Small Talk mit Monica Tschanz und Bea Trampenau über das Netzwerk »Lesben gegen rechts«

»Lesben müssen sich positionieren«

Rechtspopulisten und Rechtsextreme geben vor, sich für Homosexuelle einzusetzen – die sie allerdings nur durch Muslime und eine ihrer Ansicht nach falsche Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik bedroht sehen. Mit Alice Weidel gehört eine Lesbe zur Parteiführung der AfD. Die Jungle World sprach mit Monica Tschanz, die in Griechenland ein Hotel betrieb und nach Deutschland zog, um der Rechtsentwicklung entgegenzutreten, und Bea Trampenau, Geschäftsführerin der »Antifaschistischen Erholungs- und Begegnungsstätte Heideruh«, die seit 1980 lesbische Aktivistin ist, über das Netzwerk »Lesben gegen rechts«.
Small Talk Von

Auf dem Lesbenfrühlingstreffen 2018 haben Sie mit Ilona Bubeck das Netzwerk »Lesben gegen rechts« gegründet. Wieso?
Trampenau: Es gibt Lesben in rechten Organisationen und eine Bedrohung von rechts für Lesben. Mit dem Netzwerk sollen Lesben, die gegen rechts sind, sichtbar werden.

Alice Weidel ist ein Beispiel für eine rechte Lesbe. Sie erwähnt oft Angriffe auf Homosexuelle durch Muslime. Macht sie es dann nicht richtig, als Lesbe in der AfD zu sein?
Trampenau:
Weidel spaltet. Damit sie als Lesbe in der AfD anerkannt wird, wertet sie eine andere Minderheit ab. Sie generalisiert Angriffe auf Homosexuelle, erzeugt Ängste und kann so Homo­sexuelle für rechte Gruppen akquirieren.
Tschanz: Auch mit Weidel steht die Rechte gegen uns; man muss nicht lange suchen, bis man bei der AfD homophobe Sätze findet. Sollte Weidel mal die AfD verlassen, werden diese Stimmen wieder lauter.
Frau Trampenau, Sie engagieren sich für Flüchtlinge mit muslimischem Hintergrund. Haben Sie dabei Probleme als Lesbe?
Trampenau: Es gibt bei Geflüchteten, die zum ersten Mal eine Lesbe treffen, Irritationen – doch im weiteren Kontakt verändert sich das. Viele Geflüchtete können unser lesbisches Leben gut mit ihren humanistischen Werten vereinbaren. Zudem gibt es Geflüchtete, die aufgrund von Homosexualität Verfolgung erlebten. In München betreut LeTra (Lesben(T)Raum, Beratungsstelle, Treffpunkt und Veranstaltungsort, Anm. d. Red.) derzeit 270 geflüchtete Lesben.
Welche Entwicklungen in der Asyldiskussion halten Sie für ­bedenklich?
Tschanz: Ich bin empört, wenn etwa Dunja Hayali schnelle Abschiebungen fordert und Grundrechte relativieren will. Grundgesetz und Menschenrechte gelten für alle gleichermaßen. Für Lesben wollen wir auch keine schnellen Abschiebungen und beschleunigten Verfahren. Solche Forderungen sind nicht vereinbar mit demokratischen Werten.
Trampenau: Das Individualrecht auf Asyl ermöglicht Geflüchteten, Homosexualität nicht sofort als Asylgrund anzugeben. Dafür braucht es Vertrauen. Werden die Maghreb-Staaten zu »sicheren Herkunftsländer« erklärt, muss eine geflüchtete Lesbe aus Marokko sofort sagen, dass Verfolgung wegen ihres Lesbischseins der Asylgrund ist; das wird sie aber eher nicht tun, weil sie Nachteile fürchtet. Die Maghreb-Staaten sicher zu nennen, ist fatal.
Tschanz: Die EU macht LGBT-Rechte zur Bedingung für einen Beitritt, doch das macht Beitrittskandidaten wie Albanien für Homo­sexuelle nicht sicher. Für sie gibt es aber kaum Chancen auf Asyl, da die EU-Auflagen formal erfüllt sind – obwohl die entsprechenden Gesetze kaum praktische Bedeutung haben. Auch in der EU bleibt es schwierig: In Warschau findet der CSD zwar statt, aber eingekesselt von der Polizei. Bei den Europawahlen müsste eine ­Politik gestärkt werden, die solche Entwicklungen nicht duldet.
Wen organisieren Sie und wie geht es weiter?
Tschanz: Das Netzwerk organisiert in derzeit fünf Regionalgruppen Lesben von links bis zur bürgerlichen Mitte. Zum Holocaust-Gedenktag haben wir eine Fotoaktion organisiert, wir sind auf Demonstrationen und am Weltfrauentag präsent. Mit unserem Newsletter informieren wir über das Netzwerk, die Situation von lesbischen Geflüchteten und die Erinnerungskultur bezüglich verfolgter ­Lesben.
Trampenau: Es ist gut, dass wir ein intergeneratives Netzwerk sind. Ich hoffe, es finden noch mehr Lesben zu uns. Lesben müssen sich positionieren.