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In der letzten Woche haben Sie an dieser Stelle gelesen, die 'Jungle World' sei "eine der wenigen 'Jungle World' sei "eine der wenigen Zeitungen, die sich den Luxus erlaubt". Wie? haben Sie sich vielleicht gefragt, gibt es nur noch wenige Zeitungen, und diese hier erlaubt sich was? Oder waren die vielleicht besoffen, als sie das geschrieben haben? Dieser Vermutung müssen wir energisch entgegentreten: Wir waren nicht besoffen, als wir das geschrieben haben, sondern wir sind es sowieso immer! Oder wie halten Sie Ihr Leben aus? Und eine Zeitung zu produzieren, macht das Leben nicht gerade einfacher. Vor allem nicht heute, da jeder "Schnips el einem Museum ruht" (Nr. 34, Feuilleton). Andererseits würde sich an unserer Misere nicht das geringste ändern, wenn der Schnipsel in einem Museum ruhte. Und an Ihrer vermutlich auch nicht.

Luxus? Aber immer! Den Luxus, den Verhältnissen ihre eigene Melodie vorzuspielen, damit sie sich mal wieder dem Tanz hingeben, den Luxus der Ironie statt der teutonischen Wut, den Luxus, die Autoritäten der Lächerlichkeit preiszugeben, die sie verdienen, den Luxus, das Messer der Kritik zu wetzen, den Luxus, der allgemeinen geistigen Regression nicht zu verfallen, den Luxus, den ökonomischen Unterbau kaltlächelnd zu ignorieren - diesen Luxus gönnen wir uns doch gerne. Für den, den uns die Aufsteiger dieser Jahre so erfolgreich vorleben, fehlt uns das Geld - und vor allem ihre sonderbare Vorliebe für alles, was den Ruch der Langeweile verbreitet. Außerdem ist es ziemlich warm.

Und - schwupps - sind wir bei der Sache: Die Ruinen des Sozialstaats legen uns ihre kalte Hand auf die Schulter. Nein, auf den Themenseiten geht es nicht um gelungene Metaphern (das sparen wir uns für später auf, Recherchematerial bitte an Fax 030-618 20 55), sondern um die Frage: Wie kommen wir an unsere Stütze? Schmarotzen leicht gemacht auf den Seiten 4/5.

Szenenwechsel. Was ist eigentlich los in Bosnien? Keiner weiß es außer Else. Darum nur vier Seiten Dossier.

Wissen Sie eigentlich, was ein Dow ist? Wir auch nicht. Wie Sie auf Seite 13 nachprüfen können, bereitete uns die Gestaltung des Artikels "Wenn Dax und Dow sich Gute Nacht sagen" erhebliche Probleme. Ein Dachs war selbst in unserem Bildarchiv nicht aufzutreiben, und bei der Suche nach dem Dow konnte uns auch das Zoologische Institut der Freien Universität Berlin nicht weiterhelfen. Grzimek, übernehmen Sie!

Wahrer Luxus aber ist es, sich von Joints zu ernähren, über Wolfgang Pohrts Pop-Qualitäten zu streiten, sich eine neue Versicherung zuzulegen oder mit dem Möbelwagen nach Schweden zu fahren. Oder eben eine Wochenzeitung zu produzieren.