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Dank der erfreulichen Auswirkungen des Klimawandels im Herbst und unserer abwechslungsreichen Suppenküche konnten sich die Kolleginnen und Kollegen bislang recht wacker auf den Beinen halten. Damit ist es nun vorbei! Es wird geniest und gehustet, genäselt und geröhrt: Der Dschungel ist krank. Medikamente, Bonbons und Tees türmen sich auf den Schreibtischen. Rezepte für Vitamindrinks werden ausgetauscht. Sogar die Teilnahme an der alljährlichen Weihnachtsfeier wird von einigen Triefnasen zur Disposi­tion gestellt. Allein der Kollege aus der Geschäftsführung erfreut sich bester Gesundheit. Während Viren und Bakterien rings um ihn herum Polka tanzen, ist er quietschvergnügt und rät süffisant: »Einfach mal öfter lüften!« Dabei ist es in den Redaktionsräumen ohnehin schon empfindlich kalt. Zwar wird die ma­rode Heizung täglich entlüftet, der Wunsch nach einem Heizpilz für die langen, kühlen Sitzungsnachmittage wird dennoch immer größer.
Die Themaredakteurin hat sofort wieder die zündende Idee: »Jüdisches Penizillin« sei die Lösung. Eine klare Hühnerbrühe, die »Goldene Joich«, die jedem Erreger den heiligen Krieg erkläre, super schmecke und auch noch zuverlässig helfe: ein Suppenhuhn, zwei Zwiebeln, vier Möhren, eine Sellerieknolle, zwei Lauchstangen, schwarze Pfefferkörner, Lorbeerblätter und Nelken, ewig kochen. Fertig.
Im Layout scheint das Schnupfenproblem weniger groß zu sein. Dort ist das Leben eine einzige, große Masernparty – durch das enge Zusammenleben mit dauerkranken Kleinkindern erworbene Resistenzen bewahren die Kollegen offenbar vor der gegenwärtigen Grippewelle.
Was das Präventionsverhalten im Dschungel angeht, so lassen sich zwei Typen ausmachen: die Gesundheitsapologeten und die Abhärter. Letztere muten ihrem Körper maximale Belastung zu, um ihn zu stärken und so vor Erkältungskrankheiten zu bewahren. Zu den Methoden der Abhärter gehören der Einschlafwhisky, die Cannabisprophylaxe und die Nikotindusche. Die Gesundheits­apologeten hingegen schwören auf Ingwer in jeder erdenklichen Form, Sport, Sauna und Smoothies.
Einzig der Kollege aus dem Feuilleton scheint eine erstaunliche Mischform beider Typen darzustellen. »Beim Rauchen auf dem Balkon einfach mal ’ne Jacke anziehen«, lautet sein pragmatischer Vorschlag.