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Es gibt hier ein Großraumbüro, inklusive Küche, einen Produktionsraum, ein »Vorzimmer«, in dem das Lektorat und das Altpapier untergebracht sind, und dann dieses kleine Büro zur Südseite, wo man im Sommer am Fenster in der Sonne sitzen und in unserem Hinterhof den Schülern der benachbarten Ferdinand-Freiligrath-Oberschule in ihrer Großen Pause beim Kiffen zuschauen kann. In dieses kleine, aber feine Zimmer zog vor rund zehn Jahren zunächst die Buchhaltung unserer Verlags-GmbH ein. Einer unserer Kollegen hatte sich in Excel-, Finanz- und Formularzeugs eingearbeitet und Aktenordner in die Regale gestellt. Irgendwann nahm das Inlandsressort diesen Raum in Beschlag, und er wurde so der erste Nichtraucherbereich der Jungle World. Jahre später kippten die Mehrheitsverhältnisse, und nachdem das Großraumbüro kippenfrei geworden war, zogen das Thema und das halbe Ausland in dieses Zimmer, welches nunmehr Raucherraum war. Bis zum Jahreswechsel.
Nun ist – back to the roots – unsere Geschäftsführung in dieses Büro gezogen – und dazu die neue Firma. Aktenordner, Post-Its, Büroklammern, Taschenrechner, Ablagekästen und Grünpflanzen prägen den nunmehr aufgeräumten, frisch glänzenden Raum. Auf den ersten Eindruck wirkt er wie ein kleines Finanzamt, man ist geneigt, einzutreten und irgendein Antragsformular abzugeben. Ein Stromberg könnte auftauchen und so etwas sagen wie: »Hallöchen, wie stehen die Akazien? Ich brauche das fertige Protokollino wie der Graf von Molto Presto, alles Klärchen? So, ich muss jetzt mal für kleine Königstiger, tschüssikowski.«
Aber so etwas sagt hier selbstverständlich niemand. Und in Wirklichkeit ist dieses Zimmer auch nicht irgendein Amt und auch kein Kontor oder Büro. In Wirklichkeit ist es eine geheime Schaltzentrale, von der aus nicht nur die Jungle World und der Carnivora Verlagsservice gesteuert werden, sondern von wo aus auch die Weltherrschaft ausgeübt wird. Dort werden Kriege beschlossen oder abgesagt, Marslandungen geplant, Roboter in die Vergangenheit geschickt und die Unterdrückung oder Befreiung, vielleicht sogar die Schaffung ganzer Kontinente vorbereitet. Genauer wissen wir es nicht, jedenfalls: Von dort aus wird alles Wichtige in die Wege geleitet.
So auch der Umzug. Deshalb wohl verlässt gelegentlich eine Kollegin jenes Geheimlabor und besichtigt irgendwo in Berlin Gewerberäume. Ganz wichtig: Auch die neuen Räumlichkeiten müssen geheime Türen und doppelte Wände haben, Fluchtwege über die Feuerleiter, Fächer im Fußboden, Tresore hinter Ölgemälden, abhörsichere Elektroinstallationen, nach außen verspiegelte Fenster. Damit unsere Weltverschwörungstätigkeiten nicht entlarvt werden. Womit wir uns sonst noch beschäftigen, ist nicht so geheim: Einfach weiterblättern und nachlesen!