Holzfäller mit rasierten Beinen

Twin Peaks. Fernsehen war plötzlich wieder wichtig, Dutzende Magisterarbeiten untersuchten haarklein die Erzählstruktur der Serie und die süßlich-hintergründigen Stücke des Soundtracks durchwaberten die Wohnzimmer. Das war 1990/91, als US-Regisseur David Lynch mit der legendären Mischung aus Horror, Teenager-Soap und Krimi Fernsehgeschichte schrieb. Umso aufregender, dass die Mystery-Kultserie im nächsten Jahr ihre Fortsetzung findet. Bereits fertig abgedreht sind die neuen Folgen, die die entlegene Holzfällerstadt und ihre charmant-morbide Bewohnerschaft 25 Jahre nach dem Mord an der Highschool-Schönheit Laura Palmer zeigen. In der vergangenen Woche hat Lynch bekanntgegeben, wer in der Fortsetzungsgeschichte mitspielt. Spätestens jetzt steht fest, dass die Fortsetzung ein ehrgeiziges Fernsehprojekt und kein müder Marketinggag ist. Die Spannung steigt also weiter. Neu dabei sind so große Namen wie Naomi Watts, Amanda Seyfried, Jennifer Jason Leigh, Laura Dern, Monica Bellucci, Michael Cera und Tom Sizemore. Von der Originalbesetzung kehren unter anderem Kyle MacLachlan, Sheryl Lee und Sherilyn Fenn zurück. Held der Serie war der auf Kirschkuchen versessene FBI-Detektiv Dale Cooper, der den Mord aufklären sollte und eben von Kyle MacLachlan gespielt wurde. Auch der umwerfende David Duchovny (»Akte X«, »Californication«) ist im neuen »Twin Peaks« wieder dabei. Den Womanizer-Star hatte Lynch ausgerechnet in die Rolle der Transgender-Agentin Denise gesteckt. Wie es der DEA-Agentin seither ergangen ist und wo sie heute steht, gehört zu den spannenden Fragen eines jeden Fans. David Duchovny hat sein Comeback als Transperson schon mit den Worten angekündigt: »Yes, I’ll shave my legs.« her
Es war nur eine Tür
Russland. Pjotr Pawlenski ist dafür bekannt, dass er mit spektakulären Aktionen die Grenzen der Konzeptkunst austestet. Aus Solidarität mit Pussy Riot nähte er sich den Mund zu und wickelte sich nackt in Stacheldraht. Auf dem Dach des Moskauer Serbski-Instituts trennte er sich ein Ohrläppchen ab, um gegen die Psychiatrisierung von Kranken, Dissidenten und Unangepassten zu protestieren. Ein anderes Mal nagelte er seine Hoden auf das Pflaster des Roten Platzes in Moskau, um die Entwicklung Russlands zu einem Polizeistaat anzuprangern. Vor einem halben Jahr setzte er die Tür der Zentrale des Inlandsgeheimdienstes in Brand, um auf die Machenschaften des Dienstes aufmerksam zu machen. Wegen dieser Aktion steht der 32jährige jetzt vor Gericht. Die Anklage wirft ihm mutwillige Beschädigung eines Kulturguts vor, was mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden kann. Die fragliche Tür wurde allerdings erst 2008 eingebaut und dürfte keinerlei kulturellen Wert besitzen. her
Endlich Hochkultur!
ESC. Die Karlsmedaille für europäische Medien wird vom Verein Médaille Charlemagne pour les Médias Européens e. V. Aachen verliehen. Wie der epische Vereinsname schon andeutet, bewegt man sich hier im Bereich des ernsten Kulturschaffens. Preiswürdig waren in der Vergangenheit beispielsweise Lord George Weidenfeld, Cees Nooteboom, Jean-Jacques Annaud und Timothy Garton Ash. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an ein echtes Trash-Highlight. Wegen seiner völkerverbindenden Wirkung wurde der Eurovision Song Contest (ESC) geehrt und von Abba-Mitglied Björn Ulvaeus in einer Laudatio gewürdigt. In seiner Rede verurteilte er Fanatismus und Extremismus in ­Europa und betonte, dass das ständige Streben nach Gleichberechtigung von Mann und Frau ein europäischer Wert sei, den es hochzuhalten gelte. Ein würdiger Preisträger! her