Geteilte Welt

Wie es mit dem Eichborn-Verlag weitergehen wird, weiß kein Mensch. Der Laden ist insolvent, publiziert aber weiterhin. Sogar ein so aufwendiges Buchprojekt wie David Mazzucchellis Graphic Novel »Asterios Polyp«. Mazzucchelli ist ein alter Hase im Comic-Business, ­sogar mit Frank Miller hat er zusammengearbeitet. »Asterios Polyp« ist seine erste eigene Graphic Novel, und sie ist gleich ein Meisterwerk geworden. Andauernd geht es in dieser Geschichte vor und zurück, »Pulp Fiction« wirkt dagegen wie ein geradlinig erzählter Film.
Es geht um die Geschichte von Asterios Polyp, der, nachdem sein Zwillingsbruder bei seiner Geburt gestorben ist, besessen ist von der Dualität der Dinge. Yin und Yang, Natur gegen Künstlichkeit, alles versucht Asterios Polyp seinem Weltbild anzupassen. Das hilft ihm, die Dinge zu sortieren und Übersicht in einer unübersichtlich gewordenen Welt zu bewahren. Er heiratet eine Frau, die eigentlich überhaupt nicht zu ihm, dem Kontrollfreak, passt. Und irgendwie geht tatsächlich alles schief. An seinem 50. Geburtstag schlägt ein Blitz in sein Haus ein, und der anerkannte Architekt, dessen Entwürfe genial, aber nicht wirklich umsetzbar sind, wird in ein völlig neues Leben geworfen. Alles wird durcheinandergewirbelt, und man weiß als Leser irgendwann überhaupt nicht mehr, um was es eigentlich wirklich geht. Und dennoch hastet man fasziniert von Panel zu Panel, von ­einer Proustschen Erinnerung zur nächsten, von Apollon zu Dionysos und von Platon zu moderner Kunst und Musik.

David Mazzucchelli: Asterios Polyp. Eichborn, Frankfurt/M. 2011,344 Seiten, 29.95 Euro