Mit »Focus« für Deutschland

Das Markwort-Magazin macht sich Sorgen um die Zukunft der ultrarechten Deutschland-Stiftung

Das Fakten-Magazin Focus ist durchaus in der Lage, seinen schlechten Ruf zu übertreffen. Das hat Olaf Opitz in der Ausgabe 38 vom 15.September 1997 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der Focus-Mitarbeiter widmet sich in seinem Beitrag der Deutschland-Stiftung, genauer gesagt dem "eigennützigen Finanzgebaren" des Vorsitzenden Kurt Ziesel. Er weiß zu berichten, daß Ziesel "ein weiser Mann" sei, der sich aus Mitteln der Deutschland-Stiftung eine "üppige Altersversorgung" zusammenstellt. Sein Artikel besteht aus allerlei Focus-üblichen Zahlen- und Rechenspielen, die dem Leser wohl weismachen sollen, daß ein alter Herr aus Habsucht eine konservative Organisation in Mißkredit und um ihre Mitglieder bringt.

Was Opitz verschweigt, ist, um was für einen Zusammenschluß es sich bei der Deutschland-Stiftung handelt und wes Geistes Kind Kurt Ziesel ist, der die Stiftung 1966 gründete und seit Mai als Vorsitzender firmiert. Sein Vorgänger Wilfried Böhm hatte laut dem Organ des Bundes der Vertriebenen (BdV), Deutscher Ostdienst, wegen der "personellen und finanziellen Strukturen" des Vereins nicht erneut kandidiert.

Nur am Rande erwähnt der Focus, daß "vor allem linke Medien" Ziesels politische Vergangenheit "aufspießten". Kein Wunder, denn die ist durchaus beachtenswert und hätte auch den Fakten-interessierten Focus-Leser interessieren können.

Ziesel hatte seine Karriere 1931 politisch durch den Eintritt in die NSDAP und publizistisch als Redakteur der nationalsozialistischen Deutsch-Österreichischen Tageszeitung begonnen. Später war er als Volontär des Völkischen Beobachters und als Mitarbeiter des Hakenkreuzbanner und der NSDAP-Gauzeitung Westdeutscher Beobachter aktiv. Nach dem Attentatversuch auf Hitler am 20. Juli 1944 schrieb Ziesel: "An welchem Abgrund menschlicher Verworrenheit oder geistiger Umnachtung mögen jene Ehrgeizlinge gestanden haben, als sie, wider den Geist des ganzen Volkes sündigend, die Hand gegen den Führer erhoben." Und weiter: "Jeder, der sich wider den Geist des Krieges versündigt, muß vernichtet werden."

Trotz der bekannten Nazi-Vergangenheit halten CDU und CSU seit Jahren fest zu Ziesel. Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) erklärte anläßlich der Verleihung des von der Stiftung vergebenen Konrad-Adenauer-Preises 1984, daß Ziesel für sein "Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung (...) Anerkennung und großen Respekt" verdiene. Auch bei einer Festrede zwei Jahre später dankte Kohl Ziesel, daß er "stets - oft auch gegen den Widerstand des Zeitgeistes" - für die "Werte" Heimat, Vaterland, nationale Identität und Europa eingetreten sei. Daß Kohl wie Ziesel trotz der deutschen Geschichte keine Probleme mit seiner nationalen Identität hat, ist bekannt, und erklärte er in derselben Rede vor der Deutschland-Stiftung so: "Identität rührt nicht zuletzt aus dem Wissen und dem Bejahen von Geschichte und Herkunft." Die Deutschen hätten "Grund, auf unsere Nation stolz zu sein, auf unseren Beitrag zur Kultur der Menschlichkeit". Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) lobte Ziesel anläßlich dessen 85. Geburtstages: "Ihr umfangreiches schriftstellerisches und journalistisches Schaffen gilt der Bewahrung unserer freiheitlichen Demokratie."

Ziesels Amtsvorgänger bei der Deutschland-Stiftung, Wilfried Böhm, hatte - wie erwähnt - nicht aus politischen Gründen den Job aufgegeben. Ideologisch trennt ihn nicht viel von Ziesel. So verbietet es für Böhm "die Geschichte dieses Jahrhunderts", "den 8. Mai 1945 für die Deutschen zum 'Tag der Befreiung' umzufunktionieren". Kein Wunder, daß Böhm auch zu den Unterzeichnern des in der FAZ publizierten geschichtsrevisionistischen Aufrufes "8. Mai 1945 - Gegen das Vergessen" vom 7. April 1995 gehörte.

Daß die Deutschland-Stiftung personell und ideell "rechtskonservativ, völkisch-nationalistisch und antiliberal" von Anbeginn orientiert gewesen ist, wie der Bundestagsabgeordnete der PDS Ludwig Elm feststellte, ist vermutlich noch zu nett formuliert. Bevor die Stiftung ihren Konrad-Adenauer-Preis Axel Springer, Alfred Dregger und Helmut Kohl verlieh, kam auch Armin Mohler in den Genuß der Ehrung. Eben jener Mohler, der in einem Interview auf die Frage "Sind Sie ein Faschist?" unmißverständlich mit "Ja, im Sinne von José Antonio Primo de Rivera", dem Begründer der spanischen Falange, geantwortet hat.

Als regelmäßige Autorin des Deutschland-Magazins, dem Organ der Deutschland-Stiftung, hat sich unter anderem Erika Steinbach, CDU-MdB und Vizepräsidentin des Bundes der Vertriebenen, einen Namen gemacht. Bezeichnenderweise findet sich in der selben Ausgabe des Focus, in dem die Deutschland-Stiftung Thema ist, auch ein Artikel von ihr. Beim "48. Tag der Heimat" am 7. September in Berlin hatte Steinbach klargestellt, daß "der Finanzier, der Multimillionär Reemtsma", mit der Ausstellung des Hamburger Institutes für Sozialforschung über die Verbrechen der Wehrmacht keine Aufklärung wolle, sondern "Diffamierung".

Und hier schließt sich der Kreis: Im Deutschland-Magazin wurde 1995 auch ein Interview mit Focus-Chefredakteur Helmut Markwort abgedruckt, in dem er Zeitungen wie Die Zeit oder die Frankfurter Rundschau als "MÜV", als "Moralischer Überwachungsverein", bezeichnete.