Erfolg oder Talent

Inside Llewyn Davis. »Bei dem Medienrummel kommt es mir vor, als hätte ich den Film schon gesehen«, sagt ein Besucher in der Warteschlange vor dem Kino. Tatsächlich dürfte nicht nur die Präsenz des Films dafür sorgen, dass sich kaum jemand »Inside Llewyn Davis«, dem neuen Werk der Coen-Brüder, entziehen kann. Schon sein Sujet ist ein Genuss: Greenwich Village Anfang der sechziger Jahre, ein Bohemien stolpert Folksongs singend durch ein Leben voller Niederlagen. Llewyn Davis (Oscar Isaac) ist gut – und wird trotzdem nicht Bob Dylan. Wie auch Dave Van Ronk es seinerzeit nicht wurde, dessen Autobiographie den Regisseuren als Inspirationsquelle diente. Die Coens lassen Davis seine Songs ausspielen, glaubhaft wird sein Talent nicht zuletzt dadurch vermittelt, dass alle Stücke live aufgenommen wurden. Ob Isaac schauspielender Musiker ist oder andersherum, vermag am Ende niemand mehr zu entscheiden. Selten wurde in einer Verlierergeschichte so gelungen auf Romantik und Skandal verzichtet.   oko
Menschlichkeit durch Technik
Amazon-Bashing. Die Arbeitsbedingungen von Paketzustellern sind höllisch, der 16. Dezember wird der vielleicht schlimmste Tag des Jahres. Denn am Montag werden die meisten Pakete für Weihnachten ausgeliefert. Auf vielen wird das Logo des Online-Versandhändlers Amazon zu sehen sein. Ein »widerlicher Club«, meint die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff. »Wenn ich eine Firma hasse, dann diese«, polterte sie unlängst in der Welt. Bei Günther Jauch sah Günter Wallraff durch Amazon gleich »unsere gesamte Kultur verkümmern«. »Einkaufen kann eine sehr schöne, menschliche Sache sein«, setzte Ranga Yogeshwar hinzu und Laura Karasek hat so viel Mitgefühl mit den Lieferanten, dass sie keine schweren Waren bestellt. Glücklicherweise wird solcherlei Anteilnahme schon bald obsolet sein: Amazon will künftig Päckchen mit Drohnen ausliefern, Firmengründer Jeff Bezos geht davon aus, die Pläne innerhalb von vier bis fünf Jahren verwirklichen zu können. Herrlich, wie Technik das Leben für alle einfacher macht.   oko
Einkauf des Grauens
Musikalienfachhandel. Es gibt ihn immer noch: Tag für Tag gniedelt er Soli auf der E-Gitarre, zwirbelt an seinem struppigen Ziegenbart und kontrolliert beiläufig im Spiegel, ob sein Flammentattoo noch an der gleichen Stelle sitzt. Jedes Instrument beherrscht er und liebt nichts mehr, als es allen zu beweisen. Sein Wissen um XLR- und vierpolige Speakon-Stecker mag lediglich Einzeller beeindrucken, trotzdem versteht er sich darauf, sich jedem Kunden gegenüber maximal herablassend zu verhalten. Es ist diese Mischung aus Besserwisserei, verhindertem Virtuosentum und extremem Mackergebaren, die einen Aufenthalt im »amtlich« ausgestatteten Musikalienfachhandel allzu oft zur Quälerei werden lassen. Ein Wunder, dass Sid Vicious überhaupt ein Instrument verkauft wurde! Trotzdem: Wer sich Genugtuung dadurch verschafft, sich über das nervige Gehabe zu erheben, ist nicht weit davon entfernt, den Fliesenleger dafür zu verlachen, Feinheiten der Quantenphysik nicht pointiert darstellen zu können. Auch armselig.   oko
Metall und Eis
Metallica. Das psychotherapeutisch betreute Metal-Unternehmen Metallica spielte doch tatsächlich ein Konzert in der Antarktis. 19 Leute kamen, um sich das Spektakel anzusehen. Sie hatten bei einem Malwettbewerb eines Getränkeherstellers gewonnen und durften ihren Stars hier, auf dem argentinischen Carlini-Stützpunkt auf der König-Georg-Insel (Süd-Shetland-Archipel), ganz nah sein. Die Show fand in einem transparenten Iglu statt. Das hätten Slayer nie gemacht!   oko