Aus einer anderen Welt

Popmusik aus Deutschland, mit dem Gefühl ist man aufgewachsen, war immer schon ein Verbrechen. Sterbensöde Nachmachermusik, im Zweifelsfall immer schlechter als die Originale aus dem angloamerikanischen Raum. Kraftwerk, die Einstürzenden Neubauten: Ausnahmen. Aus heutiger Sicht sieht das alles ganz anders aus. Deutschland gilt international nicht nur als Technoland, sondern bei Freunden seltsamer Klänge als das Land, in dem ausgerechnet in den als rockmusiktechnisch todtraurig angesehenen frühen bis mittleren Siebzigern die irrste Musik überhaupt entstanden ist – der so genannte Krautrock nämlich, der in seinen jenseitigsten Momenten auch »Kosmische Musik« genannt wird. In Deutschland selbst, und dieser oft geäußerte Befund hat immer noch seine Richtigkeit, wurden die wilden Siebziger in musikalischer Hinsicht nie so gewürdigt wie im Ausland. Manuel Göttsching, Mani Neumeier, diese Typen sind in Japan oder England echte Helden, hierzulande kennt sie kaum jemand.
Kein Wunder ist es also, dass das zweite brauchbare Buch über Krautrock nach dem berühmten »Krautrocksampler« von Julian Cope erneut auf Englisch erschienen ist. »Krautrock – Cosmic Rock And Its Legacy« ist ein wunderbares Standardwerk, in dem nicht weniger euphorisch, aber doch etwas sachlicher als bei Cope Bands wie Faust, Can oder Guru Guru gewürdigt werden. Aber auch Floh de Cologne oder Embryo, vor deren Polittheater oder Hippiemäßigkeit im deutschen Diskurs immer gewarnt wurde.

Krautrock – Cosmic Rock And Its Legacy. Black Dog, London 2009, 191 Seiten. 19,95 Pfund