Di ist tot - es lebe Mambo

Das plötzliche Ende der Anti-Minen-Kampagne einer Prinzessin

Vertreter und Beobachter von über 120 Staaten der Erde erhoben sich zu Beginn der Osloer Anti-Minen-Konferenz von ihren Plätzen - für eine Schweigeminute. Ein Novum. Dabei gedachten sie allerdings nicht der vielleicht 26 000 Männer, Frauen und Kinder, die in den vergangenen zwölf Monaten durch Minen getötet oder verstümmelt wurden. Die Delegierten ehrten - wie der Rest der erschütterten Welt - Prinzessin Diana, die sich nach ihrer Scheidung im letzten Jahr für Aids- und Krebskranke, Arme sowie ein Verbot von Landminen engagiert hatte.

Norwegens Außenminister Björn Tore-Godal forderte die Delegierten angesichts des "tragischen Todes" auf, "nun erst recht keine Mühen zu scheuen, um ein totales Verbot von Anti-Personen-Minen zu erreichen". Ein anderer Diplomat legte nach: "Ihr Tod verbietet uns in gewisser Hinsicht, nicht zu einem Ergebnis zu kommen." Sogar der Erbfeind Frankreich sprang über seinen Schatten. Jack Lang, Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im französischen Parlament, schlug vor, einen möglicherweise im Dezember unterzeichnungsreifen Vertrag zum Verbot von Anti-Personen-Minen nach Diana zu benennen.

Eine beachtliche Ehre für einige Monate Engagement im bislang eher hoffnungslosen Kampf gegen weltweit 120 Millionen verlegte Minen. Der britische Premier Tony Blair hatte Diana nur Wochen vor ihrem plötzlichen Tod nach einem netten Abendessen im Pariser Ritz gar eine Rolle als Sonderbotschafterin des Landes angeboten. Auf Blairs Landsitz Chequers soll sie bei einem Besuch mit ihren Söhnen den Vorschlag angenommen haben. Diese Version, die erst nach dem Unfall publik wurde, hat allerdings eher den Effekt, Blair in ein gutes Licht zu rücken.

Der Premier unterstützte zwar Dianas humanitäre Auftritte, doch ansonsten wurde ihr Engagement im Parlament eher mit Mißtrauen beobachtet. Nach einem Interview Dianas mit der französischen Tageszeitung Le Monde, in dem sie die mangelnde Bereitschaft des einstigen Premierministers John Major zum Kampf gegen die Minen offen kritisiert hatte, wurde diskutiert, ob die Prinzessin weiter so respektlos auftreten dürfe. Noch im Juni mußte sie nach Kritik der Konservativen ihre Teilnahme an der Sitzung eines Unterhaus-Ausschusses absagen, der sich mit der Minen-Problematik vor der Konferenz in Brüssel befassen wollte. Hier sollten Minen-Experten die Abgeordneten informieren. Sie müsse sich entscheiden, ob sie zur königlichen Familie gehöre oder nicht, sagte der Tory-Abgeordnete David Wilshire. Die Monarchie mische sich auf diese Weise in die Politik ein, was verfassungsrechtlich zum Problem werden könnte. Selbst der Labour-Abgeordnete Dennis Skinner betonte, daß er zwar für ein generelles Verbot von Landminen sei, "aber ich brauche kein Mitglied der Königsfamilie, um mir sagen zu lassen, was zu tun ist".

Im Internet sind gar Verschwörungstheorien zu finden, die den Unfalltod Dianas mit dem britischen Geheimdienst in Verbindung bringen. Ihr Engagement für politische Fragen bis hin zum Verbot von Minen sei den Profipolitikern in Großbritannien ein Dorn im Auge gewesen.

In der Tat drohte das Engagement der Prinzessin Armee und Regierung in Bedrängnis zu bringen. So hatte die Labour-Regierung nach Blairs Wahlsieg zwar netterweise erklärt, keine Minen mehr einsetzen zu wollen, ein vollkommenes Verbot der Minen in den Streitkräften sollte aber frühestens im Jahre 2005 in Kraft treten. Soldaten werden trotzdem weiter mit dem Einsatz von Anti-Personen-Minen vertraut gemacht. Zudem kann der Einsatz dieser Minen auch heute befohlen werden, wenn es die nationale Sicherheit erfordern sollte. Großbritannien fährt damit eher einen heuchlerischen Kurs wie die USA, Griechenland, Finnland, Kuwait oder neuerdings auch Polen, die für Minenfelder an ihren Grenzen oder den Grenzen von Verbündeten langjährige Sonderregelungen verlangen.

So beeindruckend scheinen die Ausflüge Prinzessin Dianas in verminte Gebiete dieser Erde also nicht gewesen zu sein. Nach einer Reise Anfang des Jahres nach Angola, war sie noch im August für drei Tage nach Bosnien geflogen. Das britische Außenministerium hatte zwar in Sicherheitsfragen grünes Licht gegeben, organisiert wurde die Reise allerdings von dem in den USA ansässigen Netzwerk für Überlebende von Landminen. In Bosnien selbst spielte sie ihre Rolle als gute Fee unnachahmlich. Sie überbrachte dem Moslem Mohamed Soljankic eine 1 200 Dollar teure Beinprothese, gespendet von einer norwegischen Wohltätigkeitsvereinigung. Der 38jährige Vater von sechs Kindern hatte an diesem Tag Geburtstag. Seine zweijährige Tochter, die ebenfalls Diana heißt, soll dann gegenüber der anwesenden Presse geäußert haben, daß die Prinzessin "sehr schön" sei. Schließlich wurde gemeinsam ein Geburtstagskuchen angeschnitten. So entsteht urplötzlich heile Welt mitten im Chaos. Exzellent vom Mitarbeiterheer für die Prinzessin arrangiert oder alles reiner Zufall? Beim Gespräch mit einer beinamputierten 15jährigen in einem Elendsviertel von Sarajevo brach sie gerührt in Tränen aus. Eine Mutter fühlte sich geehrt durch Dianas Besuch, er "zeigt, daß auch jemand an uns kleine Leute denkt".

Gleichzeitig fehlen den Vereinten Nationen noch 16 Millionen Dollar für ihr Minenräumprogramm in Bosnien. Lediglich sieben Millionen kamen aus anderen Ländern zusammen. Dabei hatte Diana doch gerade erst einen Teil ihrer Luxusgarderobe versteigern lassen.

Dianas Bosnien-Einsatz war dann auch mit einem Schlag vergessen, als am letzten Tag ihrer Reise ein Kuß-Foto mit dem ägyptischen Millionenerben Dodi el Fayed auftauchte. Da interessierten in den Pressekonferenzen plötzlich keine verstümmelten Kinder mehr.

Aber vielleicht ändert sich die Welt ja durch einen Anti-Minen-Film, der im nächsten Jahr im Shamwari-Reservat nahe Port Elizabeth gedreht werden soll. Bei dem 60-Millionen-Dollar-Streifen, für den Lady Diana als Co-Produzentin gewonnen werden sollte, geht es um den Elefanten Mambo, der seine Herde unversehrt durch Minenfelder führt. Regie: Michael Apted, der bereits "Gorillas im Nebel" drehte. Hauptrollen: Gene Hackman und Embeth Davitz. Arbeitstitel: "Free Willy mit Stoßzähnen". Na dann: Diana ist tot, es lebe Mambo.