Bunte Allianzen

Schröder und Stoiber setzen Sicherheits-Paket im Bundesrat durch.

Es ist vollbracht. Knapp zwei Monate sind vergangen, seit der niedersächsische Landeschef Gerhard Schröder mit seinen Brand-Sätzen gegen ausländische Straftäter und Sexualverbrecher für die richtige Stimmung gesorgt hat, und schon geht die Sache seinen parlamentarischen Gang. Eine Woche, nachdem sich SPD und Union endgültig auf die Legalisierung des Großen Lauschangriffes geeinigt haben, setzten sich Schröder und sein christsozialer Gesinnungsgenosse Edmund Stoiber vergangene Woche im Bundesrat durch. Ihre gemeinsame Message: Straffällige Ausländer raus, Sicherungsverwahrung für Sexualverbrecher, härtere Strafen für Jugendliche. Schröder will gar künftig Kinder nicht erst mit 14, sondern schon mit zwölf Jahren strafrechtlich zur Verantwortung ziehen. Das geht selbst dem Bundesinnenminister zu weit. Man müsse die bestehenden Gesetze mit "striktem Leben" füllen, anstatt neue zu schaffen, reagierte Manfred Kanther.

Dennoch soll die Sache schnell spruchreif werden: Im Gesamtpaket werden die Pläne der bayerisch-niedersächsischen Law-and-Order-Front demnächst dem Bundestag vorgelegt.

Ganz im Sinne ihres Landeschefs kämpft Schröders Justizministerin Heidi Alm-Merk zeitgleich an anderen Fronten, um Deutschland vor krimineller Überfremdung zu schützen. Künftig sollen nach den Vorstellungen der Sozialdemokratin Straftäter ohne deutschen Pass nicht unnötig in deutschen Gefängnissen durchgefüttert werden. Durften Ausländer und Ausländerinnen, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, bislang nicht gegen ihren Willen dazu gezwungen werden, ihre Strafe im Herkunftsland abzusitzen, so soll das jetzt anders werden. Eine entsprechende Änderung des sogenannten Überstellungsübereinkommens will das Ministerkomitee des Europarates noch im September vereinbaren. Ein weiterer Erfolg für Niedersachsens Sozialdemokraten, drängten doch gerade sie seit einem Jahr auf neue Regelungen in diesem Bereich.

Vollkommen schummrig wird dem grünen Bündnispartner in spe bei all diesen Vorstößen. "Rechts und töricht", kommentiert Parteisprecher Jürgen Trittin jetzt Schröders Politik. In der neuesten Ausgabe der grün-internen Zeitschrift Schrägstrich kontert er seinem Koalitionsfreund aus gemeinsamen Regierungszeiten in Hannover: "Prävention statt Repression." Wer den Menschenhandel kaputtmachen wolle, müsse die Prostitution legalisieren und ausländischen Frauen ein eigenständiges Aufenthaltsrecht garantieren. Wer durch Drogen verursachte Verbrechen eindämmen wolle, müsse zunächst den Konsum entkriminalisieren.

Trittin treibt die Sorge um eine rot-grüne Zukunft in Bonn um: Warum sollten die Wähler sich bei soviel Stammtisch-Radikalismus "für die Kopie entscheiden, wenn das Original ebenfalls angekreuzt werden kann" fragt er und fürchtet um die Stimmen für den Koalitionspartner. Schließlich habe die Asylkampagne der Bremer SPD die rechtsextreme DVU ins Parlament gespült, und Oskar Lafontaines Anti-Aussiedler-Kampagne habe die Reps gestärkt in den baden-württembergischen Landtag einziehen lassen. Daß die Grünen aber dennoch mit dem Rechtspopulisten Schröder zur Koalition bereitstehen, stellt der Parteilinke Trittin nicht zur Disposition. Darum will man nicht mehr rütteln. Im Gegenteil: Trittins Vorstandkollegin Gunda Röstel setzt, wie sie vergangene Woche bekräftigte, auf den mutmaßlichen Kanzlerkandidaten Schröder. Und im nordrhein-westfälischen Vorläufermodell für rot-grüne Bundesregierende üben sich Realpolitiker schon einmal in Sachen Innere Sicherheit. Seit dem 1. September stellen die Grünen dort erstmals einen Polizeipräsidenten. Nun wird der frischgebackene Chef der Münsteraner Polizei, Hubert Wimber, beweisen müssen, daß auch grüne Beamte zulangen können, wenn es mal Ernst wird.