Die Reaktion

Das Weblog »Teilnahmebedingungen« schreibt zum Artikel »Die Gedanken sind frei« (7/2012): »In einem sehr guten Artikel in der aktuellen ›Jungle World‹ entlarvt Ferdinand Muggenthaler den Schamanismus derjenigen Hirnforscher_innen, die von sich behaupten, ›Gedanken lesen zu können‹: ›Das Vorgehen ist vergleichbar mit dem eines Soziologen, der aus 100 Metern Entfernung jede Stunde ein Foto eines Hochhauses macht und dann aus dem An- und Ausgehen der Lichter hinter den Fenstern etwas über die Lebensgewohnheiten der Bewohnerinnen und Bewohner herausfinden will.‹ Die Unverhältnismäßigkeit der Aufregung zeigt vor allem, wie leicht das Feuilleton auf seine eigenen Sci-Fi-Ängste anspringt, und das bloß angesichts einiger großmäuliger Forschergruppen. Gleichzeitig nährt eine realistische Betrachtung der Forschungsergebnisse durchaus die Hoffnung darauf, mit naturwissenschaftlichen Methoden etwas über unser Denken herauszufinden. Es müssten sich schon einige hundert Jahre Philosophie geirrt haben, wenn damit die Freiheit des Denkens widerlegt werden sollte. Bis dahin kann es nur heißen, die Schamanen von den Entdeckern differenzieren zu lernen.« Und per E-Mail schrieb uns Max G. zum selben Thema: »Den aktuellen Neurowissenschaften sollte man aus anderen Gründen kritisch gegenüberstehen: In den letzten Jahren scheint sich unter Neurologen und Psychiatern die Meinung durchgesetzt zu haben, dass Denkprozess und Entscheidungsfindung unbewusst und automatisch im Gehirn ablaufen, ohne Einflussmöglichkeit der bewussten Ebene. Dem bewussten Ich wird bei diesem Modell nur eine Illusion des freien Denkens zugestanden. Die Realität wird subjektiv, was so weit geht, dass sie als Irreal abgewertet wird. Die Konsequenz ist die Verneinung der individuell erlebten Welt, sobald sie von der Norm abweicht. Bei aller Liebe für Logik und Wissenschaft stoßen wir hier an eine Grenze, an der die Logik zugunsten des Humanismus verworfen werden muss.«