Home Story

Das Gute zuerst: Auch in dieser doppelt dicken Jahresendausgabe verschonen wir Sie mit den branchenüb­lichen politischen, kulturellen und sportlichen Rückblicken. Ausflüge in das zum Jahreswechsel ebenso beliebte Bestenlistenwesen bleiben Ihnen ebenfalls erspart. Aber Sie dürften es geahnt haben: Nun kommt das Schlechte. Denn auch uns überkommt ein Hauch von Melancholie, wenn die letzten Buchstaben der letzten Ausgabe getippt sind, und wir schauen zurück auf ein weiteres Dschungeljahr. Wie war es, das Jahr 2015? In der Geschäftsführung tut man sich schwer mit einem Resümee. Blicke wandern aus dem Fenster, Münder werden angestrengt gespitzt. Es wird nachgedacht, bis jemand den erlösenden Satz spricht: »Ich war zu oft im Urlaub, ich kann das nicht beurteilen.« Auch die Kollegin und der Kollege aus dem Ausland-Ressort sind passionierte Urlauber, reden sich aber nicht heraus aus dem Jahr 2015. »Zuviel Jihad. Hoffentlich ist bald dieser Jihad vorbei«, klagt die Kollegin. Der gute Vorsatz des Ausland-Ressorts für 2016 steht schon: »Weltfrieden.« Öder Quatsch wie Jihad und Weltfrieden lässt die Kollegin, die gleich danebensitzt, nur müde lächeln. Hier im Thema-Ressort, wo ausgebuffte Trendscouts des politischen Journalismus wöchentlich den allerheißesten Scheiß aufspüren, muss man nicht lange auf ein Jahresresümee warten. »Mehr Frauenpower. Mehr Glam. Mehr Shopping. Es war ein gutes Jahr«, sagt die Kollegin und schwärmt von den erquickenden Einkaufsbummeln, die das Thema-Ressort während der Auslandsreise in Barcelona absolvierte – zu Recherchezwecken selbstverständlich. Erschütternd klingt hingegen das Jahresresümee des Kollegen aus dem Feuilleton: »Was soll jetzt noch kommen?« Er ergänzt allerdings schnell: »Also in Bezug auf die Qualität unserer Artikel, meine ich. Was soll da noch kommen? Da war 2015 schon ein einschneidendes Jahr.« Im Feuilleton geht also in qualitativer Hinsicht nach oben gar nichts mehr – anders als im Layout in kalorienhaltiger Hinsicht. »Insgesamt zu wenig Schokolade«, bemängelt die Kollegin. »2015 war wie das Jahr davor. Und ich fürchte, das nächste wird genauso«, sagt sie. Ihr Kollege hatte 2015 offenbar ein Problem: das Inland-Ressort. Um seine Aversionen zu veranschaulichen, greift er zu einem Vergleich: »Das Inland ist schlimmer als Pegida.« Bad news travel fast – im Inland hat man bereits Wind von den kleinen Sticheleien bekommen und schlägt zurück: »Das Layout ist schlimmer als wir und Pegida zusammen. Ansonsten war 2015 gut.« Dem Lektorat ist mittlerweile alles recht. »Wir mussten zu oft den Rotstift ansetzen«, lautet dort das Resümee. Zeit also, den Rotstift für einige Tage wegzulegen. Ihnen ebenfalls eine entspannte Zeit, bis zum nächsten Jahr!