Ohne Kopftuch

Die Fälschung war nicht einmal besonders gut gemacht, dennoch fielen am Wochenende auch eine Menge Leute darauf rein, die ansonsten eher unverdächtig sind, Verschwörungszeugs zu verbreiten. Das erste Bild zeigte Saadiya Khan, die Ehefrau des neuen Londoner Bürgermeisters Sadiq Khan, lächelnd an der Seite ihres Mannes. Das zweite zeigt eine verschleierte Frau, die bei der Amtseinführung von Khan hinter ihm sitzt. Die Frau ist eindeutig älter und dicker als Saadiya, gleichwohl wurde das Foto auf Facebook und Twitter massenhaft geteilt, oft verbunden mit dem Hinweis, dass Frau Khan nun nach der Ernennung ihres Gatten zum Bürgermeister nur noch verschleiert in der Öffentlichkeit auftrete. Und dass ihr Mann die Wähler wohl getäuscht habe und er in Wirklickeit ein islamischer Fundamentalist, ach was, ein Islamist sei. Dass die verschleierte Frau wohl nur zufällig hinter Khan saß und seine Gattin nach wie vor kein Kopftuch trägt, interessierte die besorgte Masse nicht. Im Gegenteil, zusätzlich zum Fake wurde die alarmistische Meldung verbreitet, dass der neue Bürgermeister den Boykott Israels befürwortet. Die Lust am Googlen ist auch unter Israel-Solidarischen anscheinend wenig verbreitet und ganz besonders nicht unter denjenigen, die glauben, bloß, weil sie keine Juden hassen, dürften sie Schwule, Frauen, Sinti und Roma, Muslime und Flüchtlinge umso ungebremster hassen. Khan hatte sich nämlich schon vor Monaten von Boykott­aufrufen distanziert und angekündigt, gegen jeglichen Antisemitismus vorzugehen. Aber das passt wohl nicht ins Konzept derjenigen, die Angst und Hass verbreiten wollen – und das an diesem Wochenende mit den offenkundig in bös­artiger Absicht verbreiteten Bildern zumindest eine Zeitlang sogar geschafft haben.