Das 11. Pornfilmfestival in Berlin

Verfluchte Freiheit

Auf dem Pornfilmfestival Berlin erlebte Vladimir Ceballos’ Dokumentarfilm »Maldito Sea Tu Nombre, Libertad« seine späte Europapremiere.

Beim 11. Pornfilmfestival Berlin, das sich schwerpunktmäßig mit dem Thema HIV und Racial Politics befasste, beeindruckten vor allem Dokumentarfilme, und hier ganz besonders Vladimir Ceballos’ Anfang der Neunziger heimlich auf Kuba gedrehter Film »Maldito Sea Tu Nombre, Libertad« (Verflucht sei dein Name, Freiheit), der in Berlin 22 Jahre nach seiner Entstehung Europapremiere hatte und verstörende Einblicke in eine subkulturelle Jugendszene auf Kuba liefert. Der Film beschäftigt sich mit einer Gruppe junger Kubaner und Kubanerinnen, die sich Ende der Achtziger absichtsvoll mit HIV infizierten und fragt nach den Motiven, Hoffnungen und dem Lebensgefühl dieser Jugendszene.
Ende der Achtziger tauchte das Phänomen der absichtlichen Selbstinfizierung mit dem HI-Virus unter den sogenannten Roqueros auf. Die Roqueros waren eine subversive Jugendszene auf Kuba, hörten verbotene westliche Rockmusik, hatten lange Haare und waren regimekritisch eingestellt. Von der Polizei wurden sie drangsaliert, von der Justiz kriminalisiert. Ungeschützter Sex mit Infizierten und die Injektion virushaltigen Bluts wurden als verzweifelter Akt des Aufbegehrens verstanden. Nicht zuletzt erschienen den Jugendlichen die Ende der Achtziger von der Regierung eingerichteten Sanatorien als ein Hort der Freiheit. In den Kliniken wurden HIV-Infizierte vergleichsweise komfortabel untergebracht und vom Rest der Gesellschaft isoliert. 1994 traf sich Vladimir Ceballos heimlich mit einer Gruppe Roqueros und drehte seinen Film mit zusammengeborgtem Equipment an nur einem Wochenende. So entstanden ebenso eindrucksvolle wie verstörende Porträts der jungen, dem Tod geweihten Männer und Frauen. Die meisten – insgesamt sollen sich mehr als 100 Jugendliche angesteckt haben – bereuten zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen das selbstmörderische Experiment. Das Sanatorium war eben nicht der erhoffte Sehnsuchtsort, sondern entpuppt sich als besseres Gefängnis.
Dass das Pornfilmfestival keine Erotikmesse für Cineasten ist, sondern sich zu einem wichtigen und eigenständigen Filmforum entwickelt hat, beweist diese Filmpremiere eindrucksvoll.