homestory #15

Sicher sind sie Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, in den vergangenen Wochen untergekommen: die zahlreichen Homeoffice-­Stories, mit denen Redaktionen ihre Websites geflutet haben und in denen Journalistinnen und Journalisten erzählen durften, wie schlimm es ist, statt acht Stunden in der Redaktion acht Stunden zu Hause vor dem Rechner zu sitzen. Die schlechte Nachricht: Auch an dieser Stelle bleiben Sie nicht von solchen profanen Einblicken in die derzeitigen journalistischen Produktionsbedingungen verschont – aber nicht zum Zweck einer narzisstischen Nabelschau, sondern um Ihre Aufmerksamkeit auf diejenigen zu lenken, ohne die diese Zeitung nicht erscheinen könnte: unsere Autorinnen und Autoren. Auch sie haben es derzeit nicht leicht. Umtriebig, wie viele von ihnen sind, schreiben sie für gewöhnlich nicht nur Artikel, sondern halten beispielsweise auch Vorträge – was zurzeit aus bekannten Gründen nicht möglich ist. So entgeht dem Publikum allerlei Wissenswertes und unseren zur Heimarbeit verdammten Autorinnen und Autoren so manches Vortragshonorar.

Das Inlandsressort erhielt einen Artikel, der nicht im Homeoffice, sondern im Italian Office entstanden ist, genauer gesagt in Triest, wo die Quarantäne unseren Autor erwischte und dieser wohl noch einige Zeit verbringen muss. Immerhin wütet die Pandemie dort nach seiner Aussage nicht ganz so schlimm wie in anderen Gebieten Italiens.

Da haben es die Redakteurinnen und Redakteure in ihren Wohnungen in Berlin doch etwas besser, auch wenn die Situation neue Herausforderungen mit sich bringt. In den seit der Quarantäne entstandenen redaktionsinternen Chat-Gruppen tummeln sich redselige Redaktionsmitglieder noch zu Uhrzeiten, zu denen früher in den Redaktionsräumen längst die Lichter aus gewesen wären. Auch die neuen Telefonkonferenzen unterminieren die Trennung von Privat- und Berufsleben: Ein Redaktionsmitglied bekundete dieser Tage während einer solchen Besprechung seine Freude darüber, dass es nun möglich sei, gleichzeitig zu plaudern und zu duschen. Von Videokonferenzen sieht die Redaktion aus nachvollziehbaren Gründen auch zukünftig ab. Wir werden Sie, liebe Leserinnen und Leser, weiter auf dem Laufenden darüber halten, wie der durchdigitalisierte Kapitalismus unter pandemischen Bedingungen unsere Lebenszeit in ein unentwegtes privat-berufliches Multitask­ing verwandelt. Und wo auch immer Sie zurzeit Ihre Tage verbringen: Bitte bleiben Sie gesund!