Fernsehen in der Krise

»Arbeitslosenfernsehen« wird das, was am Nachmittag gezeigt wird, abfällig genannt. Was mit den Kindern und den Hausfrauen, die früher als Zielgruppen der Programmschiene zwischen 14 und 16 Uhr genannt wurden, passiert ist, ist leider vollkommen unbekannt. Vielleicht sind die Minderjährigen von damals ja einfach nur auf der Couch sitzen geblieben und nahtlos von der Kinderstunde zum Erwerbslosen-TV übergegangen, während die moderne Hausfrau das Internet als Zeitvertreib für sich entdeckt hat. Oder entnervt arbeiten geht, während der Mann es sich vor dem Fernseher gemütlich gemacht hat. Kann ja sein. Außerdem ist ja immer noch globale Krise, was sich eigentlich auch bei den Produkten zeigen müsste, für die nachmittags geworben wird. Die Krisenreklame geht auch gleich adäquat los, und zwar mit der Aufforderung an die verelendeten Massen, alles, was aus Gold ist, in einen Umschlag zu stecken und an eine Firma zu verschicken, die bereit ist, Höchstpreise für das Edelmetallene zu zahlen. Während die Zielgruppe noch den Familienschmuck zusammensucht, kann sie im Werbeblock auch gleich angucken, was vom Erlös so alles angeschafft werden kann: ein iPhone, das es jetzt um glatte 77 Prozent billiger gibt, Haarfärbemittel, Schuhe, Gutscheine, Haarfärbemittel. Und eine neue Frau, falls die derzeitige ihr Geschmeide lieber behalten hätte. »Ich wollte auf jeden Fall jemand finden, dessen Persönlichkeit zu mir passt«, erklärt eine weibliche Stimme im Spot den überragenden Erfolg eines Partnerschaftsanbahnungsinstituts, gefunden habe sie bedingungslose Liebe. Klingt nach einer echten Alternative: schickes neues Handy, neues Outfit, graue Strähnchen weg und dazu noch jemand, der nicht meckert, wenn man den ganzen Tag Arbeitslosenfernsehen guckt.