Lasche Zerstörung

Helena Hauffs Debüt-Album könnte Menschen für Techno begeistern, die zuvor wenig Kontakt mit dieser Musik hatten. Weil ihr Techno meist eher nach Postpunk klingt, nach Doc Martens und schwarzem Lidschatten. Man kann ziemlich sicher sein: Hauff liebt Trisomie 21, The Cure, DAF und ganz sicher auch die Industrial-Großmeister Throbbing Gristle, die oft als Krachcombo missverstanden werden, obwohl sie auch zu minimalistischen Hits wie »United« fähig sind.
Bevor »Discreet Desires« erschien, war Hauff bereits Resident DJ im Hamburger Golden-Pudel-Club und viel unterwegs. In einem Interview sagte sie einmal, sie wolle nicht weniger, als die Gesellschaft zerstören, und die Ästhetik ihres Albums stützt ihr Vorhaben nachdrücklich: Man kann Industriebrachen imaginieren, alles ist grau bis schwarz, der Klang ist roh, analoge Synthesizer dominieren, alles erinnert an eine Zeit, als die Welt noch unterging. Anne Clark könnte ganz wunderbar ihre Untergangs-Lyrik drübersprechen.
Das nicht zu überhörende Problem ist leider, dass »Discreet Desires« der Druck fehlt. Der Sound ist zu lasch, um die Aggression zu vermitteln, die gemeint war. Da zerrt und schiebt nichts, keiner macht sich schmutzig, weil die Sequencer kraftlos in schön-schauriger, aber erwartbarer Weise pulsieren. Dass Techno auch in diesem Sinne wie keine andere Musik abhängig ist vom Stand der Technik, kann auch Hauff nicht ändern. Bleibt vielleicht ein Warten auf das Remaster in zwei Jahrzehnten.

Helena Hauff: Dis­creet Desires (Werkdiscs/Rough Trade)