Über Männer

Au Mann!

Ob Macho oder Heulsuse, irgendwie machen die Männer es den Frauen einfach nicht recht.

Der charmante Mann um die 30
Ja, auch den gibt es. Sogar im Plural. Zufällig kenne ich ein paar davon. Das erste, was an ihnen auffällt, ist ihre sympathische Selbstironie. Manchmal legen sie sich für ein paar Wochen einen Pornoschnauzer zu, tragen die passenden Socken, kaufen sich für vier Euro eine zu große und sehr hässliche Jacke, um stilecht aufzutreten und legen das übelste Aftershave auf, das sich bei Rossmann finden lässt. Großer Auftritt! Sie verarschen sich also selbst, und das ist extrem charmant. Beim nächsten Treffen ist der Schnauzer wieder weg, dafür wachsen schlimme Koteletten an ihren Schläfen, oder sie sehen für eine Zeitlang einfach sehr smart aus. Sie spielen mit ihren Möglichkeiten.
Ihnen ist klar, dass die Frauen, mit denen sie aufgewachsen sind, meist tougher sind als sie selbst, sie fühlen sich dadurch entlastet und nehmen sich nicht so furchtbar ernst. Darin unterscheiden sich diese Charmebolzen von ihren älteren Geschlechtsgenossen, denn diese sind, zumindest in ihrer Eigenwahrnehmung, fast alle enorm wichtig. Aus dem gleichen Grund bemühen sie sich, ihre Mitmenschen zu unterhalten. Im Unterschied zu den meisten Männern jenseits der 30 finden sie nämlich nicht, dass ihre rein physische Anwesenheit reicht, um ein Gespräch in Gang zu halten oder interessant zu erscheinen. Also geben sie sich Mühe, und das ist viel wert. Sie stehen nur mit einem Bein auf dem Boden dieser Welt und haben so etwas wie eine diffuse Wirklichkeitsallergie. Mir sind sie aber viel lieber als diese kalkulierenden Realisten mit einem ausgearbeiteten Lebensentwurf im Smartphone.
Ob sie allerdings das passende Objekt für ein gemeinsames Leben abgeben, ist fraglich. Wahrscheinlich eher nicht. Aber für heterosexuelle kluge Frauen war und ist es in jeder Generation schwierig, einen adäquaten Mann zu finden. Der charmante um die 30jährige ist zumindest ein guter Unterhalter, und das ist nicht das Schlechteste.

Sarah Schmidt

Der moderne Männerbündler
Der moderne Männerbündler wird von modernen Frauen schon mal für homosexuell gehalten, weil er seine Zeit immer noch liebend gern mit seinen Kumpels verbringt. Tatsächlich reißt dieser eher dickfellige Typ gern ab und an mal einen sexistischen Witz (am liebsten natürlich mit seinen Männerbündlern), findet feministisches Gedankengut aber prima und lebt das weitestgehend auch. Paartherapie ist für ihn dagegen wie eine Zahnbehandlung ohne Betäubungsspritze. Die vermeidet er tunlichst. Seine Partnerin auch. Lieber ziehen sie mal wieder gemeinsam einen durch.
Seine Gefühle sind eher so Bob-Dylan-artiger Natur. Gut daran: Frau kann auch noch mit ihm lachen, wenn ihre beiden Firmen gerade insolvent gegangen sind. Obwohl er ein komischer Kauz ist, fühlt er sich überall zu Hause, d.h. frau kann ihn fast überall hin mitnehmen, zum Doktoranden-Brunch oder zu den Eltern, aber nicht zum Yogakurs oder auf den Mauerparkflohmarkt. Sollte er doch mitkommen, stellt man ihn am besten am Lakritzstand ab. Wohl fühlt sich dieser »neue Mann« z.B. im Weinladen um die Ecke oder beim guten alten Fußballgucken. Bindungsunfähig ist er zumindest ein bisserl, deshalb muss seine Partnerin ihm gelegentlich ein wenig Dampf unterm Hintern machen und deutlich herausstellen, was sie eigentlich will – ein gemeinsames Badezimmer, einen gemeinsamen Dildo oder sogar ein gemeinsames Hundebaby. Sein zögerndes Schweigen sollte sie immer leichtfüßig als freudiges Ja verbuchen.
Der moderne Männerbündler ist leicht daran zu erkennen, dass er in der Regel keine Hornbrille trägt. Wenn seine Sehkraft nachlässt, besorgt er sich Kontaktlinsen. Diese Neuauflage des alten Mannes überlässt es der Frau auch gerne, die Initiative zum ersten Kuss zu ergreifen, im Zweifelsfall sollte sie ihm aber ein bisschen das Gefühl geben, er habe die Initiative ergriffen. Das kann für das Kopfkino der beiden prima sein. Der Männerbündler hat täglich lustige Einfälle: Er wünscht sich den Sparclub zurück und gründet halbherzig einen und erzählt den Kindern lustige Zahnputzgeschichten von »Peter Putz«. Der moderne Männerbündler ist an und für sich ein verlässlicher Typ, sein Leben (und wie er es sieht) ist bereits unstetig und absurd genug. Dieser Typ Mann ist schneller mit seinem Mundwerk als mit seiner Tatkraft. Deshalb wird er die Frau zwar nicht unbedingt aus dem Feuer retten, wenn es mal brennt, aber irgendwas wird ihm angesichts der lodernden Flammen schon einfallen. Und in der Zwischenzeit rettet sich die Frau am besten selbst. Damit sie sich letztlich doch rußverschmiert in die Arme stolpern können.

Gabriele Summen

Der Barbapapa
Die Knetfigur aus meinem alten Setzkasten ist rosa, birnenförmig und lächelt etwas debil in die Welt. An Barbapapas Seite gehörte die schwarze Barbamama und eine Schar Kinder, mit denen jetzt mein kleiner Neffe spielt. Die Knetfamilie der Barbapapas aus den Büchern und Trickfilmen der achtziger Jahre ist immer glücklich. Keiner muss arbeiten, man spielt miteinander und ist sich selbst genug. Warum hat es allein das Familienoberhaupt mit mir nach Berlin geschafft und schlummert heute einsam in meiner Schreibtischschublade? Ich glaube, es ist ein Zeichen. Es ist zehn Jahre her, dass ich mein Kinderzimmer verlassen und mein erstes WG-Zimmer bezogen habe, und nun habe ich jemanden kennengelernt, der genauso ist wie Barbapapa.
Und das kam so: Barbapapa, der nicht immer so hieß, hatte früher einen Vor- und einen Nachnamen. Er hatte eine Arbeit, die er gerne machte, er trieb viel Sport mit Freunden. Und ja, er trank recht viel Alkohol. Mit anderen Worten, er war ein Mensch. Doch dann im vergangenen Sommer änderte sich alles. Barbapapa wurde Vater. Das, so denkt man, haben andere auch schon hinter sich gebracht und werden deshalb noch lange nicht zur Knetfigur. Nicht so in diesem traurigen Fall. Seit mehr als sieben Monaten habe ich den Mann nicht mehr gesehen. Er sitzt mit Barbakind und Barbamama zu Hause, und keiner darf sie besuchen. Weil Barbapapa keine Freunde mehr hat und auch keine Arbeit, wechselt er Windeln und trägt das Barbakind stundenlang auf dem Arm durch den Wohnungssetzkasten. Irgendwann wird seine Haut rosa werden, weil er nicht mehr vor die Tür geht, und er wird sehr dick, weil er keinen Sport mehr macht. Aus Rücksicht auf Barbamama trinkt er keinen Alkohol, und seit Barbakind brabbeln kann, verliert er langsam die Fähigkeit zu sprechen. Wie wird es weitergehen? Wird Barbapapa immer mehr Nachwuchs bekommen und irgendwann in einem Bilderbuch erscheinen? Das steht zu befürchten, wenn nicht endlich jemand bei ihm spontan anklingelt und ihn in seinen Knetarsch tritt.

Julia Keller