Sanktionen gegen israelische Sportler in Malaysia

Israel darf es nicht geben

Die schlechte Wasserqualität bei den olympischen Spielen in Rio de Janeiro sorgt für Unmut, Sanktionen gegen israelische Segelsportler erregen hingegen wenig Aufmerksamkeit.

»Lieber Thomas Bach, wie geht es Ihnen? Wenn ich Präsident des IOC wäre, könnte ich nicht ruhig schlafen … «, schrieb Heiko Kröger im Juni auf Facebook. Was Kröger beunruhigte, ist die sehr schlechte Wasserqualität des Segelreviers vor Rio de Janeiro, wo ab dem 8. August die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele stattfinden werden. Heiko Kröger ist der derzeit erfolgreichste deutsche Segler. Im Jahr 2000 gewann er in Sydney in der paralympischen 2.4mR-Bootsklasse die Goldmedaille. Neben vielen weiteren sportlichen Erfolgen wurde er 2015 zum deutschen Segler des Jahres gewählt. Und Kröger steht mit seiner Sorge nicht allein: Seit Monaten wird über den Skandal der gesundheitsgefährdenden Wasserqualität berichtet. Die Sportler müssen nach jeder Fahrt ihre Segelboote von den im Wasser befindlichen Ölresten reinigen und in einigen Fällen sogar im Wasser treibende tote Hunde umfahren. Im Februar plädierte Kröger gegenüber dem NDR sogar für einen Boykott der Olympischen Spiele.
Natürlich ist die Bucht vor Rio alles andere als ein schöner Ort für eine olympische Segelregatta. Aber bei aller Sensibilität im ökologischen Bereich hätte man sich doch auch ein wenig politische Sensibilität gewünscht, als im Dezember 2015 Malaysia als Ausrichter der Jugendsegelweltmeisterschaften einen Skandal produzierte, der medial aber keiner wurde. Das in den vergangenen Jahrzehnten stramm islamisierte Land schloss zwei israelische Windsurfer vom Wettbewerb aus, die beide zu den Favoriten in ihren Diszip­linen gehörten. Offenbar war für die Veranstalter in Malaysia schon die Anwesenheit der israelischen Sportler eine Zumutung und eine nicht unwahrscheinliche Siegerehrung mit Medaillen für israelische Sportler wahrscheinlich ein Albtraum. All das war der Sportpresse allenfalls Kurzmeldungen wert, von einem Boykott der Veranstaltung sprach niemand.
Dabei ist Windsurfen eine Parade-sportart Israels. Der Windsurfer Gal Fridmann gewann 2004 in Athen die Goldmedaille für Israel und ist damit der erste und bislang einzige Olympiasieger des jüdischen Staates. Bei zahlreichen internationalen ­Regatten haben israelische Sportler triumphiert. Drei der sieben Olympiamedaillen, die Israel bislang überhaupt erlangen konnte, wurden auf dem Surfbrett gewonnen. Ähnlich erfolgreich ist Israel bei internationalen Jugendmeisterschaften. Bei der Jugendsegelweltmeisterschaft 2014 gewann Yael Paz den Wettkampf der Männer auf dem Surfbrett RS:X. Heller Hadar errang ebenfalls auf dem RS:X-Board den siebten Platz bei den Frauen für Israel. Neben der Jugendsegelweltmeisterschaft gibt es zudem eine eigene Jugendweltmeisterschaft im Windsurfen, die im Juli 2015 in Gdynia, Polen, stattfand. Dort gewann Yoav Omar den Titel im Windsurfen der Männer und Noy Drihan den der Frauen.
Für die Jugendsegelweltmeisterschaft in Langkawi, Malaysia, die vom 27. Dezember 2015 bis 3. Januar 2016 stattfand, wurden Omar und Drihan vom Israelischen Segelverband IYA gemeldet. Die Chancen, eine Medaille bei den Wettkämpfen in Langkawi zu gewinnen, waren hoch. Für die Regierung Malaysias ein Graus, werden doch bei der Siegerehrung die Nationalhymne gespielt und die Flaggen der siegreichen Nationen gezeigt. Am 16. Dezember, wenige Tage vor Beginn der Wettfahrten, wurden vom malaysischen Segelverband MSA zwei For­derungen an die israelische Delegation gestellt: keine Davidstern-Flagge mitzuführen und auf das Abspielen der israelischen Nationalhymne zu verzichten. Das israelische Team sollte offiziell nicht existieren und als Team des Weltsegelverbands unter dessen Logo starten. Eine absurde Forderung, die kein Sportverband akzeptieren kann.
Der malaysische Segelverband hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er die antiisraelische Politik seiner Regierung unterstützt. Israel wird von Malaysia offiziell nicht anerkannt. Beide Länder unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Der Premierminister Malaysias, Najib Razak, steht bedingungslos hinter der Hamas und besuchte im Januar 2013 demonstrativ den Hamas-Führer Ismail Haniya. Im Oktober 2015 wurden in den sozialen Medien Malay­sias schwere Vorwürfe gegen ­Razak erhoben, als dieser in der UN in New York zufällig auf den israelischen Premierminister Benjamin Netan­yahu traf und dabei ein Foto entstand, das einen erfreuten Netan­yahu zeigte. Razak wurde ein freundlicher Umgang mit den »Zionisten« vorgeworfen.
Der Weltsegelverband wollte die Angelegenheit zunächst schlicht aussitzen. Erst als der israelische Segelverband die Teilnahme an der ­Jugendsegelweltmeisterschaft absagte und dies mit unannehmbaren Forderungen des malaysischen Segelverbandes begründete, war der Welt­segelverband alarmiert und schickte ein Vorstandsmitglied nach Malaysia, um den Vorfall zu untersuchen. Aller Wahrscheinlichkeit nach war zwar von Anfang an geplant, ein Mitglied des Vorstands zur Veranstaltung zu entsenden, mit der angekündigten Untersuchung konnte der Weltsegelverband aber öffentlichkeitswirksam vorgeben, den Ausschluss der israelischen Sportler sehr ernst zu nehmen. Das Ergebnis der Untersuchung wurde am 13. Januar veröffentlicht. Obwohl mit deutlichen Worten zum Ausdruck gebracht wird, dass es im Segelsport keine Diskriminierung geben dürfe, werden beide Seiten für ihre unzureichende Kommunikation gerügt, die als Ursache für die verhinderte Teilnahme der israelischen Sportler angesehen wird. Darüber, welcher Verband zu welchem Zeitpunkt was kommunizieren sollte, schweigt sich der Bericht aus. Zudem ist es unverständlich, warum der MSA nicht sanktioniert wird. Dabei besitzt der Weltsegelverband durchaus entsprechende Mittel: Der Disziplinarausschuss des Weltsegelverbandes sperrte im Dezember 2014 den holländischen Profisegler Dirk de Ridder für fünf Jahre, da er unerlaubte Gewichte an einem Katamaran im Rahmen der America’s World Series anbrachte. Eine heftige Strafe, die später von dem Internationalen Sportgerichtshof CAS auf 18 Monate reduziert wurde.
Ebenso berechtigt wie scharf wird der Weltsegelverband sowie der MSA denn auch vom Israelischen Segelverband IYA kritisiert. Gili Amir, der Präsident des IYA, verurteilte das antiisraelische Vorgehen des MSA und nannte dessen Forderungen »unannehmbar« und eine »Erniedrigung«. Der Bericht des Weltsegelverbands sei wiederum deshalb unzureichend, weil er es allein Israel zuschiebe, die Einhaltung der existierenden Antidiskriminierungsregeln einzufordern, und sich selbst nicht in der Verantwortung sehe. Besonders skeptisch war Amir, da im Januar ausgerechnet Oman als Gastgeber der Jugendsegelweltmeisterschaft 2016 festgelegt wurde. Die israelischen Segler befürchteten, dass es zu einer ähnlichen Situation wie in Malaysia kommen werde. Hinter den Kulissen des Weltsegelverbands muss es im Januar allerdings hoch hergegangen sein. Jedenfalls zog sich Oman als Veranstalter der Jugendsegelweltmeisterschaft 2016 zurück; zudem wurde völlig überraschend auch ein neuer Geschäftsführer des Weltsegelverbands benannt.
Gili Amir vermutet als Ursache für das unentschlossene Verhalten des Weltsegelverbandes wirtschaftliche Gründe, denn die Durchführung ­eines Segelevents kostet viel Geld und reiche muslimische Staaten wie Oman und Abu Dhabi haben den prestigeträchtigen Segelsport für sich entdeckt und waren bereits Gastgeber namhafter Regatten wie des Volvo-Ocean-Rennens, einer Regatta in mehreren Etappen um die ganze Welt. Der Weltsegelverband will offenbar die zahlungskräftigen mus­limischen Staaten auf keinen Fall verschrecken. Die Diskriminierung Israels und seiner Sportler wird aller Wahrscheinlichkeit nach also weitergehen, wie auch schlechte Wasserqualität angesichts des Zustands der Weltmeere noch öfter zu beklagen sein dürfte. Zu hoffen steht aber, dass in Zukunft nicht nur das letztere Problem öffentlich von den Seglern skandalisiert wird.