Blair bläst zum Halali

Ab 4. August geht es wieder den britischen Füchsen ans Fell, und nicht mal Labour ist auf ihrer Seite

Nie waren die Meinungsunterschiede zwischen den Stadt- und Landbewohnern in Großbritannien so deutlich wie am 10. Juli dieses Jahres, als 100 000 Menschen sich im Londoner Hyde Park trafen, um gegen einen Gesetzentwurf zu demonstrieren, der die Jagd mit Hunden verbieten soll.

Zum ersten Mal in ihrer kurzen Amtszeit sah sich die neue britische Regierung unter Tony Blair zwischen zwei mächtigen Lobbies eingezwängt: Am Tag der Demonstration übergaben Jagdgegner eine Petition mit über einer Million Unterschriften in der Downing Street. Labour-Abgeordneter Kerry Pollard drückte im Namen der Unterzeichner und seines Kollegen Mike Foster, der den Gesetzentwurf ausgearbeitet hatte, sein Entsetzen darüber aus, daß Labour der Jäger-Lobby nachzugeben droht. Die Jagdgegner fühlen sich von der von ihnen gewählten New Labour verraten: "Das wird die Regierung schwer büßen müssen", erklärte Kevin Saunders von der League Against Cruel Sports.

Doch Tony Blair setzt in diesem erbittert geführten Kampf zwischen Stadt und Land inzwischen auf den Status Quo. Nichtstun scheint ihm wie immer das kleinere Übel. "Blood Sport" ist nicht irgendein Freizeitvergnügen, sondern eine Tradition, mit der sich die britischen Dörfler identifizieren, viel mehr als ihre städtischen Vettern und Cousinen. Insbesondere in Schottland und Wales will man auf diese Art der Jagd auf keinen Fall verzichten. "Wir schätzen das, was auf dem Land passiert", sagte der Premierminister und stellte sich sogar als Verteidiger der Blutsportarten dar: "Daß wir vorhaben, Schießen und Angeln zu verbieten, ist absoluter Unsinn." Dieser Versuch der Beruhigung der Menschen war notwendig: Die Landlobby ist nicht nur groß, sondern auch gut bewaffnet. In Großbritannien gibt es drei Millionen Angler und 750 000 Jäger.

Und demnächst wird wieder scharf geschossen; am 4. August beginnt die Jagdsaison auf Jungfüchse. Die Jagdgegner (Hunt Saboteurs) werden trotz der Londoner Demonstration und des Rückziehers von Tony Blair mit allen Mitteln versuchen, einen erfolgreichen Saison-Anfang zu verhindern. Für die Saboteure geht es schlicht um das Leben von 20 000 Füchsen, die der Jagd alljährlich zum Opfer fallen, den Jägern dagegen um 14 000 Arbeitsplätze und "the country way of life".

Der Hauptzweck der Jagd auf Jungfüchse besteht darin, die Hunde in der Befolgung der Signale des Jagdhorns zu trainieren und ihnen einen Geschmack von Fuchsblut zu verschaffen. Außerdem sollen auch die Füchse trainiert werden. Sie werden aus Dickichten, die neben Straßen oder Bahngleisen liegen, vertrieben, damit sie lernen, daß sie dort nicht sicher sind: Je länger ein Fuchs über das offene Land rennt, desto mehr Spaß für die verfolgenden Jäger hoch zu Roß.

Die Hauptwaffe im Arsenal der Hunt Saboteurs sind künstliche Duftstoffe, die überall im Wald gesprüht werden, um die Jagdhunde zu verwirren. Eine Jagd mit Gewalt zu verhindern ist zu riskant; ein Jäger in Begleitung von bis zu 40 Hunden könnte selbst gewalttätig reagieren.

Die Tatsache, daß der Bestand an Füchsen aus ökonomischen wie ökologischen Gründen unter Kontrolle gehalten werden muß, wird auch von Jagdgegnern nicht bestritten. Eine populäre Alternative zur Jagd mit Hunden ist das "lamping": Der Fuchs wird mit Allrad-getriebenen Fahrzeugen gejagt, durch einen Scheinwerfer hypnotisiert und dann erschossen. Die Befürworter der klassischen Fuchsjagd argumentieren dagegen, daß keine andere Methode einen Fuchs so schnell und schmerzlos tötet wie innerhalb von einer paar Sekunden von 20 Hunden zerfetzt zu werden. Einen Fuchs mit einer Kugel schnell und schmerzlos zu töten erfordert eine hohe Präzision, oftmals werden mehrere Kugeln benötigt, bevor das Tier verendet. Ein angeschossenerFuchs kann unter Umständen schwer verletzt sehr weit kommen, den Hunden, die im Rudel angreifen, entkommt er nie.

Sponsoren für solch umstrittene Sportarten wie Fuchsjagd sind nicht einfach zu finden, Eintrittsgeld kann auch nicht verlangt werden, da nicht feststeht, wo der Fuchs sein Ende finden wird. Die Schulden, die während der Saison entstehen, z. B. zur Reparatur kaputter Zäune u. ä., werden deshalb vom sogenannten "Meister" bezahlt. Der Meister ist meistens Angehörige der gesellschaftlichen Oberschicht. Der Graf von Roxburgh, selbst ein Meister, erklärte, daß die Jagd "ein guter Weg sei, die gesellschaftlichen Klassen zu vereinigen". Tony Blair, dem diese Vereinigung ebenfalls ein hehres Ziel ist, müßte demnach auch ein Meister sein.