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Nun ist es erwiesen: Journalisten gehen einer höchst gefährlichen Tätigkeit nach. Dazu müssen sie nicht erst unter Granatenbeschuss durch Kriegsgebiete robben, Bootstouren durch überflutete Katastrophengebiete unternehmen oder eine Ebola-Quarantänestation besichtigen. Selbst wenn sie in herkömmlichen Redaktionsräumen arbeiten, so wie wir in Berlin-Kreuzberg, steht ihre Gesundheit auf dem Spiel. Das stellen US-amerikanische Wissenschaftler in der kürzlich veröffentlichten Studie »Prevalence rates for depression by industry: a claims database analysis« fest. Sie haben 215 000 erwerbstätige Erwachsene aus 55 Branchen im US-Bundesstaat Pennsylvania zu berufsbedingten depressiven Störungen befragt. Der Journalismus hat es auf Platz 10 der depressiv machenden Tätigkeiten geschafft, 12,4 Prozent der Journalisten, Autoren und Verleger leiden an Depressionen. Anderen geht es aber noch schlechter: 12,6 Prozent der Börsenmakler und 15 Prozent der Immobilienmakler werden von depressiven Störungen geplagt. Am schlechtesten haben es Angestellte im Nah- und Fernverkehr, 16 Prozent von ihnen sind depressiv. In all diesen riskanten Berufen gleichermaßen der Gesundheit abträglich sind der Studie zufolge ein hohes Maß an Stress, ein Mangel ­an körperlicher Betätigung und der Umgang mit Menschen. Und wir dachten immer, wir machen was mit Medien, nicht mit Menschen! Allerdings fragen wir uns, ob es tatsächlich Depressionen vorbeugen würde, als einsamer Holzfäller in den kanadischen Wäldern zu leben.
Doch seien Sie beruhigt: Derzeit besteht in der Redaktion kein Grund zur Sorge. Die Stimmung ist entspannt. Läuft man umher, sieht man konzentrierte, nicht traurige Gesichter. Verdrießliche Mienen gibt es lediglich dann, wenn diese oder jene Lieblingsmannschaft bei der WM ausscheidet, eine wenig erfreuliche Neuigkeit aus einer der vielen finsteren Ecken der Welt zu uns dringt oder der Steuerbescheid eintrifft. Selbst der Kollege mit der einschlägigen Krankenakte kann nicht klagen, denn er schluckt brav seine Medikamente. So ist es uns auch diese Woche wieder gelungen, eine recht ansehnliche Ausgabe für Sie zu produzieren. Und wir können tatsächlich sagen: unter Gefahr für unsere psychische Gesundheit! Wie heißt es so schön: It’s a dirty job, but someone’s gotta do it. Aber nach der nächsten Umschulung machen wir dann nichts mehr mit Menschen.