelt, kein Mensch weit und breit, unsere Begleiterin fotografiert uns schon wieder, kein Ton, nur die Stille der Vögel, der Wellen, der springenden Fische, der Winde in Bäumen und Büschen. Eine Stille, die alles verzehrt. Die Gegend ist irgendwie traurig. Ein Ort zum Sinnieren.
Schon Aleksander Franciszek engagierte sich für die Wiederherstelleung eines polnischen Staatsgebildes. Seine Söhne, Jan Karol, nicht der Held von Chocim, vielleicht nicht einmal sein Nachfahre, und Michael Chodkiewicz, zwei jugendliche Hitzköpfe, beteiligen sich am Kadettenaufstand 1830/31, der scheitern musste. Der polnische Adel ist zerstritten, zerrissen und nur in einer Hinsicht einig: die Lage der Bauern nicht zu verbessern.
Ohne soziale Basis mithin. Kein Wunder also, dass der erste Aufstand für ein neues Polen von der Armee des Zaren Nikolaus I. niedergeschlagen wurde. Jan Karol wird nach Russland verbannt. Michael gehört zu einer Einheit, die nach Preußen ausweicht und dort die Waffen niederlegt.
An die fünfzigtausend Aufständische verlassen das Land, ein Fünftel davon kehrt nicht zurück, verteilt sich über Westeuropa, nimmt am Hambacher Fest teil, wo die polnische Fahne weht. Michael Chodkiewicz wendet sich nach Süden, ins preußische Niederschlesien, wo er seine hochschwangere Ehefrau zurücklässt, bevor er weiterzieht nach Italien. Nennen wir sie Ludwika Chodkiewicz, den Sohn Jan Mikolaj, nach Michaels Großvater.
Was macht in den später dreißiger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts eine mittellose Polin, die ein kleines Kind zu versorgen hat, in einer Kleinstadt, wenn der letzte Groschen ausgegeben ist?
Sie geht ins Schloss, klagt dem Haushofmeister ihr Leid, klagt es dem Grafen, bittet um eine Anstellung bis zur Rückkehr ihres Ehemannes, der nie zurückkehren wird. Einundzwanzig Jahre später ist ihr Sohn Jan Mikolaj Stallmeister beim Grafen Seidlitz im benachbarten Sulau, mit der polnischen Kammerzofe verheiratet, die ihm 1859 einen Sohn schenkt, den er nach August dem Starken und Wilhelm von Preußen August Wilhelm nennt, der 1880 Auguste, die Tochter des Mühlenpächters Hein schwängert und mit ihr nach Milicz zurückkehrt, den Ort, in dem seine Großmutter Ludwika Chodkiewicz, geborene Rzewuska, im Altenheim lebt, das der sozial eingestellte Maltzan für seine Angestellten unterhält.
Als sie stirbt, hält sie ihren Enkel, der ihre kalten Lippen küsst, für den heimgekehrten Michael. August schreibt seinen Familiennamen jetzt »Chotjewitz«. Das können die Deutschen zwar immer noch nicht aussprechen, aber lesen.
Und das macht einen gewissen Unterschied.
Ich persönlich kann mir übrigens nicht vorstellen, von einem polnischen General abzustammen.